Vettel beendet Frustsaison mit Enttäuschung

​Zahlen der Formel-1-Saison 2019

Foto: epa/Ali Haider
Foto: epa/Ali Haider

ABU DHABI (dpa) - Frust beim Finale: Sebastian Vettel wird in Abu Dhabi nur Fünfter. Nichts geht. Gegen seinen Teamkollegen und Ferrari ermitteln zudem die Rennkommissare. Der Sieger heißt Lewis Hamilton.

Sebastian Vettel kämpfte auch nach dem Rennen vor der Glitzerkulisse von Abu Dhabi noch mit seiner Frustsaison. So schlecht im Formel-1-Klassement wie seit seinem letzten Red-Bull-Jahr nicht mehr, geschlagen vom zehn Jahre jüngeren Teamkollegen Charles Leclerc und weiter denn je vom großen Traum des ersten WM-Triumphs mit Ferrari entfernt. «Es scheint, dass die Kleinigkeiten nicht unbedingt für uns und mich gelaufen sind», sagte Vettel, kündigte aber fast im gleichen Atemzug und noch verschwitzt in seine roten Rennoverall an: «Ich lasse mich nicht unterkriegen.»

Der 32 Jahre alte Hesse musste einmal mehr einen verkorksten Auftritt erklären, während sich der triumphale Gewinner Lewis Hamilton, Max Verstappen von Red Bull auf Platz zwei und Vettels Stallrivale Leclerc auf dem Podium feiern lassen durften. Nach einer Boxenstopp-Panne und einem weiteren Strategiefehlgriff schaffte es Vettel nur auf Rang fünf. «Das Rennen war ein bisschen sinnbildlich für die Saison», sagte Vettel. Er freue sich nun auf die Pause.

Nicht zu schlagen war der sechsmalige Weltmeister Hamilton. Mit einer Glanzvorstellung fuhr der Brite in seinem 250. Grand Prix zum 84. Karrieresieg. «Ich bin definitiv stolz, aber vor allem so dankbar für dieses großartige Team», sagte Hamilton. Mit 413 WM-Punkten stellte der 34-Jährige auch noch einen weiteren Rekord auf.

Der Mercedes-Superstar, um den sich im Emirat Spekulationen zu einem möglichen Wechsel 2021 zu Ferrari rankten, verwies den 22 Jahre alten Verstappen im Red Bull auf Platz zwei. Dritter wurde der ebenfalls 22 Jahre alte Leclerc im zweiten Ferrari. «Ich bin sehr glücklich mit diesem Jahr. Jetzt liegt es an mir, besser zu werden und ihnen (Ferrari) zu geben, was sie verdienen.» Wegen einer Untersuchung drohte dem Monegassen und auch Ferrari allerdings eine Strafe.

Noch vor Vettel, der auch im WM-Klassement gerade mal Fünfter wurde, schaffte es der von ganz hinten gestartete Valtteri Bottas im zweiten Silberpfeil. Vettels Landsmann Nico Hülkenberg belegte in seinem 177. und vorerst letzten Formel-1-Rennen im Renault Rang zwölf.

Nach der sportlichen Pannen-Qualifikation von Ferrari am Samstag - Vettel-Dreher und Taktik-Panne bei Leclerc - sorgte eine Mitteilung der Rennleitung kurz vor dem Start für weiteren Zündstoff. Der Grund: Ein «signifikanter» Unterschied zwischen Teamangaben und tatsächlicher Benzinmenge im Wagen von Leclerc. Teamchef Mattia Binotto gab sich erstmal ahnungs- und sorglos. Doch noch bevor die Roten Ampeln ausgeschaltet wurden, stand fest: das Resultat könnte sich nachträglich noch mal ändern. Vorbei im Klassement konnte Vettel am WM-Vierten Leclerc aber nicht mehr kommen.

Unbeeindruckt von der Benzin-Aufruhr gelang Leclerc schon in der ersten Runde, was Vettel nicht schaffen sollte: An Verstappen vorbeizukommen. Der Niederländer verteidigte seinen zweiten Startrang hinter Hamilton zwar zunächst, auf der Geraden zog Leclerc aber vorbei. Hamilton, der am Samstag mit dem Wagen mit der Nummer 44 die 88. Polte geholt hatte, war da schon enteilt - seit 2014 ist Abu Dhabi ohnehin Mercedes-Terrain.

Dass es bei einem mickrigen Sieg in Singapur für Vettel in diesem Jahr bleiben würde, war schnell klar. Vettel fuhr hinter Hamilton, Leclerc und Verstappen. Dabei war der 32 Jahre alte gebürtige Heppenheimer der einzige der Topfahrer, der mit der schnelleren, weil weicheren Reifenmischung gestartet war. Nicht hilfreich war dabei auch, dass die Überholhilfe DRS, bei der der Heckflügel umgeklappt werden kann, wegen eines technischen Defekts bei allen Fahrern bis zur 17. Runde nicht freigegeben war.

Und dann auch noch das: Vettel ließ sich direkt nach Leclerc neue Räder montieren. Beim Monegassen klappte es einwandfrei, bei Vettel dauerte es mit 6,9 Sekunden fast dreimal so lange wie es eigentlich sollte. Vettel fiel erstmal auf Platz sechs auch noch hinter den vom letzten Platz gestarteten Bottas zurück. Auch noch vor Vettel eine Weile: Hülkenberg, der länger wartete bis zum Reifenwechsel und so zwischenzeitig auf Position vier bei seinem persönlichen Formel-1-Finale lag.

Nachdem er 2010 in die Königsklasse eingestiegen war, bekam er keinen neuen Vertrag bei Renault und auch kein anderes Cockpit für 2020. Mit einem Spalier, Deutschland-Fahnen und Hülkenberg-Perücken bereitete das Team dem 32 Jahre alten gebürtigen Emmericher einen originell-emotionalen Abschied. Hoffnungen auf den ersten Podestplatz in seinem letzten Rennen brauchte sich Hülkenberg nicht machen, nach dem Reifenwechsel war er auch wieder außer Reichweite.

An der Spitze fuhr Hamilton ein einsames Rennen, dahinter leisteten sich immerhin Verstappen und Leclerc einen kurzzeitig spannenden Zweikampf - mit besserem Ausgang für den Niederländer. Vettel mühte sich im gefühlten Niemandsland, bekam aber auch noch Druck von Alexander Albon im zweiten Red Bull, ehe das Ferrari-Duo erneut zum Doppelstopp die Box ansteuerte. Diesmal ging alles gut. Vettel bekam allerdings die etwas langsameren Reifen, am Ende konnte er aber immerhin noch den vor ihn gerückten Albon wieder einkassieren.

Zahlen der Formel-1-Saison 2019

2019 war ein denkwürdiges Jahr in der Formel 1. Die Königsklasse des Motorsports feierte in China ihren 1000. Grand Prix der Geschichte, Mercedes sicherte sich zum sechsten Mal in Serie beide WM-Titel. Ein Formel-1-Jahr in Zahlen.

5 - In Suzuka Anfang Oktober muss die Qualifikation wegen des Taifuns Hagibis auf den Rennsonntag verschoben werden. Es ist erst das fünfte Mal in der Formel-1-Historie, dass Rennen und Startplatzjagd am selben Tag ausgetragen werden.

6 - Lewis Hamilton wird Anfang November beim Grand Prix der USA in Austin zum sechsten Mal Weltmeister. In der ewigen Bestenliste steht nur noch Michael Schumacher (7) vor ihm. Mercedes gelingt Einmaliges: sechsmal in Serie Konstrukteursweltmeister und Fahrerweltmeister.

21 - Mit 21 Jahren und 320 Tagen kürt sich Charles Leclerc Anfang September in Belgien zum drittjüngsten Formel-1-Gewinner. Der Jüngste ist Max Verstappen, der 2016 in Spanien erst 18 Jahre alt war.

23 - 23 Jahre, 8 Monate und 13 Tage beträgt das Durchschnittsalter der drei Fahrer Max Verstappen, Pierre Gasly und Carlos Sainz auf dem Podest Mitte November in Brasilien. Jünger war kein Formel-1-Podium zuvor.

100 - Red-Bull-Pilot Max Verstappen rast in Ungarn zu seinem ersten Startplatz ganz vorne. In der Formel 1 ist der Niederländer damit der 100. Pole-Mann.

177 - Nico Hülkenberg baut einen frustrierenden Rekord aus. In seinem vorerst letzten Formel-1-Rennen in Abu Dhabi schafft es der Renault-Mann als Zwölfter erneut nicht auf das Podest. Eine längere Serie hat kein anderer Pilot.

200 - Mercedes begeht in Deutschland nach eigener Rechnung seinen 200. Grand Prix in der Formel 1. Im Regenchaos fliegt aber Valtteri Bottas raus, Lewis Hamilton wird nur Neunter.

210 - Nach 210 Rennen landen beim Grand Prix von Italien in Daniel Ricciardo (4.) und Nico Hülkenberg (5.) erstmals wieder zwei Renault-Piloten unter den besten Fünf.

312 - Kimi Räikkönen bestreitet beim Saisonfinale in Abu Dhabi seinen 312. Grand Prix. Damit überholt der finnische Alfa-Romeo-Pilot Fernando Alonso aus Spanien und nimmt 2020 die Bestmarke des Brasilianers Rubens Barrichello (322) in Angriff.

392 - In Singapur ist es endlich wieder soweit: Sebastian Vettel gewinnt nach 392 Tagen wieder ein Rennen für Ferrari. Es ist der 53. Karriereerfolg des Hessen.

413 - Lewis Hamilton schraubt mit dem Sieg - und dem Extra-Punkt für die schnellste Runde - beim Finale in Abu Dhabi seinen eigenen Punkterekord für eine Saison von 408 (2018) auf 413.

1000 - In China feiert die Formel 1 großes Jubiläum. Mitte April wird der 1000. Grand Prix in der Geschichte der 1950 gegründeten Motorsportkönigsklasse absolviert.

1963 - Die Formel 1 verabschiedet sich mit dem Grand Prix von Abu Dhabi am 1. Dezember in die Winterpause. 1963 fand das Saisonfinale in Südafrika sogar erst am 28. Dezember statt.

2072 - Nach einer Zeitstrafe gegen Lewis Hamilton rückt Carlos Sainz Mitte November in Brasilien auf den dritten Platz vor. Es ist das erste Podium für den Spanier überhaupt und der erste Podestplatz für McLaren 2072 Tage nach dem Grand Prix von Australien 2014.

3178 - Robert Kubica profitiert in Deutschland von einer nachträglichen Strafe gegen Alfa Romeo und holt im Williams als Zehnter seinen ersten Punkt nach 3178 Tagen (oder 8 Jahre und 256 Tage). 2010 in Abu Dhabi war der Pole Fünfter geworden. Sein Cockpit muss Kubica dennoch abgeben.

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