Keine DNA, kein Fall, keine Vergewaltigung?

Koh Tao: Polizei will nach England-Besuch keine Spuren haben

Gestern vor der Presse: Polizeigeneralmajor Surachate Hakparn gibt offiziell bekannt, dass auf dem T-Shirt des mutmaßlichen Notzuchtopfers Isabelle B. aus England keine DNA habe ermittelt werden können.
Gestern vor der Presse: Polizeigeneralmajor Surachate Hakparn gibt offiziell bekannt, dass auf dem T-Shirt des mutmaßlichen Notzuchtopfers Isabelle B. aus England keine DNA habe ermittelt werden können.

KOH TAO: Der Chef trat selbst vor die Kameras, Generalmajor Surachate Hakparn, seit 28. September neuer Leiter der Immigrationsbehörde Thailands, gab heute vor thailändischen Medien eine klare Stellungnahme zum mutmaßlichen Koh Tao-Vergewaltigungsfall an einer 19jährigen aus Großbritannien ab. Auf dem in London übergebenen T-Shirt des vermeintlichen Notzuchtopfers sei keine DNA eines Täters gefunden worden, sagte Hakparn.

Die Ermittlungen im medienträchtigen und äußerst umstrittenen Kriminalfall scheinen damit ihr Ende gefunden zu haben. Für die Royal Thai Police, die Tourist Police und den Immigrationschef gab es die Vergewaltigung in der Nacht zum 26. Juni 2018 an einer Rucksacktouristin aus London am Sairee Beach nicht. Keine DNA, kein Fall, ergo auch kein Notzuchtverbrechen. Die eigens von Thailand nach England geschickten weiblichen Polizeiermittler brachten Hakparn zufolge keine Spuren oder erkennbaren anderen Beweise mit, die Aussagen des mutmaßlichen Vergewaltigungsopfers bestätigen könnten.

Opfer und ihre Mutter zeigen sich „entsetzt über den Ermittlungsausgang“

Wie die britischen Medien mit der jähen Beendigung dieses Falles umgehen werden, wird sich im Laufe der nächsten Tage zeigen. Die 19 Jahre alte Isabelle B. und ihre Mutter Sarah äusserten sich in einer schriftlichen Stellungnahme enttäuscht und entsetzt über den Ausgang. „Unsere Tochter wurde betäubt, vergewaltigt und beraubt in dieser Nacht“, schreibt Sarah B.. „Sie wird den Rest ihres Lebens damit klarkommen müssen, und diese Art der Ermittlung in Thailand war dazu nicht hilfreich.“

Ihre Enttäuschung richtet sich nicht allein gegen die thailändischen Polizeiermittler, die laut Sarah B. von Anfang an keinen Fall hätten sehen oder ermitteln wollen. Auch die britischen Fahnder der Metropolitan Police und die britische Botschaft seien „aus diplomatischer Rücksicht“ (O-Ton Sarah B.) nicht so aktiv geworden, wie es bei diesem schweren Verbrechen angemessen gewesen wäre. Die Mutter der 19jährigen Studentin hatte monatelang für akribische und transparente Untersuchungen gekämpft, TV-Interviews gegeben und sogar der London Times und der New York Times zugearbeitet – am Ende brachte ihr Einsatz keinen Erfolg.

Haftbefehle gegen Journalisten und Netzwerk-Aktivisten werden aufrechterhalten

In Thailand könnte es nun eng werden für manche Polizeikritiker. 12 junge Studenten aus Nordthailand waren im September verhaftet und nach Koh Tao gebracht worden, weil sie Berichte der Enthüllungsplattform „CSI LA“ auf Facebook geteilt und teilweise kommentiert hatten. Gegen sie wird nach wie vor wegen des Verstoßes gegen den Computer Crime Act in Thailand ermittelt – ein Gesetz, das insbesondere mutmaßlich falsche Aussagen zu Staatsbediensteten oder Regierungsmitglieder unter Strafe stellt.

Auch ein erlassener Haftbefehl gegen den Betreiber der Webseite CSI LA, ein Thailänder, der in Kalifornien lebt und von dort aus Enthüllungsgeschichten über meist politische Vorgänge in seiner Heimat produziert, bleibt bestehen. Ein weiterer Haftbefehl ist gegen Suzanne Buchanan erlassen und nach Großbritannien geschickt worden. Die Britin, Managerin der Onlinezeitung „Samui Times“ und über 20 Jahre lang auf Koh Samui und zuvor auch auf Koh Tao beheimatet, war im April 2016 aus Thailand geflüchtet und lebt seither wieder in England.

Fall Ende – doch Koh Tao könnte nicht wirklich zur Ruhe kommen…

Eine Auslieferung der beiden erscheint sehr unwahrscheinlich, dass sie bei ihrer Einreise nach Thailand oder einem Transit in einem thailändischen Flughafens allerdings sofort in Haft genommen würden, hatte Surachate Hakparn in den vergangenen Wochen mehrfach unmissverständlich klargemacht. Die neuerliche Akte Koh Tao scheint geschlossen. Nur in den weltweiten Netzwerken dürfte so schnell keine wirkliche Ruhe einkehren.

Quelle: Fotos: Polizei

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