CDU wirft Max Otte raus

​Wegen Kandidatur fürs Präsidentenamt auf AfD-Ticket

Max Otte, Vorsitzender der Werteunion und CDU-Parteimitglied, nimmt an einer Pressekonferenz der AfD zu Beginn der AfD-Fraktionssitzung im Reichtagsgebäude teil. Otte tritt für die AfD als Bundespräsidentenkandidat an. Foto: Kay Nietfeld/dpa
Max Otte, Vorsitzender der Werteunion und CDU-Parteimitglied, nimmt an einer Pressekonferenz der AfD zu Beginn der AfD-Fraktionssitzung im Reichtagsgebäude teil. Otte tritt für die AfD als Bundespräsidentenkandidat an. Foto: Kay Nietfeld/dpa

BERLIN: Chancen, wirklich Bundespräsident zu werden, hat er nicht - aber mit seiner Kandidatur für das höchste Staatsamt im Namen der AfD hat der CDU-Politiker Max Otte die Führung seiner Partei auf die Barrikaden gebracht. Die zieht schnell Konsequenzen.

Die CDU wirft den Vorsitzenden der erzkonservativen Werte-Union, Max Otte, aus der Partei. Sie zieht damit die Konsequenz aus dessen Kandidatur für das Amt des Bundespräsidenten auf Vorschlag der AfD. Otte werden seine Mitgliedsrechte sofort entzogen, ein Parteiausschlussverfahren wird eingeleitet, wie Generalsekretär Paul Ziemiak am Dienstag nach einer Sitzung des CDU-Bundesvorstandes mitteilte. Es handele sich um «einen dringenden und schwerwiegenden Fall schwer parteischädigenden Verhaltens, der ein sofortiges Eingreifen erforderlich macht».

Otte hatte sich zuvor bereiterklärt, den Vorschlag der AfD anzunehmen, für sie für das höchste Amt im Staat zu kandidieren. «Ich sehe es nicht als Provokation an. Es ist mir ernst», sagte der 57-Jährige, als er am Nachmittag gemeinsam mit den AfD-Fraktionschefs Tino Chrupalla und Alice Weidel im Reichstagsgebäude vor die Kameras trat. Einen freiwilligen Austritt aus der CDU, wie ihn die CDU-Spitze forderte, lehnte er ab.

Zu der Sitzung des CDU-Bundesvorstands waren der Vorsitzende von Ottes Kölner Kreisverband und der CDU-Landesverband NRW zugeschaltet. Ziemiak sagte anschließend, Otte habe nicht nur die Beschlusslage der Union zur angestrebten Wiederwahl von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier missachtet. «Er hat insbesondere gegen den Grundsatz der CDU verstoßen, in keiner Weise mit der AfD zusammenzuarbeiten.» Ziemiak verurteilte ausdrücklich den gemeinsamen Auftritt von Otte mit Weidel und Chrupalla. «Er hat damit zugleich seine Loyalitäts- und Solidaritätsverpflichtung gegenüber der CDU verletzt.»

«Die politischen Spielchen der AfD und die Art und Weise, wie Herr Dr. Otte sich in diese hat einbinden lassen, zeugt außerdem von wenig Respekt vor dem Amt des Bundespräsidenten, wenn nicht gar vor unserer demokratischen und parlamentarischen Ordnung», sagte Ziemiak weiter.

Chrupalla nannte Otte einen «honorigen Politiker» und einen «Mann aus der Mitte». Weidel bezeichnete den CDU-Mann als «wertkonservativen, liberalen Kandidaten» und «ehrwürdigen Bundespräsidentenkandidaten». Dem Vernehmen nach gab es innerhalb der AfD auch eine gewisse Freude darüber, die CDU düpiert zu haben.

Otte sagte, er sehe die Kandidatur als Möglichkeit, Gräben zuzuschütten. «Wenn man vorgeschlagen wird für das höchste Staatsamt, was über den Parteien steht, ist das in meinen Augen keine Zusammenarbeit. Es ist eine individuelle Entscheidung, ob ich diesen Vorschlag annehme oder nicht.»

Der noch amtierende CDU-Chef Armin Laschet und sein Nachfolger Friedrich Merz hatten sich für die rasche Einleitung eines Parteiausschlussverfahrens ausgesprochen. «Es gibt einen sehr harten und klaren Schnitt», sagte Merz nach Teilnehmerangaben in einer Online-Sitzung der Unionsfraktion im Bundestag. Otte habe sich schon lange weit von der Union entfernt. «Wir werden ihm heute Abend zeigen, dass wir sehr schnell und sehr eindeutig handeln.»

Laschet wurde aus Teilnehmerkreisen mit den Worten zitiert: «Dieser Otte und auch die Werte-Union ist uns jahrelang auf der Nase herumgetanzt.» Jeder wisse, wie schwer ein Ausschlussverfahren sei. Aber: «Jetzt ist eine Schwelle überschritten.»

Für die neue CDU-Spitze um Merz ist die Entwicklung eine Chance, klare Kante zu zeigen. Merz hatte im «Spiegel» angekündigt, mit ihm werde es «eine Brandmauer zur AfD geben». Von der Werte-Union ist die CDU-Führung seit Jahren genervt. Im Bundestagswahlkampf musste sich Laschet wegen der Kandidatur des früheren Verfassungsschutzchefs Hans-Georg Maaßen immer wieder vorhalten lassen, sich nicht genügend gegen Rechtsaußen abzugrenzen. Maaßen verkündete am Dienstag seinen Austritt aus der Werte-Union. «Es ist nicht akzeptabel, dass sich ein Unionsmitglied als Bundespräsidentenkandidat von der AfD aufstellen lässt», sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Die Reaktionen führender CDU-Politiker auf Ottes Kandidatur waren einhellig. Laschet schrieb bei Twitter: «Von der AfD als Präsidentschaftskandidat nominiert zu werden, ist keine Ehre, sondern eine Schande.» Wer dies als Christdemokrat überhaupt erwäge, schädige das Ansehen der Union, verletze ihre Werte und habe in der CDU nichts verloren. «Das, was ich von Herrn Otte wahrnehme, hat nichts mit der CDU zu tun», sagte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst der «Rheinischen Post». «Er hat bei uns nichts verloren.»

Parteiausschlussverfahren können zäh sein. Das hat die SPD zuletzt bei Thilo Sarrazin erlebt, mit dem sie sich jahrelang über dessen Bücher unter anderem über Migration herumgestritten hatte. Es dauerte Jahre, bis die Partei ihn schließlich rauswerfen konnte. Otte sagte dem «Spiegel»: «Freiwillig werde ich aus der CDU nicht austreten.» Er sehe die AfD klar auf dem Boden des Grundgesetzes.

Chancen auf das Amt des Bundespräsidenten hat Otte nicht. In einem gemeinsamen Schreiben an Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) schlugen die Partei- und Fraktionschefs der Ampel-Partner SPD, Grüne und FDP sowie die Spitzen von CDU und CSU am Dienstag Steinmeier zur Wiederwahl vor. Damit gibt es in der Bundesversammlung, die am 13. Februar zusammentritt, eine große Mehrheit für ihn. Als weiterer Kandidat tritt für die Linke der ebenfalls chancenlose Mainzer Sozialmediziner Gerhard Trabert an.

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Jürgen Franke 28.01.22 11:20
Damit hat sich Otte keinen
Gefallen getan. Der Rausschmiß aus der CDU war vorhersehbar. Steinmeier, der lange im Vorzimmer bei Schröder saß und mit ihm die Angenda 2010 verfaßte, die zwar Schröder seinen Posten kostete aber von der Kohl anschließend durch den Wirtschaftsaufschwung partizipieren konnte, wird wieder gewählt.
Jürgen Franke 26.01.22 22:44
Lieber Jack, die AfD ist eine Partei,
die gewählt werden kann, da sie verfassungsrechtlichen Grundsätze entspricht. So einfach ist das. Nicht alle Menschen, die nicht so denken wie Du, sind Idioten. Ich werde sie nie wählen, bin aber froh, dass es Menschen gibt, die auch eine andere Meinung haben können. Das war von 33 bis 45 anders.
Ole Bayern 26.01.22 19:20
Herr Ronaldo ....
......wie ist dann Ihre Meinung zu den Linksfaschisten ??? .... oder gibt´s diese etwa nicht, Ihrer Meinung nach.
Für mich ist das Wort Faschisten eh zu banal .... richtigerweise für mich nenne ich immer das Wort
" Extremisten " .
Dann ist die gesamte gewaltbereite radikale Brut von extrem Links bis extrem Rechts gleichermaßen gemeint .
Ist aber nur meine pesönliche Einstellung hierzu . Ich will somit Ihre Meinung auch nicht relativieren oder kritisieren , weil zum Teil zumindest, durchaus richtig .

VG Ole
Ronaldo 26.01.22 17:50
(Neo-) Faschismus ist keine Meinung, sondern
ein Verbrechen! Damit ist alles über die AFD gesagt. Der Begriff Faschismus in Bezug auf die Höcke- Bande ist übrigens höchstrichterlich bestätigt worden, bevor jetzt irgendwelches Gebelle losgeht.
Norbert Kurt Leupi 26.01.22 17:30
" Brauner Geist " !
Eigentlich eine Schande , was die braunen Politiker aus Deutschland machen ! Noch schlimmer ist , dass solche Gesinnungsträger überhaupt gewählt werden und sich die Wähler alles gefallen lassen was von rechtsaussen kommt ! Als Aussenstehender fragt man sich langsam , wie lange es noch geht , bis das " schwarz " in der deutschen Fahne durch " braun " ersetzt wird ?
Jürgen Franke 26.01.22 16:10
Es wäre schön, meine Herren,
wenn Sie sich etwas gepflegter ausdrücken würden. Eine "bodenlose Frechheit", nur, weil man eine andere Meinung hat, kann nicht Ihr Ernst sein. Oder wissen Sie immer noch nicht, was Demokratie bedeutet.
Ole Bayern 26.01.22 15:50
Herr Obermeier...
.... wir Beide - ich aber in jedem Fall - sollten ( werde ) aufhören über dieses Thema zu diskutieren .
....Sie und ich haben grundverschiedene Ansichten in dieser Sache , deshalb ist eine Diskussion hierüber völlig obsolet.

VG Ole
Ole Bayern 26.01.22 14:50
Das vom CDU - Mann Dr. Otte....
...so etwas kommen KÖNNTE, war fast vorauszusehen. Er als Vorsitzender der konservativen
" Werteunion " der CDU , wurde so sowieso mehr und mehr aufs Abstellgleis geschoben.
Er ist halt erzkonservativ, und wird sich nun im linken ( realo ) Flügel der AFD wiederfinden.
Und so hat die CDU einen Fachmann verloren, weil sie es einfach nicht fertig bringt, Einigkeit von links bis rechts in der CDU herbeizuführen .
Das sind eben noch die Nachwehen der Ex - BKin Merkel innerhalb der CDU.
Und die AFD hat einen kompetenten Politiker gewonnen .
Und Herr Obermeier .... ja es gibt in der AFD auch Leute in deren Schädel ein brauner Geist schwirrt .
Aber es sind nicht alle so,ch kenne 2 Leute, ( beide Polizeibeamte ) welche in München und Berlin in den Parlamenten sitzten.
Und diese Beiden sind alles Andere als braun, nur eben diese mußten für die Entscheidungen der Bundesregierungen immer den Kopf hinhalten.
Und zum Schluß sei mal die Frage gestattet .... haben sich die etablierten Parteien eigentlich schon mal selbst gefragt , weshalb eine Parte wie die AFD so stark werden konnte ? Ist es den sinnvoll im Sinne des inneren Friedens in Deutschland eine Partei, welche fast 5 Mio Bürger gewählt haben, welche z.B. in Sachsen die stärkste Partei ist, derart auszugrenzen und nicht einmal einen Bundestagsvizepräsidentenplatz ihnen zustehen lässt ?
Ich bin wahrlich kein Fan der AFD, aber man sollte 5 Mio Wähler nicht derart ignorieren und ausgrenzen. Dies ist meine feste Überzeugung !

VG Ole
Jürgen Franke 26.01.22 09:50
Die Mißachtung einer Partei,
die in Deutschland zugelassen und somit auch wählbar ist, konnte sich offensichtlich nicht überall durchsetzen. Otte hat mehrfach betont, dass die CDU viel zu spät ihre Quittung für die Merkel-Politik bekommen hat. Er hat auch darauf hingewiesen, dass im Bundestag überwiegend unqualifizierte Personen sitzen.