Diskussion über Zukunft des ORF

Foto: Wikimedia/ Ferdinand H2
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WIEN (dpa) - Die rechte FPÖ fordert das Gebühren-Aus für den ORF in Österreich noch lauter als zuvor. Der Sender fürchtet um seine Unabhängigkeit. Experten sollen nun Lösungen debattieren - Ausgang ungewiss.

Der öffentlich-rechtliche ORF ist in Österreich schon lange Ziel von Attacken der rechten FPÖ. Der Koalitionspartner der konservativen ÖVP fordert das Aus der Gebührenfinanzierung für den Sender und droht missliebigen Journalisten schon mal mit Entlassung. Auf Einladung des konservativen Medienministers Gernot Blümel (ÖVP) diskutieren nun Experten bei einem «Medienenquete 2018» genannten Treffen ab Donnerstag zwei Tage lang über die Zukunft der Branche. Die Ausarbeitung eines neuen ORF-Gesetzes steht dabei auf der Agenda. Darüber hinaus soll der gesamte Medienmarkt reformiert werden, vor allem im Hinblick auf die Digitalisierung.

Wichtigste Forderung der FPÖ: Der ORF soll künftig über das Budget der Regierung finanziert werden. Der ORF und Beobachter befürchten, der Sender könnte dadurch stark an Unabhängigkeit verlieren. Die konservative ÖVP von Bundeskanzler Sebastian Kurz wünscht sich eine ergebnisoffene Diskussion. «Ein Neustart für eine neue Ernsthaftigkeit in der Medienpolitik», heißt es im Vorfeld ohne Angabe von Details. Klar sei aber: Eine Zerschlagung des ORF sei kein Thema. Die Privatsender wie die zur ProSiebenSat.1-Gruppe gehörenden Puls 4 und ATV hoffen ihrerseits auf bessere Bedingungen.

Auf der Tagung der Experten sprechen unter anderem Springer-Chef Mathias Döpfner, Ex-ORF-Intendant Gerhard Zeiler und die EU-Justizkommissarin Vera Jourovà.

Für Unruhe im Vorfeld sorgte insbesondere Vizekanzler und FPÖ-Chef, Heinz-Christian Strache. Er attackierte Mitte Februar auf seinem persönlichen Facebook-Profil den Sender und seinen bekanntesten Nachrichtenmoderator Armin Wolf scharf: «Es gibt einen Ort, wo Lügen und Fake News zu Nachrichten werden. Das sind der ORF und das Facebook Profil von Armin Wolf.»

Das Posting wurde von Strache als «Satire» bezeichnet. Strache entschuldigte sich bei Wolf, nachdem es eine große Entrüstung gegeben hatte. Der Angriff führte auch zu einem offenen Brief prominenter deutscher Journalisten und Kulturschaffender an Kanzler Kurz, die das Posting kritisierten.

Brisant war außerdem die jüngste Wahl des Vorsitzenden des ORF-Stiftungsrates. Die 35 Mitglieder des obersten ORF-Gremiums werden unter anderem von der Regierung, den Parteien und den Bundesländern bestellt. Der Rat wählt den Generaldirektor. In redaktionelle Abläufe darf das Gremium offiziell nicht eingreifen.

Der neue Stiftungsratsvorsitzende und ehemalige FPÖ-Chef, Norbert Steger, zeigte sich aber ausgesprochen kritisch dem ORF gegenüber. «Es ist ein politischer Endkampf für linke Ideen», sagte er über den Sender. Seine Aufgabe sehe er darin, den ORF wieder objektiver zu machen. Ein Dorn im Auge war Steger vor allem die aus seiner Sicht einseitige Berichterstattung zur Ungarn-Wahl. Wenn der ORF nicht wieder «korrekter» berichte, werde ein Drittel der Korrespondenten im Ausland gestrichen, drohte Steger. Und in Sachen soziale Medien erklärte er den Journalisten: Wer gegen die geplante neue Richtlinie verstoße, «wird zunächst verwarnt - und dann entlassen».

Der amtierende ORF-Chef Alexander Wrabetz, der in politischen Angelegenheiten als äußerst biegsam gilt, ist noch bis Ende 2021 bestellt. Ob der als entscheidungsschwach geltende Wiener angesichts des starken Drucks bis dann im Amt bleiben kann, ist offen. Die Pläne der Regierung sehen dem Vernehmen nach künftig vielmehr einen mehrköpfigen Vorstand statt eines Alleingeschäftsführers vor.

Der Sender mit seinen rund 4.000 Mitarbeitern hat mit seinen TV- und Radioprogrammen eine dominante Rolle in der Alpenrepublik. Der Jahresumsatz liegt bei knapp einer Milliarde Euro. Etwa 625 Millionen Euro nimmt der ORF über die Rundfunkgebühren ein. Die Bundesländer profitieren von den Einnahmen allerdings ebenfalls. Die mächtigen Ministerpräsidenten dürften daher wohl wenig erfreut über eine mögliche Gebühren-Abschaffung und ein Loch im eigenen Budget sein.

Der ORF rüstet sich jedenfalls für eine mögliche harte Auseinandersetzung und will mit einer Publikumsinitiative Sympathien in der Bevölkerung sammeln. Sollte es zu einer Volksbefragung über die Gebührenfinanzierung kommen, gilt das Ergebnis der Schweiz als Vorbild. Die Eidgenossen stimmten Anfang März mit über 70 Prozent gegen eine Abschaffung der Gebühren - forderten aber Reformen ein.

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