Jeanskauf ohne schlechtes Gewissen

Bio-Baumwolle boomt

Foto: Wikipedia/Noricum
Foto: Wikipedia/Noricum

DÜSSELDORF (dpa) - Immer mehr Modehändler achten bei Baumwollprodukten auf die Anbaubedingungen. Das ist auch nötig. Denn oft werden bei der Produktion der Pflanzenfaser viel zu große Mengen Pestizide und Insektizide eingesetzt.

Ob in der Jeans, im T-Shirt oder in der Unterwäsche: Baumwolle ist aus dem täglichen Leben nicht wegzudenken. Doch für die Umwelt hat der Baumwollanbau oft dramatische Folgen. Noch vor wenigen Jahren entfielen nach Angaben des Umweltbundesamtes rund 25 Prozent des weltweiten Verbrauchs an Insektiziden und zehn Prozent des Verbrauchs an Pestiziden auf den Anbau der Pflanzenfaser. Inzwischen versuchen jedoch immer mehr Modehändler und -hersteller, die Weichen für eine nachhaltigere Baumwollproduktion zu stellen.

Die gute Nachricht für Verbraucher: Für ein gutes Umweltgewissen in Sachen Baumwolle brauchen sie nicht unbedingt tief in die Tasche greifen. Die größten Abnehmer von Bio-Baumwolle sind nach einer aktuellen Studie der gemeinnützigen Organisation Textile Exchange eher preiswerte Marken wie C&A, H&M und Tchibo. Auch der Zara-Muterkonzern-Inditex und Aldi gehören zu den Top Ten in diesem Bereich.

Im Jahr 2017 stieg der Verbrauch an Bio-Baumwolle laut Textile Exchange deutlich um zehn Prozent auf knapp 118.000 Tonnen. Dennoch kommt Bio-Baumwolle bisher nur auf einen winzigen Marktanteil von nicht einmal einem Prozent. Doch weiteres Wachstum ist absehbar: Fast 215 000 Hektar Anbauland befinden sich in der Umstellung auf Bio-Anbau. Damit dürfte die ökologisch bewirtschaftetet Fläche in den nächsten Jahren um fast 50 Prozent zunehmen. Wichtigste Lieferländer sind dabei Indien und China.

Eine weitaus größere Bedeutung als Bio-Baumwolle hat bereits Baumwolle erlangt, die zwar nicht nach den strengen Bio-Kriterien, aber doch nachhaltiger als herkömmliche Baumwolle hergestellt wird. Ihr Marktanteil liegt inzwischen Textile Exchange zufolge bei rund 19 Prozent. Und auch hier zählen H&M und C&A zu den Vorreitern. Unter den großen Abnehmern finden sich aber auch Ikea, Adidas und die Otto-Gruppe.

Doch auch andere Unternehmen sind auf den Zug aufgesprungen. So haben sich etwa die Mitglieder des deutschen Textilbündnisses, die rund die Hälfte des deutschen Textilmarktes abdecken, das Ziel gesetzt, bis 2020 mindestens 35 Prozent ihres Bedarfs mit nachhaltiger Baumwolle zu decken. Dabei muss zehn Prozent der Gesamtmenge Bio-Baumwolle sein. Bis 2025 soll der Anteil nachhaltiger Baumwolle dann auf insgesamt 70 Prozent steigen, der darin enthaltene Anteil an Bio-Baumwolle auf 20 Prozent.

Bei C&A werden mittlerweile rund 40 Prozent der verkauften Baumwollprodukte aus zertifizierter Bio-Baumwolle hergestellt. Unternehmensziel ist es, dass 2020 die gesamte genutzte Baumwolle aus Bio-Anbau oder zumindest aus nachhaltigerer Produktion stammt. Auch H&M will bis 2020 seinen Baumwollbedarf nur noch aus nachhaltigerer Produktion beziehen.

Auch der Textildiscounter Primark unterstützt die Produktion nachhaltigerer Baumwolle. Mit Schulungen indischer Bäuerinnen sei es gelungen, deren Einsatz von chemischen Pestiziden zu halbieren und die Nutzung von künstlichem Dünger um ein Viertel zu verringern, erklärte das Unternehmen. Insgesamt will Primark in den nächsten Jahren Schulungen für mehr als 20.000 Bauern in Indien und Pakistan unterstützen.

Bei der Umweltschutzorganisation Greenpeace wird das Engagement der Firmen durchaus begrüßt. Doch Sprecherin Viola Wohlgemuth drängt auf mehr Ehrgeiz. «Firmen dürfen sich nicht hinter dem Deckmantel «nachhaltig» verstecken, sondern müssen den echten Anteil an Bio-Baumwolle in ihrem Sortiment ausbauen», fordert sie. Außerdem müsse die Branche dringend ihr Geschäftsmodell, das immer mehr auf Wegwerfmode setze, überdenken. «Die schiere Menge an billiger Wegwerfware, die durch Fast Fashion auf den Markt gespült wird, kann niemals nachhaltig sein», betont Wohlgemuth.

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