Japans Regierungschef Abe verliert an Rückhalt im Volk

Die Menschen gehen durch eine Straße im Kabukicho, Japans größtem Nachtleben-Unterhaltungsviertel Shinjuku in Tokio. Foto: epa/Kimimasa Mayama
Die Menschen gehen durch eine Straße im Kabukicho, Japans größtem Nachtleben-Unterhaltungsviertel Shinjuku in Tokio. Foto: epa/Kimimasa Mayama

TOKIO: Japans rechtskonservativer Regierungschef Shinzo Abe verliert an Rückhalt in der Bevölkerung. Nach einer Umfrage der japanischen Nachrichtenagentur Kyodo vom Sonntag fiel die Zustimmung für sein Kabinett auf 36,7 Prozent. Im vergangenen Monat waren es noch 39,4 Prozent gewesen. Nicht nur sein kritisierter Umgang mit der Corona-Krise trägt zu Abes Umfragetief bei, sondern auch Skandale. So wurde kurz vor der Umfrage einer seiner Vertrauten, der frühere Justizminister Katsuyuki Kawai, und dessen Frau wegen des Vorwurfs illegaler Stimmenkäufe bei der Oberhauswahl 2019 verhaftet.

Nach einer ebenfalls am Sonntag veröffentlichten Umfrage der japanischen Nachrichtenagentur Jiji Press lehnt zudem eine Mehrheit (69 Prozent) eine Änderung des Pazifismusartikels 9 der Verfassung ab. Eine Reform der pazifistischen Nachkriegsverfassung ist Abes eigentliches politisches Kernziel. Er vertritt die Ansicht, dass die Verfassung nicht der einer unabhängigen Nation entspreche, da sie Japan 1946 von der Besatzungsmacht USA aufgezwungen worden sei.

In Artikel 9 schwört Japan «für alle Zeit» dem Krieg als ein souveränes Recht ab und verzichtet auf die Androhung oder Ausübung von Gewalt als Mittel zur Beilegung internationaler Streitigkeiten. Kritiker werfen Abe vor, den Geist des Artikel 9 aushöhlen zu wollen.

Der Jiji-Umfrage zufolge halten es auch 56,8 Prozent der Unterstützer Abes für besser, den Pazifismusartikeln nicht zu ändern. Zwar hat Abe sein Ziel einer Verfassungsänderung bisher nicht erreicht. Seit seinem Amtsantritt ist die Sicherheitspolitik aber deutlich erstarkt. So ließ er die Verfassung «uminterpretieren», um die Rolle des Militärs zu stärken. Künftig kann sich Japan auf ein «Recht zur kollektiven Selbstverteidigung» berufen und in Konflikten an der Seite von Verbündeten - namentlich den USA - im Ausland kämpfen. Trotz Artikel 9 verfügt Japan längst über hochmoderne Streitkräfte.

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