Jahrestag des Massakers vom 4. Juni

Familien verlangen Aufarbeitung

Im Gedenken an die pro-demokratischen Studenten, die am 04. Juni 1989 bei einer Razzia der Armee auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking starben. Foto: epa/Alex Hofford
Im Gedenken an die pro-demokratischen Studenten, die am 04. Juni 1989 bei einer Razzia der Armee auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking starben. Foto: epa/Alex Hofford

PEKING: Vor dem Jahrestag der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung am 4. Juni 1989 in China haben Angehörige der Opfer eine gerechte Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels der chinesischen Geschichte gefordert. In einem Appell forderte die «Mütter von Tian'anmen» genannte Vereinigung der Familien, dass sie die Wahrheit über den Militäreinsatz erfahren, Entschädigung erhalten und dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.

«Auch wenn wir keine Hoffnung sehen, werden wir nicht aufgeben», hieß es am Freitag in dem Schreiben, dass die in den USA ansässige Menschenrechtsorganisation «Human Rights in China» veröffentlichte. «Wir warten darauf, dass die Regierung sich bei den Familien aller Opfer entschuldigt und dem Volk gegenüber ihr Bedauern über das Massaker von 1989 ausspricht.» 116 Personen haben den Appell zum Jahrestag an diesem Sonntag unterzeichnet.

Bei dem gewaltsamen Einsatz der Volksbefreiungsarmee gegen friedliche Demonstranten um den Platz des Himmlischen Friedens (Tian'anmen) in Peking waren damals einige hundert Menschen ums Leben gekommen. Die genaue Zahl ist bis heute nicht bekannt. Tausende wurden verletzt und inhaftiert. Auch 34 Jahre später ist das Massaker in China weiter ein Tabuthema, die Familien können nur in aller Stille trauern.

Bis 2019 kamen in Hongkong zum Jahrestag immer noch Zehntausende zu einer Kerzenandacht zusammen. Doch die Führung in Peking hat ihre Kontrolle über die eigentlich autonom verwaltete chinesische Sonderverwaltungsregion verschärft und verfolgt die Opposition seit 2020 mit vage formulierten Sicherheitsgesetzen, die ihr weitreichende Spielräume für Repressionen eröffnen. Die Organisation hinter dem jährlichen Gedenken musste sich 2021 auflösen, nachdem mehrere ihrer führenden Aktivisten in Haft genommen worden waren.

Im Viktoria-Park, wo die Kerzenandacht immer stattgefunden hatte, veranstalten prochinesische Vereinigungen an diesem Wochenende stattdessen einen Jahrmarkt. An mehr als 200 Ständen werden Produkte aus verschiedenen chinesische Provinzen angeboten.

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David Ender 04.06.23 13:10
Aufarbeitung eines Massakers in einer Diktatur?
Ich bewundere den Mut der Unterzeichner dieses Appells an die roten Kaiser im ZK. Doch dass sich eine der finstersten Diktaturen dieses Planeten eines Tages mal von einem selbst angerichteten Massaker an Studenten entschuldigen werde, ist wohl ziemlich ausgeschlossen. Zumal die einzige Legitimation totalitaerer Herrschaft ja nicht in freien Wahlen sondern eben in der Androhung und Ausuebung von Gewalt liegt. Es ist wie am an Woelfe appelliert keine Schafe mehr zu fressen. Doch die Wachstumsparty des Schwellenlandes China ist ja nun vorbei, eine massive Schrumpfung der Bevoelkerung beginnt und ewig kann man ja nicht Bruecken und Satellitenstaedte sinnlos in die Landschaft ballern um "Wachstum" zu generieren. Der gesamte Immobiliensektor von Evergrande und Co musste schon ueber Nacht von der Boerse genommen werden, die chinesischen Banken sind als naechste dran. Dem Druck der Strasse werden die kommunistischen Alleinherrscher schon noch ganz gewaltig zu spueren bekommen. Versprochen!