Deutscher will Bürgermeister von Barcelona werden

«Jacobi alcalde»

Der Deutsche Karl Jacobi tritt bei der Bürgermeisterwahl in Barcelona an. Foto: Carola Frentzen/Dpa
Der Deutsche Karl Jacobi tritt bei der Bürgermeisterwahl in Barcelona an. Foto: Carola Frentzen/Dpa

BARCELONA (dpa) - Bei den Bürgermeisterwahlen in Spanien geht es Ende Mai gerade in der katalanischen Hauptstadt Barcelona um viel - denn der Streit zwischen Separatisten und Nicht-Separatisten dauert an. Auch ein Deutscher mischt im Wahlkampf mit. Bekannt ist er wegen eines Wutausbruchs.

Über Nacht ist Karl Jacobi in Spanien in aller Munde, nachdem der Deutsche im März 2018 den katalanischen Separatisten unverblümt die Leviten gelesen hat. «Seit 30 Jahren belügen Sie die Bevölkerung!», geht der Unternehmer bei einem Treffen deutschsprachiger Führungskräfte in Barcelona den regionalen Parlamentspräsidenten Roger Torrent an. «Ich plädiere dafür, dass Sie alle ins Gefängnis wandern.» Das Resultat: Jacobis Telefon steht nicht mehr still, Schaulustige pilgern zu seiner Villa, aber es gibt auch Hasskommentare, ja sogar Morddrohungen.

Ein gutes Jahr danach hat der gebürtige Kölner das Zepter selbst in die Hand genommen, um die Bürger «in die Normalität zurückzuführen», wie er sagt. Der 71-Jährige will bei der Kommunalwahl am 26. Mai ins Rathaus von Barcelona einziehen. «Jacobi alcalde» (Jacobi als Bürgermeister), prangt es auf Wahlplakaten und Flyern. Sein Programm umfasst die unterschiedlichsten Themen, vom Kampf gegen Korruption und Hausbesetzer über die Schaffung neuer Wohnungen bis hin zu Barcelona als digitaler Hauptstadt Europas - aber der zentrale Punkt ist unverkennbar einer: der Kampf gegen die Unabhängigkeitsgelüste der Regionalregierung.

«Die separatistischen Politiker bewegen sich alle außerhalb des Gesetzes, das ist hier eine Art Sport», macht er beim Treffen mit der Deutschen Presse-Agentur seinem Ärger Luft. «Die Bevölkerung hat es satt, sie wünscht sich ein Ende dieses Hin und Her.» Es ist ein sonniger Frühlingsmorgen auf der Flaniermeile La Rambla, Jacobi trägt Jeans, ein helles Sommerjacket, den grauen Bart adrett gestutzt.

Die Frage nach der Unabhängigkeit Kataloniens, die die reiche Region im Nordosten Spaniens in den vergangenen Jahren in eine tiefe Krise gestürzt hat, stelle sich gar nicht, erklärt er. «Sie ist schlicht illegal», so Jacobi, der seit 1982 in Barcelona lebt und sich seine Begeisterung für die «kosmopolitische, kulturelle Metropole Spaniens oder sogar Europas» bis heute bewahrt hat.

Dennoch, «seine» Stadt habe ein Problem, sagt er. «Wenn man in die Tiefe geht, dann sieht man, dass Barcelona langsam stirbt.» Die Bevölkerung müsse begreifen, dass hier vermeintliche Normalität «nur vorgegaukelt» werde. Der Separatismus schaffe seit Jahren ein negatives Klima, immer wieder gebe es Demonstrationen und aggressive Auseinandersetzungen.

«Das schreckt nicht nur Urlauber ab, sondern auch Investoren aus dem Ausland.» Mehr als 5000 Firmen seien im Zuge des verbotenen Unabhängigkeitsreferendums vom Oktober 2017 bereits fortgezogen, der Tourismus sei drastisch eingebrochen, die Kriminalitätsrate gestiegen. «Auch in den Familien herrscht Krieg, selbst in meiner eigenen. Bei Familientreffen darf nie über Politik geredet werden, sonst schlagen sich die Leute am Ende die Köpfe ein.»

In Köln geboren, wuchs er in Internaten in Bad Honnef und Aachen auf. «Mein Bruder war auch im Internat, unsere Eltern waren Unternehmer und hatten einfach keine Zeit», erinnert er sich. «So etwas prägt.» Später studiert er an der Kölner Kunstakademie unter anderem Soziologie, Psychologie, Marketing sowie Grafikdesign. Er arbeitet in verschiedenen Teilen Deutschlands in der Radio- und Fernsehtechnik, in der Automechanik und in Werbeagenturen. «Aber eigentlich wollte ich schon immer ins Ausland», erzählt der Vater zweier erwachsener Töchter, der mit einer Spanierin verheiratet ist. Vor 37 Jahren setzt er den Traum in die Tat um.

Um den Wahlkampf zu finanzieren, hat Jacobi im Internet eine Crowdfunding-Kampagne gestartet. Aber er weiß, dass er höchstens Außenseiterchancen hat. Favoritin ist die linke Amtsinhaberin Ada Colau, eine ehemalige Aktivistin aus der Hausbesetzer-Szene, die die Geschicke der Stadt seit 2015 ziemlich erfolgreich lenkt. Die 45-Jährige, selbst keine Separatistin, setzt im Streit um die Abspaltung der Region auf Dialog und wünscht sich ein politisch ausgehandeltes und somit legales Referendum zu der Frage.

Neu ins Rennen um das Rathaus ist der frühere französische Premierminister Manuel Valls (56) eingestiegen, der in Barcelona geboren wurde und im Kampf gegen den Separatismus ein hartes Durchgreifen fordert. «Valls ist schon ein Vollblutpolitiker», räumt Jacobi ein. Gegen seine Kandidatur sei im Grunde nichts einzuwenden, erklärt der begeisterte Segler und Rennsportfan, der in seiner Freizeit in einer Rockband singt und Bass spielt. Allerdings kenne sich Valls viel besser in Frankreich aus als in Spanien.

«Theoretisch sind meine Chancen ganz gut, denn ich bin der einzige mit einem politischen Programm, das die Interessen des Volkes berücksichtigt», sagt er und fügt hinzu: «Und natürlich habe ich als Deutscher große Glaubwürdigkeit.» Das größte Hindernis sei das Geld, denn so ein Wahlkampf sei teuer, speziell wenn man möglichst viele Haushalte erreichen wolle. Zum Abschied steht Karl Jacobi auf der Rambla in «seiner Stadt» und lächelt. «Seit ich mich im Sommer 2018 entschieden habe, bei der Kommunalwahl zu kandidieren, habe ich sehr viel gelernt», sagt er. «Heute kann ich als Politiker meinen Mann stehen.»

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Leserkommentare

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Norbert Kurt Leupi 09.05.19 19:09
Alcalde-Wahlen in BCN
Immer wieder diese Einmischungsversuche von Auswärtigen und Aussenstehenden , in Dinge , die sie nichts angehen ! Wie heissen Sie , fragte ein gestandener Katalane den deutschen Einwanderer ! "Jakobi " ! So ! Können sie das auch auf katalanisch buchstabieren und deutete ihm an ,sich nicht in Dinge einzumischen , von denen er nur Echo und Schatten kennt !