Stadler gesteht im Dieselprozess und bedauert

«Ja»: Ex-Audi-Chef

Eine Ampel zeigt rot vor einem Logo der Audi AG in einem Autohaus in München. Foto: EPA-EFE/Lukas Barth-tuttas
Eine Ampel zeigt rot vor einem Logo der Audi AG in einem Autohaus in München. Foto: EPA-EFE/Lukas Barth-tuttas

MÜNCHEN: Rupert Stadler hat gestanden. Der frühere Audi-Chef bedauert nach eigenem Bekunden sein Fehlverhalten bei der Aufarbeitung des Dieselskandals. Der Vorgang im Landgericht fiel schlicht aus, doch jetzt dürfte der Prozess schnell zu Ende gehen.

Zweimal sagt Ex-Audi-Chef Rupert Stadler «ja», dann hat er im Strafverfahren um den Dieselskandal gestanden. Zuvor verliest seine Verteidigerin Ulrike Thole-Groll am Dienstag vor dem Landgericht München eine knapp zwei Seiten umfassende Erklärung, in der Stadler einräumt, nicht genug getan zu haben und sein Bedauern ausdrückt. Es ist das erste Geständnis eines ehemaligen VW-Vorstands in der strafrechtlichen Aufarbeitung eines der größten deutschen Industrieskandale - und wird gleichzeitig wohl dafür sorgen, dass Stadler nicht ins Gefängnis muss.

Er sehe, «dass es ein Mehr an Sorgfalt» gebraucht hätte, lässt Stadler erklären. Zwar betont er auch jetzt, sich zunächst auf Fachleute verlassen zu haben, räumt aber ein, dass er es dann unterlassen habe, weitere Maßnahmen zu ergreifen und für Aufklärung zu sorgen. Es sei ihm nicht gelungen, die Dieselkrise im Audi-Konzern zu lösen.

Jahrelang hatte Stadler seine Unschuld beteuert - auch im seit zweieinhalb Jahre laufenden Prozess. Dass am 168. Verhandlungstag ein Geständnis folgt, liegt maßgeblich an einem Hinweis des Gerichts Ende März. Damals machte der Vorsitzende Richter Stefan Weickert klar, dass Stadler ohne umfassendes Geständnis Gefängnis droht.

Nach Verhandlungen und Bedenkzeit hatte Stadler Anfang Mai eben dieses Geständnis angekündigt. Im Gegenzug wurde ihm im Rahmen einer Verständigung mit Gericht und Staatsanwaltschaft bei einer Zahlung von 1,1 Millionen Euro eine Bewährungsstrafe von eineinhalb bis zwei Jahren in Aussicht gestellt.

Zwei weitere Wochen wurde das Geständnis vorbereitet - auch in schriftlicher Absprache mit dem Gericht. Entsprechend präzise abgezirkelt ist die Erklärung, mit der Stadler die Vorwürfe nun einräumt. Die Kammer dürfte mit ihr zufrieden sein. Gerichtssprecher Laurent Lafleur sagt, Stadler habe den Tatvorwurf des Betrugs durch Unterlassen «vollumfänglich eingeräumt».

Anders als bei seinen Mitangeklagten wurde Stadler nicht vorgeworfen, an der Manipulation von Abgaswerten beteiligt gewesen zu sein. Bei ihm ging es darum, dass er als Audi-Chef der Sache nicht ausreichend auf den Grund gegangen sei und die Handelspartner informiert habe. Stattdessen habe er den Verkauf der Autos bis Anfang 2018 weiterlaufen lassen.

Nach dem Geständnis könnte der seit September 2020 dauernde Prozess demnächst zum Abschluss kommen - voraussichtlich im Juni. «Dadurch, dass der Tatvorwurf jetzt soweit eingeräumt wurde, rechne ich jedenfalls nicht damit, dass dieses Verfahren sich noch über Jahre hinzieht», sagt Lafleur.

Der ebenfalls angeklagte ehemalige Chef der Audi-Motorenentwicklung, Wolfgang Hatz, und zwei seiner leitenden Ingenieure gestanden bereits, dass sie die Ausgestaltung der Motor-Software veranlassten. Mit unzulässigen Abschalteinrichtungen hielten die Autos die Stickoxid-Grenzwerte zwar auf dem Prüfstand ein, aber nicht auf der Straße. 2015 flog dies auf. Auch Hatz und ein Ingenieur können nach Zusagen des Gerichts mit Bewährung rechnen. Das Verfahren gegen den anderen Ingenieur wurde bereits gegen eine Geldauflage eingestellt.

Stadler war von 2007 bis 2018 Audi-Chef. Dann folgte der Absturz: 2018 kam er wegen Verdunkelungsgefahr vier Monate in Untersuchungshaft und verlor seine Posten als Audi-Chef und VW-Vorstand. Durch das Geständnis dürfte ihm zumindest eine Rückkehr ins Gefängnis erspart bleiben.

Am Dienstag geht der Prozess erst einmal mit Dokumenten weiter, die verlesen werden. «Es gilt noch grundsätzlich, ein gewisses Restprogramm an Beweisaufnahme abzufahren», sagt Lafleur. Unterdessen kommt der in Braunschweig laufende Strafprozess zum Dieselskandal nur langsam voran. Das Verfahren gegen den ehemaligen VW-Konzernchef Martin Winterkorn wurde zudem aus gesundheitlichen Gründen abgetrennt.

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