Italien steuert auf Neuwahl zu - doch wann?

Der italienische Präsident Sergio Mattarella auf der Pressekonferenz im Quirinalspalast. Foto: epa/Ettore Ferrar
Der italienische Präsident Sergio Mattarella auf der Pressekonferenz im Quirinalspalast. Foto: epa/Ettore Ferrar

Der letzte Funken Hoffnung ist erloschen: In Italien wird es so schnell keine gewählte Regierung geben. Der Präsident will als Notlösung eine Übergangsregierung. Doch auch da droht die Totalblockade.

Rom (dpa) - Italien steuert nach einem Debakel bei der Suche nach einer Regierung auf eine Neuwahl zu. Staatspräsident Sergio Mattarella sprach sich am Montag für eine «neutrale» Regierung aus, die bis Dezember im Amt bleiben und das Land zu einer Neuwahl führen könne. Jedoch wehrten sich sogleich die populistische Fünf-Sterne-Bewegung, die bei der Wahl die stärkste Einzelpartei geworden war, und die rechtspopulistische Lega gegen solch eine Option.

«Kein Vertrauen für eine neutrale Regierung, Synonym für eine Technokratenregierung. Man muss im Juli wählen», erklärte Sterne-Chef Luigi Di Maio auf Twitter. Sowohl er als auch Lega-Chef Matteo Salvini hatten den 8. Juli als möglichen neuen Wahltermin ins Spiel gebracht. «Mattarella will eine neutrale Regierung? Um Gottes Willen, wir brauchen eine mutige Regierung, bestimmt und frei, die in Europa das Prinzip "Italiener zuerst" verteidigt», twitterte Salvini.

Bei der Wahl am 4. März hatte die Mitte-Rechts-Allianz aus Lega und der Forza Italia von Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi als Bündnis die meisten Stimmen bekommen, jedoch nicht genug zum Regieren. Auch bei den Sternen reicht es nicht für eine Mehrheit. Seitdem streiten die Parteien, wer an die Macht kommt.

Mattarella drückte nun aufs Tempo. «Wir können nicht länger warten», sagte der Präsident nach der mittlerweile dritten Runde der Regierungskonsultationen. Wenn die Parteien mehr Zeit für ihre internen Verhandlungen bräuchten, sollten sie in der Zwischenzeit die Bildung einer neutralen Regierung mittels eines Vertrauensvotums ermöglichen.

Die Idee ist, dass eine Person, die keiner Partei nahe steht (daher neutral), vorübergehend die Amtsgeschäfte übernimmt. Eine Regierung unter dieser Führung müsste vom Parlament abgesegnet werden und könnte bis Dezember im Amt bleiben. Wichtig ist dabei vor allem die Verabschiedung des Haushaltsgesetzes, die bis Ende des Jahres durch sein muss.

Im Juni steht ein wichtiger EU-Gipfel in Brüssel an, bei dem es unter anderem um die Flüchtlingskrise und Reformen in der Eurozone gehen soll. Italien ist hoch verschuldet, die Sorge besteht, dass es auf den Finanzmärkten zu Unruhe kommen könnte.

Die Sozialdemokraten, die bei der Wahl als große Verlierer hervorgegangen waren, wollen eine von Mattarella vorgeschlagene Übergangsregierung unterstützen.

Käme es jetzt nicht zu einer Regierungsbildung, wäre dies «das erste Mal, dass das Votum des Volkes nicht genutzt wird», sagte Mattarella. Als äußerste Notlösung schloss der Präsident aber auch eine frühere Neuwahl im Sommer oder Herbst nicht aus. Vor Juni könnte eine Neuwahl aber keinesfalls stattfinden - und im Hochsommer habe Italien noch nie gewählt, sagte er. Die Befürchtung bei einer raschen Neuwahl ist jedoch, dass auch dann ein ebenso uneindeutiges Ergebnis herauskommt.

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