Urananreicherung in Atomanlage für neues Akw

Foto: EPA-EFE/Ho Handout
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TEHERAN/WASHINGTON (dpa) - Das internationale Abkommen zur Verhinderung einer iranischen Atombombe gerät immer mehr ins Wanken. Die USA wollen schärfere Auflagen für die Islamische Republik und sind aus dem Regelwerk ausgestiegen - der Iran wiederum provoziert mit neuen Aktivitäten.

Der Iran hat nach mehr als vier Jahren die Urananreicherung in der unterirdischen Anlage Fordo wieder aufgenommen und damit erneut gegen das internationale Atomabkommen verstoßen. Die Führung in Teheran will den Druck auf Deutschland und die anderen Vertragspartner erhöhen, ihren Verpflichtungen aus dem Atomdeal nachzukommen. Das Wiener Atomabkommen von 2015 soll verhindern, dass die Islamische Republik Nuklearwaffen entwickeln kann. US-Generalstabschef Mark Milley sprach angesichts der neuen Provokationen eine Warnung aus.

Milley sagte dem TV-Sender Abc in einem am Sonntag ausgestrahlten Interview: «Wir setzen unser Vertrauen in die diplomatischen Bemühungen, aber gleichzeitig werden wir sicherstellen, dass wir ein angemessenes Maß an militärischen Kapazitäten in der Region aufrechterhalten, um bei Bedarf amerikanische Interessen zu verteidigen.»

Seit die USA im Mai 2018 einseitig das Atomabkommen aufgekündigt haben, nehmen die Spannungen zwischen beiden Ländern immer weiter zu. Im Juni hatte der Iran eine US-Aufklärungsdrohne abgeschossen. Für den Angriff auf Öl-Anlagen in Saudi-Arabien Mitte September macht Washington ebenfalls Teheran verantwortlich.

Die US-Regierung versucht mit einer Politik des «maximalen Drucks», den Iran zu einer Neuverhandlung des Atomabkommens mit schärferen Auflagen zu bewegen. Amerikanische Sanktionen haben in dem ölreichen Land in eine Wirtschaftskrise ausgelöst.

Westliche Geheimdienste warfen der iranischen Führung mehrfach vor, die Atomanlage Fordo für militärische Zwecke zu nutzen. Daher war auch die Umwandlung der Anlage in ein Forschungszentrum einer der Kernpunkte bei den Atomverhandlungen zwischen dem Iran und den fünf UN-Vetomächten - China, Frankreich, Großbritannien, Russland und USA - sowie Deutschland.

Der Sprecher der iranischen Atomorganisation (AEOI), Behrus Kamalwandi, sagte, die Urananreicherung bis zu einem Grad von 4,5 Prozent habe begonnen. Zuvor war Mitte der Woche Urangas in die 1044 Zentrifugen in Fordo injiziert worden. Laut Wiener Atomvertrag sollte Fordo südlich von Teheran nur für wissenschaftliche Projekte genutzt werden, die Zentrifugen dort durften ohne Gasinjektion lediglich getestet werden.

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien sei über alle Schritte in Fordo in Kenntnis gesetzt worden, sagte Kamalwandi. IAEA-Inspekteure seien auch vor Ort präsent.

Das Außenministerium in Teheran rechtfertigte den neuerlichen Verstoß gegen das Atomabkommen mit dem Vorgehen des Westens. Der Deal könne nur gerettet werden, wenn er von den Vertragspartnern umgesetzt werde, sagte Außenamtssprecher Abbas Mussawi. Deutschland und die verbliebenen Partner halten an dem Deal zwar noch fest, sind aber ohne die USA nicht in der Lage, ihn umzusetzen. Der Iran sei weiterhin offen für konkrete Lösungen und Initiativen der Vertragspartner, sagte Mussawi.

Mussawi wies Berichte über einen Ausstieg des Irans aus dem Atomwaffensperrvertrag zurück. «Das steht derzeit zumindest nicht auf unsere Agenda», sagte er. Die iranischen Atomorganisation hatte am Samstag mit dem Ausstieg gedroht, sollte das Wiener Abkommen nicht vertragsgerecht umgesetzt werden. Der Iran hatte 1970 den internationalen Atomwaffensperrvertrag ratifiziert, der auf eine friedliche Nutzung von Kernenergie zielt.

Auf die Eskalationsstufen angesprochen sagte der US-Generalstabschef: «Unsere Regierung hat entschieden, zu diesem Zeitpunkt nicht militärisch vorzugehen, aber wir haben die Fähigkeit dazu.» Er verwies darauf, dass die USA im vergangenen Monat weitere Truppen in die Region verlegt haben. Das weitere Vorgehen hänge von Ausmaß und Art der Provokation des Irans ab und inwieweit das Land US-Soldaten, Interessen der Vereinigten Staaten oder Verbündete in der Region bedrohe, sagte Milley.

Am Sonntag begannen im Iran auch die Bauarbeiten für ein zweites Atomkraftwerk in der Hafenstadt Buschehr am Persischen Golf. Es dient zivilen Zwecken und ist zur Energiegewinnung und -versorgung gedacht. Atomchef und Vizepräsident Ali Akbar Salehi sagte, das neue Akw in Buschehr solle einen 1000-Megawatt-Reaktor haben und bis 2023 fertiggestellt sein. Gleich danach werde der Iran mit dem Bau eines dritten Akw beginnen, das bis 2025 in Betrieb genommen werden soll. Die beiden neuen Akw sollen wie das erste in Zusammenarbeit mit Russland entstehen.

Irans Präsident Hassan Ruhani verkündete auch die Entdeckung eines neuen Ölfelds in Chusestan im Süden des Landes mit einem Potenzial von 53 Milliarden Barrel (je 159 Liter). Die Entdeckung sei mit Blick auf die amerikanischen Öl-Sanktionen gegen den Iran enorm wichtig.

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Leserkommentare

Vom 11. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.

Ingo Kerp 11.11.19 13:21
Das intern. Abkommen, das A-Waffen des Iran verhindern sollte ist nicht ins Wanken geraten. Es ist längst Geschichte, dank der Kündigung durch die USA. Von Seiten der EU erfolgten nur Sprüche und RUS und CHN haben kein Problem, mit dem Iran zu arbeiten. Hinzu kommt, das der Iran momentan noch ein neues und riesiges Oelfeld auf seinem Territorium erschlossen hat. Dafür gibt es, trotz US-Embargo, mit Sicherheit Abnehmer.
Rene Amiguet 11.11.19 11:53
Warum nicht
Die Führer des Iran behaupten sie beabsichtigen nicht Atom Bomben herzustellen. Und wenn sie das trotzdem tun wird es eine weitere Atommacht geben. Jede Macht die solche Waffen einsetzt begeht sowieso Selbstmord und das wissen sie alle. Die bisherigen Atommächte wollen partout die einzigen bleiben. Wenn diese Heuchler es ernst meinten mit der Sicherheit, sollten sie alle diese Waffen der totalen Vernichtung schon längst beseitigt haben.