Inferno im Schlafsaal

15 Tote bei Brand in Waisenhaus in Haiti

KENSCOFF (dpa) - Im ärmsten Land der westlichen Hemisphäre leben viele Kinder in Waisenhäusern, weil ihre Familien sie nicht versorgen können. Aber viele Heime sind in erbärmlichem Zustand. In einer Unterkunft kam es nun zur Katastrophe.

Haiti trauert um seine Kinder: Bei einem verheerenden Brand in einem Waisenhaus in Haiti sind mindestens 15 Menschen ums Leben gekommen. Weitere Kinder seien bei dem Feuer in der Einrichtung in der Ortschaft Kenscoff südlich der Hauptstadt Port-au-Prince verletzt worden, berichtete die Zeitung «Le Nouvelliste» am Freitag (Ortszeit). Offenbar benötigten die Rettungskräfte über eine Stunde, um zu der Unglücksstelle zu gelangen. Unter den Opfern waren auch Babys und Kleinkinder.

«Ich bin zutiefst erschüttert von dem Tod der Kinder in dem Waisenhaus», schrieb Präsident Jovenel Moïse auf Twitter. «Ich fordere die zuständigen Behörden dazu auf, die Ursachen dieser Tragödie zügig zu ermitteln.» Ausgelöst wurde der Brand offenbar durch eine Kerze, die wegen der Stromrationierung für Licht in einem Schlafsaal sorgte.

Betrieben wurde das Waisenhaus den Angaben zufolge von der evangelikalen Glaubensgemeinschaft Church of Bible Understanding aus den USA. Es gab mehrfach Berichte darüber, dass die Einrichtung nicht verantwortungsvoll geführt wurde. «Sie lebten dort wie Tiere», sagte Friedensrichter Raymonde Jean Antoine der Zeitung «Le Nouvelliste». «Es gab auch keine Feuerlöscher in dem Gebäude.»

Das UN-Kinderhilfswerk Unicef beklagte das Unglück und sprach den Angehörigen der Opfer sein Beileid aus. In Haiti werden immer wieder Kinder von ihren Familien in Waisenhäuser gegeben, weil sie sich nicht in der Lage sehen, sich um sie zu kümmern. «Ein Kind ist Teil einer Familie, einer Gemeinschaft und sollte nicht ohne elterliche Fürsorge in Notunterkünften leben», sagte die Unicef-Vertreterin in Haiti, Maria-Luisa Fornara.

Nach Angaben des Instituts für soziale Wohlfahrt verfügte der Träger über keine Lizenz zum Betrieb eines Waisenhauses. Nach einer Erhebung der Behörde im vergangenen Jahr erfüllten von 754 überprüften Kinderheimen mit 25 800 Kindern nur 35 die festgelegten Pflegestandards. Die haitianische Beobachtungsstelle für Menschenrechte warf der Regierung vor, ihre Fürsorgepflicht zu verletzen und rief die Behörden dazu auf, etwas gegen die katastrophalen Zustände in vielen Kinderheimen zu unternehmen.

Haiti gilt als das ärmste Land der westlichen Hemisphäre. Der Karibikstaat leidet unter Gewalt sowie Korruption und wird immer wieder von schweren Naturkatastrophen heimgesucht. Vor zehn Jahren verwüstete ein starkes Erdbeben das Land, mehr als 220 000 Menschen kamen damals ums Leben.

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