Infantino nutzt die Video-Bühne: «Alles ist gut»

FIFA President Gianni Infantino. Foto: epa/Christian Bruna
FIFA President Gianni Infantino. Foto: epa/Christian Bruna

ZÜRICH: Die FIFA tagt online. FIFA-Präsident Gianni Infantino nutzt auch diese Bühne. Die Vorwürfe in der Schweiz seien absolut unberechtigt, sagt er. Widerspruch gibt es nicht.

Gianni Infantino rückte sich seine Krawatte zurecht und lächelte in Richtung der großen Videowand, von der aus er keinen Widerspruch zu erwarten hatte. Während seiner Ansprache beim ungewöhnlichen 70. Kongress des Fußball-Weltverbands wehrte sich der FIFA-Präsident dann offensiv und selbstsicher gegen die schwerwiegenden Vorwürfe der Schweizer Behörden - und versuchte erneut, eine Verschwörung anzudeuten.

«Wir werden sehen, dass diejenigen, die diese Verschwörungstheorien aufgebracht haben und damit Schaden verursachen wollen, Opfer ihrer eigenen Pläne werden», sagte der 50-Jährige und versicherte in Richtung der Delegierten, die bei dem Online-Kongress teilweise Tausende Kilometer entfernt in ihren Büros oder vielleicht sogar Wohnzimmern saßen: «Alles ist gut.»

Infantino äußerte sich direkt zum in der Schweiz eröffneten Strafverfahren. In diesem geht es um geheime Treffen von Infantino mit dem damaligen Bundesanwalt Michael Lauber. Der Vorwurf gegen den FIFA-Präsidenten lautet unter anderem Anstiftung zum Amtsmissbrauch. «Überall sind die Menschen von der neuen FIFA überzeugt», sagte Infantino. «Ich sollte besser sagen: fast überall.»

Zum Zeitpunkt der Treffen mit Lauber steckte die FIFA noch in der Aufarbeitung der Skandalzeit um Ex-Präsident Joseph Blatter. Allerdings gab es auch Vorwürfe gegen Infantino aus seiner Zeit als UEFA-Generalsekretär, die die Schweizer Justiz beschäftigen.

Die Treffen seien arrangiert worden, um zu zeigen, «dass die neue FIFA Meilen, Welten entfernt ist von der alten FIFA.» Der Weltverband sei in der Vergangenheit «Opfer von korrupten Offiziellen geworden, darunter leidet die FIFA immer noch». Noch im Jahr 2015, als etliche Verhaftungswellen den Verband erschüttert hatten, sei die FIFA «toxisch» gewesen, «für tot erklärt».

Es sei deshalb seine Pflicht gewesen, sich mit dem Schweizer Bundesanwalt zu treffen, sagte Infantino, der sich für die «große Unterstützung» aus den Reihen der 211 Mitgliedsverbände bedankte. «Du musst dich mit deiner Vergangenheit auseinandersetzen.»

In der Gegenwart versucht der Weltverband, sich mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie zu arrangieren. «Das Virus hat uns gezeigt, dass die Gesundheit das Allerwichtigste ist», sagte Infantino. «Die Gesundheit kommt zuerst - auch vor dem Fußball.»

Finanziell muss der Weltverband Einbußen hinnehmen. Für 2020 rechnet die FIFA mit einem Verlust vor Steuern von 794 Millionen US-Dollar, wie aus dem überarbeiteten Finanzbericht hervorgeht, der vom Kongress abgesegnet wurde. Im vorherigen Finanzbericht war der Weltverband noch von einem Betriebsergebnis vor Steuern von minus 624 Millionen Dollar ausgegangen. Die Einnahmen gehen unter anderem aufgrund von Änderungen am internationalen Spielkalender um mehr als 200 Millionen Dollar zurück.

Mittelfristig bleibt die FIFA aber bei ihrer Finanzprognose. Für den WM-Zyklus 2019 bis 2022 wird insgesamt weiterhin mit einem Gewinn von 100 Millionen Dollar gerechnet. Der Weltverband hatte zuletzt beschlossen, dass den nationalen Verbänden zur Bewältigung der Folgen der Coronavirus-Pandemie insgesamt 1,5 Milliarden US-Dollar an Zahlungen und Darlehen zur Verfügung gestellt werden. Die Gelder sollen bis zum Januar 2021 an die Mitgliedsverbände fließen.

Infantino bezeichnete das Hilfspaket als «historisch». Es gebe «nichts Vergleichbares im Sport», sagte der Schweizer. «Wir können das tun, weil die FIFA gesund und solide aufgestellt ist.» Der Weltverband stecke nicht in der Krise, «aber der Fußball», führte Infantino aus. «Deshalb war es für mich sofort klar, dass die FIFA helfen muss.»

Jeder der 211 Mitgliedsverbände kann bis zu 1,5 Millionen Dollar an Unterstützung beantragen. Davon sind 500.000 Dollar zweckgebunden für den Frauenfußball. Für Kontinentalverbände sind zwei Millionen Dollar vorgesehen.

«In der neuen FIFA, meine Freunde, verschwindet kein Geld mehr. Das Geld geht dahin, wohin es soll, um dem Fußball zu helfen», sagte Infantino. «Wir wissen genau, wohin das Geld geht. Alles ist voll transparent.» Die Milliarden-Hilfe werde «nicht alle Probleme lösen, aber sie hilft».

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