Delhi will Affen zählen

Indisches Affenproblem 

Ein indischer Affe macht ein Nickerchen auf einer Treppe in Neu-Delhi. Foto: epa/Rajat Gupta
Ein indischer Affe macht ein Nickerchen auf einer Treppe in Neu-Delhi. Foto: epa/Rajat Gupta

NEU DELHI: Viele Menschen in der indischen Hauptstadt fühlen sich von Affen belästigt - aber verehren sie gleichzeitig als eine Verkörperung eines wichtigen Gottes. Die Behörden wollen nun endlich eine Lösung eines leidigen Problems finden - und wollen mit zählen beginnen.

Affen sind überall in der indischen Hauptstadt Neu Delhi. Die Tiere laufen in Gruppen durch die Straßen, springen durch offene Fenster in Wohnungen, öffnen Kühlschranktüren und nehmen Essen mit. Sie baden in Wassertanks, die Menschen auf ihren Dächern haben oder zerstören auch mal Satellitenschüsseln. Sie haben schon Corona-Test-Blutproben oder Geldbörsen geklaut und später Geldnoten herumgeworfen. Vor einigen Jahren starb ein stellvertretender Bürgermeister der Hauptstadt, nachdem ihm die Tiere beim Zeitungslesen auf der Terrasse nahe kamen, er davonrannte und von der Terrasse stürzte. Affen beißen immer mal wieder Menschen - auch Touristen beim berühmten Mausoleum und Unesco-Weltkulturerbe Taj Mahal - wodurch Tollwut übertragen werden kann und das endet für Menschen unbehandelt in der Regel tödlich. Affen haben auch schon Menschenbabys getötet - etwa indem sie sie von einem Dach oder in einen Wasserbehälter warfen.

Seit Jahren zerbrechen sich die Menschen in der Hauptstadt die Köpfe darüber, wie sie die Konflikte mit den Affen verringern können. Eine wirklich gute Lösung hatten sie bislang nicht gefunden. Tierschützer sehen die Menschen als Hauptursache für das Affenproblem: Denn sie nähmen den Affen und anderen Tieren wie Tigern und Elefanten zunehmend den Lebensraum weg, indem sie dort Häuser bauen, sagt Wasim Akram von der Organisation Wildlife SOS. Zudem hätten Affen in Städten wie Delhi Nahrungssicherheit, wodurch sie sich stärker vermehrten. Die Affen finden Nahrung in Mülleimern und Menschen füttern sie auch von sich aus immer wieder. Denn in Indien sind die Menschen nicht nur von Affen genervt. Sie verehren sie auch. Denn die hinduistische Bevölkerungsmehrheit betet den Affengott Hanuman an und Affen gelten als seine Nachkommen, die man also nicht schlecht behandeln soll.

Um das Affen-Mensch-Konfliktpotenzial zu verringern, haben die Behörden bislang unter anderem versucht, Affenfänger einzusetzen, die die Tiere fangen und an den Stadtrand umsiedeln. Aber auch dort haben die Affen schon Chaos gestiftet. Das höchste Gericht hat vor einigen Monaten per Ausschreibung Affenvertreiber gesucht, um die Tiere von den Häusern ihrer Richter fernzuhalten.

Wie viele Affen genau in der Megametropole leben, ist unklar. Nun wollen die Behörden dies mit einer Affenzählung ändern - um so etwa auch zielgenauere Maßnahmen ergreifen zu können, sagt SN Yadav von der Kommunalverwaltung in Delhi. Wann genau die Zählung stattfinden soll, ist noch unklar. Finanzierungsfragen seien noch nicht geklärt, hieß es. Aber es gebe für die Zählung schon genauere Vorstellungen, die mit dem Wildlife Institute of India (WII) unter dem Umweltministerium erarbeitet worden seien. So soll etwa Gesichtserkennungstechnologie eingesetzt werden, um einen Affen nicht doppelt zu zählen. Dann sollen Hauptkonfliktgebiete zwischen Affen und Menschen identifiziert werden und dort soll punktgenau interveniert werden.

Nach der Affenzählung könnten bei den Hotspots einige Affen zeitweise eingefangen und sterilisiert werden, sagt Wasim Akram. Dies sei die einzige wissenschaftliche Art und Weise, die Affenpopulation zu kontrollieren.

Tierschutzorganisationen und involvierte Behörden stimmen auch darüber ein, dass neben dem Sterilisieren von Affen, besonders Menschen darüber aufgeklärt werden sollten, die Tiere nicht zu füttern. Denn einfach ist es nicht, das Affenproblem zu lösen, wenn Menschen die Tiere gleichzeitig als Affengottvertreter verehren, sie füttern und so zur Vergrößerung der Affenpopulation beitragen.

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Derk Mielig 25.10.22 03:00
@Schwake - Danke
Was es heute doch so alles gibt.
Rolf W. Schwake 25.10.22 00:11
Verhütung durch Nahrungsaufnahme
Ich habe es persönlich noch nicht angewandt, weiß aber als alter Jäger, dass die wildbiologische Forschung ziemlich weit vorangeschritten ist, näheres kann man unter ... https://www.wildtierschutz-deutschland.de/single-post/2018/01/08/Pille-Wildschwein ... nachlesen, Nebenwirkungen sind anscheinend nicht bekannt. Und als ehemaliger Hundezüchter (Schwarzwildbracken) weiß ich, dass meine Hunde jede Pille geschluckt haben, wenn ich sie in einem "Leckerlie" versteckt hatte.
Derk Mielig 24.10.22 17:10
@Schwake
Gibt es sowas, Verhütung über die Nahrungsaufnahme? Und wie sind die Nebenwirkungen?
Rolf W. Schwake 24.10.22 17:00
Probleme mit Affen ...
... kann man eigentlich nur dadurch mindern, dass man die Tiere füttert und dem Futter ein Verhütungsmittel beifügt, so dass die Reproduktionsrate dadurch bis auf das gewünschte Maß gesenkt wird.