Indiens Premier legt Grundstein für Tempel

Wo einst Moschee stand

Zeremonie zur Grundsteinlegung des Rama-Tempels in Ayodhya. Foto: epa/India Presseinformationen Bureau
Zeremonie zur Grundsteinlegung des Rama-Tempels in Ayodhya. Foto: epa/India Presseinformationen Bureau

NEU DELHI: Indiens Premier Narendra Modi hat den silbernen Grundstein eines Tempels gelegt - an einem Ort, wo einst eine Moschee stand. Es ist ein Triumph für die hindunationalistische Führung des Landes, wo sich aber viele Muslime, die mit 14 Prozent der Bevölkerung die größte Minderheit stellen, zunehmend unwohl fühlen. Der Premier sagte bei der Zeremonie mit hinduistischen Gesängen und dem Segnen mit heiligem Wasser am Mittwoch: «Indien ist überglücklich, da Jahrhunderte des Wartens heute ein Ende gefunden haben. Millionen hätten nicht geglaubt, dass sie diesen Tag in unserer Lebenszeit erleben würden.»

Der Ort, wo der Tempel entstehen soll, hat schon lange zu Konflikten zwischen Hindus und Muslimen geführt. Für Hindus ist es der Geburtsort des wichtigen Hindu-Gottes Ram und einige glauben, dass dort vor Jahrhunderten mal ein Tempel stand, den Muslime zerstört hatten.

Für Muslime ist es ein Ort, wo einst eine jahrhundertealte Moschee stand, die Hindu-Fanatiker vor knapp 30 Jahren zerstört hatten. Bei den damals folgenden Unruhen kamen rund 2000 Menschen ums Leben. Nach langem Rechtsstreit hatte das höchste Gericht der größten Demokratie der Welt den Tempelbau in der nordindischen Stadt Ayodhya schließlich Ende des vergangenen Jahres erlaubt. Muslime erhielten ein anderes Stück Land für eine neue Moschee.

Premier Modis hindunationalistische Partei hatte den Bau des Tempels in Ayodhya schon seit den 1980ern Jahren versprochen. Modi sagte, dass Gott Ram jahrelang in einem Zelt leben musste. Jetzt könne er in einem großartigen Tempel leben, den seine Anhänger für ihn bauten. Er soll geschätzte drei Milliarden Rupien (knapp 34 Millionen Euro) kosten und zu den Wahlen 2024 fertig sein.

Viele Hindus in der feierlich geschmückten Stadt Ayodhya feierten und zündeten Kerzen an. Der Tempelbau ist für die Regierung auch eine willkommene Ablenkung von der Corona-Situation. Zurzeit nehmen die bekannten Neuansteckungen im Land schneller zu als sonst wo.

Der Tag der Grundsteinlegung liegt außerdem genau am ersten Jahrestag der Erfüllung eines anderen Wahlversprechens. Damals hatte die Regierung der mehrheitlich muslimischen Kaschmir-Region im Himalaya einen Teilautonomiestatus entzogen, um das Gebiet stärker ins mehrheitlich hinduistische Indien zu integrieren. Viele Kaschmirer waren gegen die Neuregelung. Doch die Regierung schickte mehr Truppen in die Unruheregion, blockierte zeitweise Telefon- und Internetverbindungen und ließ Hunderte Regionalpolitiker und Aktivisten festnehmen - das alles sollte den Widerstand ersticken.

Der neue Tempel und die Teilautonomieaberkennung in Kaschmir sind zwei Dinge, die bei etlichen Beobachtern Ängste schüren, dass sich Indien zunehmend von säkularer Demokratie, die Minderheitenrechte schützt, wegbewegt und Religion und Mehrheitspolitik wichtiger werden.

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