Indien lockert nach Autonomie-Entzug eisernen Griff in Kaschmir

SRINAGAR (dpa) - Mit dem Entzug der Teilautonomie vor zwei Wochen im indischen Teil der Himalaya-Region Kaschmir blockierte die Regierung in Neu Delhi auch weitgehend das öffentliche Leben - aus Sorge vor Protesten in der vorwiegend muslimischen Region. Jetzt geht Einiges wieder.

Knapp zwei Wochen nach dem Entzug der Teilautonomie und der verhängten Einschränkungen für Telekommunikation und Bewegungsfreiheit lockert die Regierung in Neu Delhi ihr striktes Vorgehen im indischen Teil von Kaschmir etwas. Im vorwiegend muslimisch bewohnten Kaschmir-Tal nahmen am Wochenende zahlreiche Festnetzzentralen ihren Betrieb wieder auf, wie Regierungssprecher Rohit Kansal mitteilte. Allerdings waren in dem Tal und in der größten Stadt Srinagar Mobilfunk und Internet weiter blockiert.

Autos, Busse und Rikschas durften in Srinagar am Sonntag wieder fahren, wie auf Aufnahmen der staatlichen TV-Sender und auf dem Twitter-Konto der Polizei des Bundesstaates Jammu und Kaschmir zu sehen war. Die Innenstadt von Srinagar blieb aber weiter gesperrt - dort hatte es am Freitag und Samstag vereinzelt Zusammenstößen zwischen Protestierenden und Sicherheitskräften gegeben, wie Kansal bestätigte.

Das Kaschmir-Tal gilt als Hauptstätte muslimischer Proteste, die seit den 1980er Jahren eine Abspaltung vom hinduistisch geprägten Indien zum Ziel haben. In der Region Jammu des Bundesstaates Jammu und Kaschmir ging das Internet wieder.

Indiens Regierung hatte dem vorwiegend muslimisch geprägten Bundesstaat Jammu und Kaschmir am 5. August den Teilautonomiestatus entzogen und damit die jüngste Eskalation in der Dauerfehde mit Pakistan ausgelöst. Premierminister Narendra Modi will mit der Aufhebung des Sonderstatus das Kaschmir-Gebiet stärker in das mehrheitlich hinduistische Indien integrieren. Bisher hatte die Region unter anderem eine eigene Verfassung und weitgehende politische Kompetenzen. Viele Kaschmirer sind gegen die Neuregelung.

Der Entzug der Teilautonomie hatte auch Indiens Nachbarn und Erzfeind Pakistan aufgebracht. Beide Atommächte streiten seit ihrer Unabhängigkeit von Großbritannien vor mehr als 70 Jahren um die Region im Himalaya. Beide beherrschen jeweils einen Teil von Kaschmir, ein weiterer Teil gehört zu China.

Am Freitag hatte der UN-Sicherheitsrat über die Lage in der Unruheregion beraten - auf Antrag Chinas, das wiederum einer Bitte Pakistans nachkam. Pakistans Ministerpräsident Imran Khan bewertete das Treffen, auf dem kein Beschluss gefasst wurde, anschließend positiv. Die Sitzung habe elf frühere Resolutionen des Sicherheitsrates bestätigt, nach denen Kaschmir das Recht zur Selbstbestimmung habe.

US-Präsident Donald Trump hatte zuvor an Khan appelliert, das Gespräch mit Indien zu suchen. Das Weiße Haus teilte am Freitag (Ortszeit) mit, in einem Telefonat mit Khan habe Trump betont, Indien und Pakistan müssten die Spannungen durch Dialog reduzieren. Indien lehnte eine Vermittlung Trumps allerdings ab.

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