Im Scheinwerferlicht Thailands kehrt ein harter Besen

Neuer Immigrationschef Surachate Hakparn: Jeden Stein umdrehen

Der neue Chef der Immigration in Thailand: Generalmajor Surachate Hakparn ist seit Ende September an der Spitze der einflussreichen Behörde und kündigt drastische Maßnahmen an.
Der neue Chef der Immigration in Thailand: Generalmajor Surachate Hakparn ist seit Ende September an der Spitze der einflussreichen Behörde und kündigt drastische Maßnahmen an.

BANGKOK. Der Mann macht keine Witze, wenn es um seine Arbeit und sein Ansehen in der Öffentlichkeit geht. Surachate Hakparn, Generalmajor und ehemals Vize der thailändischen Tourist Police, ist die Karriereleiter erneut rasant emporgeklettert und bekleidet seit 28. September eines der wichtigsten Ämter im Königreich: Leiter der Immigrationsbehörde landesweit.

Schon als Hauptsprachrohr der Touristenpolizei Thailands hatte der von den Medien gerne mit seinem Spitznamen „Big Joke“ benannte Aufsteiger des Jahres Schlagzeilen um Schlagzeilen generiert. Keine Verhaftungswelle krimineller ausländischer Kleinganoven und Visa-Überzieher ohne sein Foto auf den Titelblättern, keine Skandalgeschichte mit landesweiter Tragweite ohne ihn als Chefermittler und Regisseur. Der Generalmajor, der nun als Kopf der Immigration auch für das Schicksal aller im Land lebender Langzeitresidenter verantwortlich ist, kündigte bei seinem Amtsantritt Taten statt Worte an.

Kein Tipp mehr für Immigrationsbeamte als erster Schritt

Surachate „Big Joke“ Hakparn hielt was er versprach. Als erste Aktion beschloss er das Ende der üblichen Trinkgeld-Prozedur bei den Immigrationsbehörden an Flughäfen und auch in den hunderten von landesweiten Grenzstationen und Außenstellen. „No Tipp“ – kein Bonus für Beamte – prangt es nun von schnellstens aufgestellten Werbetafeln, die das rumpelige Image der Einwanderungsbehörde in ein sauberes Licht rücken sollen. War es bisher durchaus üblich gewesen, mit ein paar Geldscheinen im Pass einen schnelleren Service bei der Dienstleistung zu erhalten, soll ab sofort gleiches Recht für alle bei gleicher Gebührenordnung gelten.

Der Applaus war ihm sicher und Surachate Hakparn stocherte nicht nur in ein Wespennest traditioneller Immigrationspolitik, er machte auch deutlich, dass er gefälligen Beamten künftig stärker in die Parade ihres lukrativen Nebenerwerbs fahren wolle. Am Flughafen Suvarnabhumi in Bangkok wurden hohe Immigrationsoffiziere auf inaktive Posten versetzt, weil sie bei der Tipp-Off-Praxis kräftig mitgemischt haben sollen. Auch im Großbezirk Bangkok rollten erste Köpfe. Hier sollen Polizisten der Immigration Hand in Hand mit sogenannten Visa-Beschaffern gearbeitet und illegal den Aufenthalt von Tausenden von Personen im Königreich befördert haben.

Korrupte Immigration? Nun soll alles anders und besser werden…

Selbst kritische Stimmen fanden daran nichts auszusetzen. Die Gangart der Immigrationsbehörden im Land war seit Jahren kein wirkliches Geheimnis gewesen – allerdings hatte bis auf wenige Kritiker, darunter bei der Amtsübernahme nach dem Militärputsch Premier Prayuth Chan-o-cha (O-Ton: …die Immigration ist die korrupteste Behörde Thailands…) – kaum einer wirklich etwas an der Vergabepraxis von Visa geändert. Nun soll alles anders und besser werden, verspricht Generalmajor Hakparn.

Auf der Ferieninsel Koh Samui strecken nicht nur 2,5 Millionen Touristen jährlich ihre Füße in den warmen weißen Sandstrand. Hier leben geschätzt auch etwa 8.000 Auswanderer aus der ganzen Welt, vorwiegend aus Europa. Sie erleben stellvertretend, dass es nicht immer einfach ist, seinen Jahresaufenthalt in Thailand zu verlängern, sprich für ein weiteres Jahr ein Rentnervisum oder einen ´Resident of stay´ mit Arbeitserlaubnis der Klasse B zu erhalten.

Neben der jährlich neuen Detailauflagen bei der Bereitstellung eines unsäglichen Dokumentenpaketes mit persönlichen Fotos der Antragsteller und ihrer Privatbehausung sowie allen Finanznachweisen machte vor allem eine Praxis die Runde: die Visagebühr fürs Jahr beträgt laut Verordnung der thailändischen Immigration, überall auf Hinweisschildern ausgeflaggt, 1.900 Baht. Die meisten bezahlten seit Jahren 5.000 Baht und wohin der Rest des Geldes floss, mag irgendwo zwischen der „Tipp-off“-Schatulle oder der Mitfinanzierung eines gehobeneren Lebensstandards der/des Sachbearbeiters/in gelegen haben.

Visagebühren: 5.000 Baht statt der gesetzlichen 1.900 Baht einkassiert

Ob es Generalmajor Surachate Hakparn tatsächlich gelingen wird, eine verbindliche und übereinstimmende Vergabepraxis durchzudrücken, bei gleicher Bezahlung, auch daran wird seine Glaubwürdigkeit in den nächsten Monaten gemessen werden. Noch vor wenigen Tagen stieß beispielsweise Urlaubern die Tatsache sauer auf, dass nach der Visa-Verlängerung bei Bezahlung der 1.900 Baht Gebühren mit zwei 1000 Baht Noten kaum einmal das Wechselgeld von 100 Baht zurückfloss. Eine Tipp-Einbehaltung statt einer Tipp-off-Aktion.

In der Praxis der Visaerteilung ist seit mehr als zwei Jahrzehnten die Beihilfe einschlägiger Visa-Agenturen ein unverzichtbarer Bestandteil gewesen und ist es noch bis heute. Wer in Pattaya seinen Lebensabend verbringt, auf Phuket sein Rentnerdasein genießt oder auf Koh Samui eine kleine Thai GmbH über die Runden bringen will, hat zwei Möglichkeiten. Entweder 800.000 Baht auf einem thailändischen Bankkonto oder mindestens den gleichen Anteil monatlicher Rente nachweisbar dokumentiert (bei mit Thais verheirateten Personen die Hälfte/die Red.) und damit die Chance, eine permanente Aufenthaltsgenehmigung für ein Jahr ohne Ausreise zu erhalten. Oder den turnusmäßigen dreimonatlichen Visarun in einen der Grenzstaaten Thailands zu unternehmen. Mühsamer als die übliche 90tägige Meldepflicht und Gesichtskontrolle aller Ausländer bei einer zuständigen Immigration.

Für im Land arbeitende Ausländer ist eine gültige Work Permit unerlässlich – doch seit drei Jahren ist auch eine Gängelung von Kleinunternehmern in vielen Immigrationsstellen beklagt worden. „Es ist, als wolle man uns hier nicht mehr haben“, sagt ein Restaurantbetreiber aus Schweden, der seit 21 Jahren sein Lokal auf Koh Samui betreibt. Nicht nur er kritisiert kopfschüttelnd, vor allem Arbeitsvisa B seien paradoxerweise mehr in den Fokus gerückt als illegale Unternehmer.

Nur mit professionellen Agenturen die Chance auf ein Jahresvisum gehabt

Weil bei nachweislich legalen Firmen mit ausländischer Beteiligung in der Vergangenheit immer wieder mal willkürlich statt eines Jahresvisums nur drei Monate oder weniger gewährt worden waren, ob in Penang (Malaysia) oder in Phnom Phen (Kambodscha), ließen sich viele Unternehmer mit professionellen Agenturen ein. Diese lieferten, ganz gleich, ob sich die thailändischen Immigrationsbehörden und ihre ausländischen Konsulate mal wieder quer gestellt hatten. Mit ihnen war die Chance auf die Erteilung eines gültigen Jahresvisums sicherer und funktionierte. Alle waren zufrieden und Thailands Rechtsstaatlichkeit nahm keinen Schaden.

Sollte Surachate Hakparn alle diese Agenturen mit einem Handstreich erledigen und ihren Wirkungsgrad auf Null drehen, wird es einen mächtigen Aufschrei bei ausländischen Unternehmern geben. Können die von Hakparn als allein legal bezeichneten Immigrationsbehörden dann tatsächlich auch legale Voraussetzungen und gleiches Recht für alle schaffen? Auf Knopfdruck und per Anordnung ließen sich solche Verordnungen in der Vergangenheit selten durchsetzen. Der Wille und der Ehrgeiz mögen stark sein, aber das Fleisch der ausführenden Immigrationsmitarbeiter bleibt dasselbe und schwach…

Zielgruppe Nummer 1: Ausländische Straffällige und Visasünder

Von der bis jetzt gängigen Praxis der Visabeschaffung hatten alle profitiert –auch die Beamten und Honorarkonsulate der unterschiedlichen Immigrations-Zuständigkeiten. Sollte dieses System ersatzlos gekippt werden und die Neuregulierung nicht funktionieren, dann wird der harte Besen von „Big Joke“ für manchen Unternehmer und Rentner im Paradies einen Kehraus der ungewünschten Art produzieren. Legal leben und arbeiten in Thailand kann dann noch problematischer werden, auch wenn kaum einer der Betroffenen in der Vergangenheit in irgendeiner Form rechtswidrig in Erscheinung getreten war.

Hakparn hat in seiner Entschlossenheit wie sein Vorgänger vor allem einen Landesfeind benannt: ausländische Rechtsbrecher. Der englische Arbeitstitel einer entsprechenden Kampagne der Immigration spricht Bände: Good guys in, bad guys out – auf Deutsch, gute Zuwanderer rein und schlechte raus. Wer willkommen ist oder böse, entscheidet einzig die Behörde, die seit jeher über Recht- oder Unrecht wacht. Die Immigration. Zumindest das dürfte sich auch in Zukunft nicht ändern. Dass Ausländer in Thailands Kriminalstatistik kaum eine Rolle spielen, lassen Thaibehörden aller Art stets unerwähnt.

Quelle: Foto: Tourist Police

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