Im Schatten des Brexits

Worum es beim EU-Gipfel sonst noch geht

Foto: epa/Olivier Hoslet
Foto: epa/Olivier Hoslet

BRÜSSEL (dpa) - Wie geht es weiter mit den Briten? Das Brexit-Chaos in London dürfte auch beim ersten EU-Gipfel 2019 das beherrschende Thema sein. Doch haben die Staats- und Regierungschefs an diesem Donnerstag und Freitag auch etliche andere wichtige Dinge auf dem Tisch. Ein Überblick:

CHINA

Im Umgang mit dem Machtstreben Chinas ist die EU bislang eher ein zahnloser Tiger. Wenn es nach der Brüsseler EU-Kommission geht, soll sich das nun ändern. Doch können sich die Mitgliedstaaten auf eine gemeinsame Strategie verständigen? Kompliziert macht die Sache, dass China nicht nur wirtschaftlicher Konkurrent und Systemrivale ist, sondern auch als Partner benötigt wird. Zum Beispiel dann, wenn es um den Kampf für freien Welthandel geht, der von US-Präsident Donald Trump infrage gestellt wird. Umstritten ist zwischen EU-Ländern vor allem, mit welchen neuen Mitteln gegen unfaire Wettbewerbspraktiken der Chinesen vorgegangen werden soll. So sind Länder wie die Niederlande der Auffassung, dass Abschottung nicht einfach mit Abschottung beantwortet werden sollte.

INDUSTRIE- UND WETTBEWERBSPOLITIK

Dieses Thema ist eng verbunden mit der neuen China-Strategie. Deutschland und Frankreich hatten zuletzt für eine stärkere Rolle des Staates in der Industriepolitik getrommelt. Beide Länder wollen auch eine Reform des EU-Wettbewerbsrechts, um die Schaffung «Europäischer Champions» zu erleichtern, die im globalen Konkurrenzkampf bestehen könnten. Der EU-Gipfel dürfte aber noch keine großen Sprünge bringen.

Fairer Wettbewerb innerhalb der EU und weltweit müsse gewährleistet werden, um Verbraucher zu schützen und Wirtschaftswachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, heißt es vage in einem Entwurf der Gipfelerklärung. Die EU-Kommission soll aufgefordert werden, bis März 2020 eine langfristige Industriestrategie vorzulegen.

KONJUNKTUR UND BINNENMARKT

Nach jahrelangem Wachstum kommen schwierigere Zeiten. Die EU-Kommission und die Bundesregierung haben ihren Konjunkturausblicke deutlich nach unten revidiert. Die Staaten wollen nun durch Investitionen und Strukturreformen gegensteuern. Zudem soll die sogenannte Kapitalmarktunion vorangebracht werden. Dabei geht es darum, bürokratische Hürden zwischen den EU-Staaten abzubauen und Unternehmen mehr Möglichkeiten zu geben, sich Geld zu beschaffen. Verbraucher sollen mehr Optionen für Geldanlagen - etwa in EU-Altersvorsorgeprodukte - erhalten.

KLIMASCHUTZ

Die EU-Staats- und Regierungschefs beraten erstmals die langfristige Klimaschutzstrategie für die nächsten Jahrzehnte. Nach einem Vorschlag der EU-Kommission soll die Europäische Union bis 2050 «klimaneutral» werden. Das heißt, Wirtschaft, Energieversorgung und Verkehr müssen so umgebaut werden, dass keine neuen Treibhausgase entstehen oder diese Gase eingefangen werden. Nicht alle EU-Staaten tragen die ehrgeizige Linie der Kommission mit, wie ein hoher EU-Beamter vorab sagte. Auch über das Tempo sei man uneins. In der Gipfelerklärung will man sich abermals zum Pariser Klimaabkommen von 2015 bekennen und sich vornehmen, die Langfriststrategie 2020 fertig zu bekommen.

DESINFORMATION

Als «Desinformation» oder «Fake news» werden falsche oder irreführende Informationen bezeichnet, die mit dem Ziel der vorsätzlichen Täuschung der Öffentlichkeit verbreitet werden und die «öffentlichen Schaden» anrichten können. Mit Blick auf die Europawahl im Mai wollen die EU-Staaten an soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter appellieren, stärker dagegen vorzugehen. Wenn sie das nicht freiwillig tun, könnten sie künftig gesetzlich dazu gezwungen werden. Sorge der EU-Staaten ist es, dass etwa Russland versuchen könnte, die EU durch Desinformationskampagnen zu destabilisieren. Das wiederum könnte vor Wahlen dazu führen, dass Bürger «keine informierten Entscheidungen mehr treffen können, sondern stattdessen durch gezielte Falschinformationen in eine Richtung gelotst werden», warnt die Bundesregierung.

UKRAINE

Fünf Jahre nach der Annexion der Schwarzmeer-Halbinsel Krim durch Russland wollen die Staats- und Regierungschefs noch einmal ihre Unterstützung für die Ukraine zum Ausdruck bringen. «Die EU bekräftigt, dass sie diese Verletzung des Völkerrechts nicht anerkennt und weiter verurteilt», heißt es es zur Krim-Annexion im Entwurf für die Abschlusserklärung.

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