Im Kampf gegen die Dämonen der Vergangenheit: Aichners «Bösland»

Foto: wikimedia/Bwag
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BERLIN (dpa) - Ein Mann mit einem schlimmen Schicksal steht im Mittelpunkt von Bernhard Aichners Roman «Bösland». Nach dem Mord an einem Mädchen landet er als Jugendlicher in der Psychiatrie. Als er wieder frei ist, geht das Morden weiter. Aber vielleicht iat alles ganz anders.

Mörder, die die Sympathien der Leser gewinnen, und spannende Handlungen voll überraschender Wendungen - mit diesen Elementen hat der Österreicher Bernhard Aichner in den vergangenen Jahren zahlreiche begeisterte Leser gefunden. Nach der «Totenfrau»-Trilogie um die mordende Bestatterin Brünhilde Blum hat er für seinen neuen Roman «Bösland» erneut Spannung, psychologische Abgründe und tiefschwarzen Humor kombiniert.

Im Mittelpunkt des Romans steht Ben. Als die Handlung im Jahre 1987 einsetzt, lebt der 13-Jährige mit seinen Eltern auf einem abgelegenen Bauernhof. Es ist eine schreckliche Zeit für ihn, denn der Mittelpunkt seines Lebens ist der Dachboden des elterlichen Hauses. Ben nennt es «Bösland», denn dort verprügelt ihn sein Vater regelmäßig aus nichtigen Gründen.

Erst mit dem plötzlichen Selbstmord des Vaters verbessert sich Bens Leben. Er findet in dem gleichaltrigen Felix einen Freund, mit dem er unbeschwerte Zeiten verbringt, die er sogar mit einer Schmalfilmkamera dokumentiert. Bald schließt sich den beiden sogar noch ein Mädchen namens Matilda an.

Mit Matilda kehrt jedoch der Schrecken in Bens Leben zurück. Nach einiger Zeit wird Ben mit der toten Matilda im Arm gefunden, ihr Kopf ist brutal eingeschlagen. Traumatisiert wie er ist, kann sich Ben an nichts erinnern und kommt für 13 Jahre in die Psychiatrie, bis er in eine neue, unauffällige neue Existenz scheinbar ohne Vergangenheit startet.

Aber ganz so einfach lässt sich die Vergangenheit doch nicht verdrängen. Bens Psychiaterin ermutigt ihn, wieder das Haus zu besuchen, in dem er seine Jugend verbracht hatte. Per Zufall findet er dann auch noch eine Spur seines Freundes Felix, der sich nach dem Mord völlig von ihm zurückgezogen hatte.

Nun beginnt ein psychologisches Katz-und-Maus-Spiel zwischen Ben und Felix, das an Spannung und Dramatik nichts zu wünschen übrig lässt. Dabei überlässt Ben sich scheinbar dem Moment. «Keine Regeln, keine Richtung, kein Plan», fasst Ben seine Grundeinstellung zusammen. Er driftet durch sein Leben und versucht das Beste daraus zu machen, aber ein durchdachtes Handeln ist von ihm nicht wirklich zu erwarten.

Es dauert nicht lange, bis ein weiterer Mord geschieht und Ben der Hauptverdächtige ist. Hat ihn das, was er beim Besuch in seinem Elternhaus entdeckt hat, so aus der Bahn geworfen, dass sein Mordtrieb wieder die Überhand über seine Selbstkontrolle gewonnen hat?

Die beiden Männer spielen nach außen die besten Freunde, versuchen aber zugleich den anderen zu einem entscheidenden Schritt zu bewegen, so dass die Vergangenheit für immer begraben und die ruhige Zukunft gesichert wäre. Die beiden umkreisen und belauern einander, sogar im gemeinsamen Thailand-Urlaub, in dem das Psycho-Duell immer aberwitzigere Züge annimmt.

Bernhard Aichner unterstützt die Spannung der Erzählung durch die Konstruktion des Romans. Kapitel, in denen Ben seine Erlebnisse und Gedanken schildert, wechseln sich ab mit Passagen, die nur aus Dialogen bestehen, die Ben mit unterschiedlichen Gesprächspartnern führt. So erfahren die Leser nur das, was Ben weiß, und das, was er selbst nach außen hin zugibt.

«Bösland» bietet eine gelungene Mischung aus Spannung, absurdem Humor und ständigen, völlig überraschenden Wendungen. Immer wieder bietet der Roman absurde Situationen und Abgründe, die bisweilen die Frage aufwerfen, ob das «Bösland» nur der Dachboden von Bens Elternhaus war oder ob es nicht überall ist.

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