Humor ist Trumpf

​71. Internationalen Filmfestival von Locarno

(l-r.) Raphael Brunschwig, Marco Solari, Carlo Chatrian und Nadia Dresti. Foto: epa/Alessandro Crinari
(l-r.) Raphael Brunschwig, Marco Solari, Carlo Chatrian und Nadia Dresti. Foto: epa/Alessandro Crinari

LOCARNO (dpa) - Locarno bietet dem Kino eine einmalige Tribüne. Auch deutsche Stars reisen wieder an den Lago Maggiore und hoffen auf einen der begehrten Preise des neben Berlin, Cannes und Venedig wichtigsten Festivals.

Schauspielstars unterm Sternenzelt, kühle Drinks beim Filmegucken und die größte Kinoleinwand der Welt: Mit seinen abendlichen Freiluftaufführungen für oft mehr als 8000 Zuschauer auf der Piazza Grande von Locarno bietet das Internationale Filmfestival wirklich Einmaliges. Zum 71. Mal lädt es vom 1. bis 11. August in den idyllischen Ort am Schweizer Ufer des Lago Maggiore. Auch deutsche Schauspielstars wie Barbara Auer und Sophie Rois und Regie-Prominenz wie Sandra Nettelbeck («Bella Martha») und Jan Bonny («Gegenüber») werden erwartet.

Jan Bonnys Spielfilm «Wintermärchen» erzählt von jungen Rechtsextremem. Das Anti-Terrorismus-Drama bewirbt sich neben 14 anderen Filmen aus aller Welt um den Hauptpreis, den Goldenen Leoparden. Realisiert wurde der Film von der Kölner Produzentin Bettina Brokemper, die durch ihren Mut zu ungewöhnlichen Filmprojekten wie die 2016 von der Schauspielerin Nicolette Krebitz inszenierte freizügige Erotik-Studie «Wild» bekannt wurde.

Bettina Brokemper gehört zu den namhaftesten Protagonistinnen erfolgreicher Frauen-Power in der deutschen Filmbranche. Diesbezüglich hat auch Regisseurin Sandra Nettelbeck einen guten Ruf. Die Autorin und Regisseurin erzählt in ihrer mit Johanna Ter Steege, Barbara Auer, Sophie Rois und August Zirner hochkarätig besetzten Tragikomödie «Was uns nicht umbringt» die Geschichte eines nicht mehr jungen Mannes in einer Lebenskrise. Nettelbeck und ihre Hauptdarsteller werden den Film außerhalb des Wettbewerbs auf der Piazza Grande von Locarno präsentieren. Dort haben sie die Chance, den begehrten Publikumspreis zu gewinnen.

Ebenfalls aus Deutschland kommt die Nachwuchsregisseurin Eva Trobisch. Sie geht mit ihrem Spielfilm-Debüt «Alles ist gut» ins Rennen um eine der Auszeichnungen in der dem Nachwuchs vorbehaltenen Sektion «Cineasti del presente» («Filmemacher der Gegenwart»). Das Kammerspiel beleuchtet den Alltag einer jungen Frau, die nach einer Vergewaltigung ihr Dasein neu zu ordnen versucht. Eva Trobisch hat dafür Anfang Juli beim Münchner Filmfest gleich zwei wichtige Ehrungen bekommen.

Das 1946 gegründete Festival von Locarno gilt nach Cannes, Berlin und Venedig als weltweit wichtigstes Forum des Kinos. Das Motto des Festivals lautet «Hier sind die Filme die Stars!» Dennoch werden auch einige Prominente erwartet, in diesem Jahr etwa die Hollywood-Größen Meg Ryan und Ethan Hawke und der französische Star-Schauspieler Jean Dujardin. Doch tatsächlich zählen in Locarno nicht die großen Namen, sondern das Können.

Mehr als 200 Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilme sind in diesem Jahr auf dem Festival zu sehen. Carlo Chatrian, der künstlerische Leiter, verspricht in der letzten von ihm verantworteten Festivalausgabe wieder eine kluge Balance von Anspruch und Unterhaltung. Damit will er sicher auch einen Ausweis für seine berufliche Zukunft geben.

Neben der von German Films, der Auslandsertretung der deutschen Filmwirtschaft, kommenden Mariette Rissenbeek als Direktorin wird er die Berlinale ab der Ausgabe 2020 künstlerisch leiten. Zu seinem Locarno-Abschied setzt er auf Filme, die sich «auf persönliche Geschichten konzentrieren», wie er vorab betonte. «Die großen Konflikte unserer Welt rücken in den Hintergrund, doch bleibt die Gegenwart ein Donnergrollen.» Gegen dieses «Donnergrollen» setzt Locarno in diesem Jahr auf Humor.

Eröffnet wird das 71. Internationale Filmfestival von Locarno am 1. August mit dem französischen Spielfilm «Les beaux esprit» (Regie: Vianney Lebasque) und mit einem Stummfilm, der Kurzfilm-Komödie «Liberty» mit Stan Laurel und Oliver Hardy aus dem Jahr 1929. Inszeniert hat den Film Leo McCarey. Dem Hollywood-Regiestar der 1930er, 40er und 50 Jahre ist auch die diesjährige Retrospektive gewidmet. Das ist als Signal zu verstehen: Carlo Chatrian verspricht eine Festival-Ausgabe, «die leichter und freier sein will». In diesem Jahr dürfe in Locarno viel gelacht werden.

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