Auslieferungsgesetz ist «gestorben»

HONGKONG (dpa) - Nach den Massenprotesten in Hongkong hat Regierungschefin Carrie Lam beteuert, dass der umstrittene Gesetzentwurf zur Auslieferung beschuldigter Personen an China nicht mehr vorgelegt wird. «Das Gesetz ist gestorben», sagte Lam am Dienstag auf einer Pressekonferenz. Damit reagierte sie offenkundig auf anhaltende Zweifel unter den Hongkongern, dass der Entwurf auch wirklich nicht mehr vorgelegt wird.

Nach Protesten Hunderttausender Menschen gegen die geplanten Auslieferungsregeln hatte Lam das Gesetzgebungsverfahren im Juni gestoppt und den Entwurf mit dem Hinweis auf Eis gelegt, dass er nicht mehr vorgelegt und damit im nächsten Jahr auslaufen werde. Trotzdem fordern die Demonstranten weiter, das Gesetz sofort formell zurückzuziehen. Von einem solchen Rückzug sprach Lam aber auch diesmal nicht.

Zuletzt hatten am Sonntag wieder Zehntausende Hongkonger gegen das Gesetz und die Regierung demonstriert. Als Ziel ihres Protests suchten sie sich den Bahnhof aus, an dem Reisende aus China ankommen, die wegen der Zensur in der Volksrepublik nur begrenzte Informationen über die Lage in Hongkong bekommen. Nach der friedlichen Demonstration war es am Abend zu Ausschreitungen gekommen. Sechs Menschen wurden festgenommen.

Das Gesetz hätte es Hongkongs Behörden ermöglicht, von der chinesischen Justiz verdächtigte Personen an die Volksrepublik auszuliefern. Kritiker weisen jedoch darauf hin, dass Chinas Justiz nicht unabhängig sei und als Werkzeug der politischen Verfolgung diene. Auch drohten Folter und Misshandlungen.

Die frühere britische Kronkolonie wird seit der Rückgabe 1997 an China nach dem Grundsatz «ein Land, zwei Systeme» als eigenes Territorium autonom regiert. Anders als die Menschen in der Volksrepublik genießen die sieben Millionen Hongkonger nach dem Grundgesetz für die chinesische Sonderverwaltungsregion das Recht auf freie Meinungsäußerung sowie Presse- und Versammlungsfreiheit. Sie fürchten aber, dass ihre Freiheiten beschnitten werden könnten.

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