Hongkongs Parlament kommt ohne Demokraten zusammen

Kandidaten für Parlamentswahlen in Hongkong disqualifiziert. Foto: epa/Jerome Favre
Kandidaten für Parlamentswahlen in Hongkong disqualifiziert. Foto: epa/Jerome Favre

HONGKONG: Am Tag nach dem Rauswurf von vier Abgeordneten bleiben die Sitze des demokratischen Lagers leer. Die USA verurteilen das Vorgehen der chinesischen Regierung scharf.

Das Parlament der chinesischen Sonderverwaltungsregion Hongkong ist am Donnerstag ohne Mitglieder der demokratischen Opposition zusammengekommen. Die 19 Sitze des demokratischen Parteienbündnisses blieben leer, nachdem die Regierung vier Abgeordneten am Vortag ihre Mandate entzogen hatte und die übrigen Mitglieder der Fraktion aus Protest ihren Rückzug angekündigt hatten.

Hongkongs pro-chinesische Regierungschefin Carrie Lam versicherte, dass der Legislativrat - wie das Hongkonger Parlament offiziell heißt - auch in Zukunft nicht zu einem «Scheinparlament» würde. «Carrie Lam schindet Hongkong und lässt die Menschen leiden», war dagegen auf einem von der Opposition im Parlament angebrachten Banner zu lesen.

Aus Protest gegen den Rauswurf der vier Abgeordneten Alvin Yeung, Kwok Ka-ki, Dennis Kwok und Kenneth Leung hatten die Mitglieder des demokratischen Lagers am Mittwoch geschlossen ihren Rücktritt angekündigt. Damit verbleiben nur zwei Abgeordnete im Parlament, die nicht dem Pro-Peking-Lager angehören.

Grundlage für den Entzug der Mandate war eine Entscheidung des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses in Peking, der entschieden hatte, dass Abgeordneten in Hongkong nun ihr Sitz ohne Gerichtsbeschluss entzogen werden kann, wenn sie gegen das neue Gesetz zum Schutz der nationalen Sicherheit verstoßen.

China hatte das umstrittene Gesetz im Juni verabschiedet. Es richtet sich gegen Aktivitäten, die Peking als subversiv, separatistisch oder terroristisch ansieht.

Nach Kritik aus Deutschland und anderen europäischen Staaten verurteile auch die US-Regierung den Ausschluss der Oppositionsabgeordneten. Die jüngsten Maßnahmen der Führung in Peking ließen keinen Zweifel daran, dass die Kommunistische Partei Chinas ihre internationalen Verpflichtungen auf schamlose Weise verletzt habe, erklärte der Nationale Sicherheitsberater im Weißen Haus, Robert O'Brien, am Mittwoch.

Der Grundsatz «Ein Land, zwei Systeme», nach dem Hongkong seit 1997 regiert wird, sei nur noch ein Feigenblatt, das die Ausweitung der Einparteiendiktatur auf Hongkong kaschiere. Die US-Regierung werde weiterhin alle ihre Befugnisse nutzen, um diejenigen zu sanktionieren, die für die «Auslöschung der Freiheit Hongkongs» verantwortlich seien, erklärte O'Brien.

Seit dem 1. Juli 1997 gehört Hongkong wieder zu China, wird aber nach dem Grundsatz «Ein Land, zwei Systeme» regiert. Diese Vereinbarung sieht eigentlich vor, dass Hongkonger für 50 Jahre bis 2047 «ein hohes Maß an Autonomie» und viele Freiheiten genießen. Seit der Verabschiedung des Sicherheitsgesetzes reden viele jedoch nur noch von «Ein Land, ein System».

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