Hongkonger Protestführer wollen Treffen mit Bundeskanzlerin

Foto: epa/Laurel Chor
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BERLIN (dpa) - Kurz vor Beginn der Chinareise von Bundeskanzlerin Angela Merkel haben Anführer der Proteste in Hongkong sie um ein Treffen gebeten.

In einem offenen Brief, der der «Bild»-Zeitung vorliegt, warnt der bekannte frühere Studentenführer Joshua Wong vor einer Eskalation der Gewalt. «Uns steht eine diktatorische Macht gegenüber, die keine freiheitlichen Grundrechte zulässt und immer mehr gewalttätige Maßnahmen anwendet, mit Tendenz zu einem neuen Massaker wie am Tian'anmen-Platz.» 1989 schlugen Soldaten am Platz des Himmlischen Friedens in Peking Demokratie-Proteste gewaltsam nieder.

Seit fast drei Monaten kommt es in Hongkong immer wieder zu Protesten, die oft mit Zusammenstößen zwischen einem kleinen Teil der Demonstranten und der Polizei endeten. Die Protestbewegung befürchtet steigenden Einfluss der chinesischen Regierung auf Hongkong und eine Beschneidung ihrer Freiheitsrechte. Auch fordern die Demonstranten eine unabhängige Untersuchung der Polizeigewalt bei den Protesten.

In dem offenen Brief sprechen die Anführer der Proteste Merkel auf ihre DDR-Vergangenheit an. Da sie aus erster Hand Erfahrungen mit diktatorischen Regimen habe, könne sie sich gut in die Situation der Protestler hineinversetzen. Merkel solle deshalb die Situation in Hongkong bei Gesprächen mit der chinesischen Regierung ansprechen. Die Bundeskanzlerin will am 5. September zu einem dreitägigen Besuch nach China reisen.

Der außenpolitische Sprecher der SPD, Nils Schmid, hat unterdessen gefordert, dass Merkel bei ihrem China-Besuch Stellung zur Hongkong-Krise bezieht. Sie müsse klarmachen, dass eine gewaltsame Niederschlagung der Proteste durch Sicherheitskräfte aus Hongkong oder vom chinesischen Festland nicht akzeptabel sei, sagte Schmid der «Welt» (Mittwoch). Jürgen Hardt (CDU), Außenpolitiker der Unionsfraktion, sagte der Zeitung, dass Merkel die von China gegenüber Hongkong verbrieften Freiheitsrechte ansprechen werde. «Unsere Bundeskanzlerin wird dies aber zweifellos in einer Art und Weise tun, die den Chinesen eine gesichtswahrende, friedliche Reaktion ermöglicht, ohne sich von außen unter Druck gesetzt zu sehen. Solcher Druck bewirkt in Peking häufig das Gegenteil.»

Die Grünen-Chefin Annalena Baerbock forderte in der «Rheinischen Post» (Mittwoch), dass Merkel klarmachen müsse, dass Chinas Druck auf die Politik in der Sonderverwaltungszone Folgen für die wirtschaftliche Kooperationsbereitschaft Deutschlands habe. Der Vorsitzende des Bundestags-Petitionsausschusses, Marian Wendt (CDU), erklärte, Peking müsse sich zu seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen bekennen, wonach für Hongkong gelte: ein Land - zwei Systeme. «Wenn wir dies nicht einfordern, machen wir nur noch Kotau vor Peking.»

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