Triumph Sinn Fein in Nordirland-Wahl

Arnaldo Otegi (R), Generalsekretär der baskischen Pro-Unabhängigkeits-Partei EH Bildu, und Declan Kearney (C), Vorsitzender der irischen Sinn Fein Partei. Foto: EPA-EFE/Jesus Diges
Arnaldo Otegi (R), Generalsekretär der baskischen Pro-Unabhängigkeits-Partei EH Bildu, und Declan Kearney (C), Vorsitzender der irischen Sinn Fein Partei. Foto: EPA-EFE/Jesus Diges

BELFAST: In Nordirland verlagern sich die Gewichte. Die Anhänger der Union mit Großbritannien geraten nach der Kommunalwahl zunehmend unter Druck. Das dürfte das politische Patt in der britischen Provinz aber nicht lösen.

Bei der Kommunalwahl in Nordirland haben Anhänger einer Vereinigung mit dem EU-Nachbarland Irland einen historischen Erfolg gefeiert. Mit Sinn Fein sicherte sich erstmals seit der Gründung der britischen Provinz vor gut 100 Jahren eine Partei aus dem republikanisch-katholischen Lager die meisten Sitze auf kommunaler Ebene. Das ergab das Wahlergebnis, das in der Nacht zum Sonntag veröffentlicht wurde.

Sinn Fein galt einst als politischer Arm der Terrorgruppe IRA. Nach Auszählung aller Stimmen sicherte sich die Partei 144 der 462 Sitze und damit 39 mehr als bei der vorigen Wahl 2019. Sinn Fein, die bereits bei der regionalen Parlamentswahl 2022 erstmals die meisten Stimmen erhalten hatte, zementiert so ihre Rolle als stärkste Kraft aufseiten der Vereinigungsbefürworter.

Die Anhänger der Union mit Großbritannien erlitten erneut einen Rückschlag. Zwar erhielt die Democratic Unionist Party (DUP) als stärkste unionistisch-protestantische Kraft mit 122 Sitzen genauso viele Mandate wie 2019. Allerdings stürzten die kleineren Parteien in diesem Lager deutlich ab. DUP-Chef Jeffrey Donaldson räumte ein, dass die Unionisten aus dem Ergebnis nun Lehren ziehen müssten.

Wahlberechtigt bei der Abstimmung am vergangenen Donnerstag waren gut 1,3 Millionen Menschen im kleinsten britischen Landesteil. Die Wahlbeteiligung lag bei 54 Prozent. Wegen des komplizierten Wahlsystems dauerte die Auszählung mehr als zwei Tage.

Nordirland ist derzeit politisch gelähmt. Die DUP boykottiert seit fast einem Jahr die vorgeschriebene Einheitsregierung mit Sinn Fein im Regionalparlament. Grund ist, dass die Partei die Brexit-Regeln für die Provinz ablehnt, auf die sich Großbritannien und die EU geeinigt hatten. Die Unionisten fürchten, dass Nordirland dadurch immer weiter von London abgeschnitten wird.

«Überall auf der Insel vollzieht sich ein historischer Wandel», betonte Sinn-Fein-Vizechefin Michelle O'Neill. Sie forderte die DUP auf, die Regierungsblockade aufzuheben. «Es ist an der Zeit, dafür zu sorgen, dass die Politik für alle Menschen und Gemeinschaften funktioniert und eine bessere Zukunft für alle schafft.» Die jüngste Volkszählung hatte ergeben, dass in Nordirland erstmals mehr Katholiken als Protestanten leben.

O'Neill ist die designierte Regierungschefin der britischen Provinz. Das Karfreitagsabkommen, das 1998 den Bürgerkrieg zwischen protestantischen Unionisten und katholischen Republikanern beendete, sieht vor, dass die jeweils stärkste Partei beider Lager eine Einheitsregierung bilden. Dabei steht der Partei mit den meisten Stimmen der Posten des Regierungschefs zu und der anderen die Position des gleichberechtigten Vize.

Auch in der Republik Irland ist Sinn Fein die stärkste Kraft. Dort verhindern aber zwei liberal-konservative Parteien mit einer Koalition ihre Regierungsbeteiligung.

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Ingo Kerp 22.05.23 12:30
Sinn Fein ist auf dem Vormarsch und auch Blockaden und mutwillige Verweigerungen werden deren Sieg nicht verhindern koennen. Als Wahlsieger repräsentiert Sinn Fein den Willen der Wähler. Damit wird aber gleichzeitig das Verhältnis zum Brexit-London nicht gerade gestärkt. Die Länder von Groß-Britanien werden es irgendwann zu Klein-Britanien machen, da etliche bereits seit langem Unabhängigkeit von London verlangen.