Buchmesse unter Corona-Bedingungen

​«Hauptsache, wir sind da» 

Eine Frau liest am ersten Tag für Fachbesucher auf der Frankfurter Buchmesse 2021 am Stand der Penguin Random House Verlagsgruppe ein Buch. Nach der pandemiebedingten Pause 2020 darf die Frankfurter Buchmesse in diesem ... Foto: Sebastian Gollnow
Eine Frau liest am ersten Tag für Fachbesucher auf der Frankfurter Buchmesse 2021 am Stand der Penguin Random House Verlagsgruppe ein Buch. Nach der pandemiebedingten Pause 2020 darf die Frankfurter Buchmesse in diesem ... Foto: Sebastian Gollnow

FRANKFURT/MAIN: Lange Schlangen am Eingang, viel Platz in den Hallen: Die Frankfurter Buchmesse findet endlich wieder in Präsenz statt. Es stellt sich aber auch die Frage, welchen Raum digitale Formate in Zukunft einnehmen.

Vor Begeisterung wird sogar gesungen: Auf der Frankfurter Buchmesse ist die Wiedersehensfreude groß. Kurz nachdem am Mittwochmorgen die Türen geöffnet wurden, bildeten sich Schlangen am Eingang. Wie am Flughafen mussten die Besucher in langen Reihen in einer kahlen Vorhalle warten, bis sie ihre Dokumente vorzeigen konnten: das elektronische Ticket, den Impf-, Test- oder Genesenen-Nachweis, den Personalausweis. Das dauert, schreckt die Fachbesucher am ersten Messetag aber nicht ab.

Über die Flatterbänder hinweg stupsen Menschen die Ellenbogen aneinander, winken sich zu, eine Gruppe Italiener stimmt spontan ein Lied an. Die Abstandsmarkierungen am Boden sind eher Makulatur, die Maskenpflicht wird aber tapfer eingehalten. In den Messehallen geht es luftiger zu. Wo sich vor der Pandemie die Massen schoben, ist jetzt viel Platz, die Gänge wurde extra verbreitert. Außerdem ist die Zahl der Besucher begrenzt - auf 25.000 pro Tag.

Insgesamt 2000 Verlage und Unternehmen aus 80 Ländern haben sich in diesem Jahr angemeldet. Mehr als 300 Autorinnen und Autoren stellen ihre Bücher vor, 1400 Veranstaltungen sind geplant. Die Messe ist damit deutlich kleiner als vor der Pandemie. «Back to Business», sagt Buchmessen-Direktor Juergen Boos, «aber noch nicht back to normal»: Die Messe ist wieder im Geschäft, aber es ist nicht wie 2019.

Wenn man sich bei den Ausstellern umhört, geht es wohl vor allem um zwei Dinge: Flagge zeigen und Lust auf physische Begegnungen. «Uns war es wichtig, ein Zeichen zu setzen: hier zu sein und dem Buch auch die Bühne geben, die es verdient», sagt Thorsten Simon, Sprecher des Zwischenbuchhändlers Libri aus Hamburg. «Wir sind selbst gespannt, wie letztendlich die Resonanz ausfallen wird.»

Einen Stock tiefer hat der Kölner Verlag Kiepenheuer & Witsch seinen Stand. «Ich freue mich in erster Linie riesig, dass wir wieder hier sein dürfen», meint auch Vertriebsleiterin Sabine Glitza. Natürlich gebe es coronabedingte Einschränkungen, «aber das ist nicht so schlimm. Hauptsache, wir sind da.»

Nach der komplett digitalen Ausgabe 2020 finden aber auch in diesem Jahr noch große Teile der Messe online statt. Fast das komplette Fachprogramm wurde bereits vor der Messe im Netz durchgeführt. Im Gastland-Pavillon Kanadas sind die allermeisten Autoren nur als Video-Projektionen zu erleben. Viele Veranstaltungen werden nur oder zumindest parallel gestreamt. Und nicht immer klappt das: Kanadas bekannteste Autorin, Margaret Atwood, war bei der Eröffnungsfeier am Dienstag live aus Toronto zugeschaltet, aber kaum zu verstehen, ihre Kollegin Joséphine Bacon gar nicht.

Aber machen solche digitalen Formate die Präsenzmesse dauerhaft überflüssig? Werden manche Verlage künftig auf teure Messestände verzichten? «Die Entscheidung muss jeder für sich selbst treffen. Das ist vielleicht gerade für kleinere Aussteller eine große Herausforderung, die es zu stemmen gilt. Da sind digitale Angebote eine gute Alternative», sagt Thorsten Simon von Libri. Auch er würde befürworten, «wenn sich das Zweigleisige etabliert, also das Digitale verbunden mit dem Physischen vor Ort.»

Sabine Glitza von Kiepenheuer & Witsch ist sich sicher: «Die physische Messe ist nicht zu ersetzen.» Und: «Die Leute haben Lust, etwas zu erleben, mitzudiskutieren und rauszugehen.» Einige wenige Verlage haben sich dennoch bewusst gegen eine Teilnahme entschieden, etwa der Schweizer Diogenes Verlag. Gründe für die Entscheidung sei vor allem fehlende Planungssicherheit gewesen, erklärt Ruth Geiger, Pressesprecherin des Verlags. Außerdem habe man Mitarbeitende sowie Autorinnen und Autoren des Verlags schützen wollen.

Das gilt auch für die Publikumsevents, die ab Freitagnachmittag auch öffentlich zugänglich sind. Vor dem «Blauen Sofa» in Halle drei stehen Sitzwürfel auf Abstand in einem abgezäunten Bereich. In der Festhalle, wo bis vor kurzem im Akkord geimpft wurden, wurde die ARD-Buchmessenbühne aufgebaut: Je zwei Sitze zwischen den Zuhörern müssen frei bleiben.

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