Neuseelands Premierministerin wird Krisenmanagerin

Happy go sad

Foto: epa/Boris Jancic
Foto: epa/Boris Jancic

CHRISTCHURCH (dpa) - Neuseelands junge Premierministerin Jacinda Ardern galt bislang als Frau, der so gut wie alles gelingt. Jetzt ist sie als Krisenmanagerin gefragt. Bislang macht sie auch diese Sache gut.

Bislang hatte Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern zu Hause und im Rest der Welt ein wunderbares Image: eine fröhliche Frau von gerade einmal 38 Jahren, der in ihrer Unbeschwertheit so gut wie alles gelingt. «Happy-go-lucky» nennt man solche Leute im Englischen gern.

2017 schaffte es Ardern mit einem fulminanten Wahlkampf, ihre Labour-Partei aus einem schier aussichtslosen Rückstand an die Regierung zu bringen. Acht Monate später brachte die Frau mit dem ungewöhnlichen Vornamen eine Tochter auf die Welt, als weltweit erste amtierende Regierungschefin seit vielen Jahrzehnten.

Neuseeland schwelgte in «Jacindamania», in «Jacinda-Manie». Auch in der internationalen Politik wurde sie zum Star. Dass Donald Trump sie beim ersten Zusammentreffen für die Ehefrau des kanadischen Premierministers Justin Trudeau hielt, kam ihr eher noch zugute.

Nach dem rassistischen Doppel-Anschlag auf zwei Moscheen in Christchurch mit 50 Toten ist die Stimmung nun eine ganz andere. Neuseeland steht unter Schock. In der ganzen Welt ist das Entsetzen groß. Ardern ist jetzt als Krisenmanagerin gefragt. Happy go sad: Aus dem Glück ist eine große Trauer geworden.

Bisher, da sind sich die meisten Leute einig, macht Ardern ihre Sache ziemlich gut. Die Premierministerin ist seit Freitag ständig präsent. Mit tiefen Ringen unter den Augen, noch schmaler geworden als ohnehin, muss sie nun täglich Rede und Antwort stehen.

Der Ton stimmt. Gleich in den ersten Stunden sagte sie: «Wir sind kein Ziel geworden, weil wir ein sicherer Hafen sind für die, die uns hassen. Man hat uns nicht gewählt, weil wir Rassismus billigen oder eine Enklave des Extremismus sind. Sondern, weil wir eben all dies nicht sind.»

Auch bei ihrem Besuch in Christchurch machte die sozialdemokratische Premierministerin eine gute Figur. Ardern kam ganz in schwarzblau, mit schwarzem Kopftuch, dem Hidschab, wie ihn Musliminnen tragen. «Neuseeland ist in Trauer vereint. Wir sind in Trauer vereint», sagte sie. Immer wieder nahm sie muslimische Frauen in den Arm.

Ardern nahm sich aber auch Zeit, um ohne Kameras mit Hinterbliebenen zu reden. Ihr Lebensgefährte Clarke Gayford, ein TV-Moderator, der sich um die Erziehung von Tochter Neve Te Aroha kümmert, war dabei. Die muslimische Gemeinde bedankte sich für die Unterstützung. Einer der Männer, Habib Ullah, sagte: «Das sind kleine Gesten, die für uns sehr viel bedeuten.»

Die Premierministerin gehörte auch zu den Leuten, denen der mutmaßliche Täter, ein 28 Jahre alter Rassist aus Australien namens Brenton Tarrant, per E-Mail seine rechte Kampfschrift schickte. Die Mail ging auf einer der Adressen in Arderns Büro ein, neun Minuten vor Beginn der Tat - zu spät, um noch etwas verhindern zu können.

Am Montag brachte Ardern ihr Kabinett für eine Verschärfung der Waffengesetze zusammen. Bislang hatte der nationalpopulistische Koalitionspartner New Zealand First (NZF), auf den sie zusammen mit den Grünen angewiesen ist, so etwas blockiert. Nun sagt Vize-Regierungschef Winston Peters jedoch: «Unsere Welt hat sich für immer geändert. Deshalb werden sich auch unsere Gesetze ändern.»

Bei allem Entsetzen will sich Ardern aber erst einmal zehn Tage Zeit nehmen, um die Details einer strengeren Regelung zu klären. Ardern meint dazu: «Wir wollen uns die Zeit lassen, das richtig zu machen.» Krisenmanagerin eben.

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