Handelskrieg bedroht Wachstum in Europa

USA und China reden wieder

Foto: epa/Olivier Hoslet
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BRÜSSEL/PEKING/WASHINGTON (dpa) - USA, China, Brexit und der Nahe Osten: Internationale Konflikte belasten zunehmend die Wirtschaft in Europa. Vor allem die USA und China kommen nur langsam wieder ins Gespräch. Die EU-Kommission warnt.

Die zunehmenden internationalen Spannungen vor allem zwischen den USA und China bedrohen aus Sicht der EU-Kommission immer stärker die Wirtschaft in Europa. Noch behaupteten sich die europäischen Volkswirtschaften, doch Handelskonflikte und politische Ungewissheit stellten sie auf die Probe, teilte die Brüsseler Behörde am Mittwoch mit. Washington und Peking starteten einen neuen Anlauf zur Lösung ihres Handelskriegs. Doch sie kommen nur langsam wieder an den Verhandlungstisch zurück.

Beide Seiten liefern sich seit einem Jahr einen erbitterten Handelskrieg. Er bremst das Wachstum in den USA und in China und belastet auch die globale Konjunktur. Auslöser war der Ärger von US-Präsident Donald Trump darüber, dass China deutlich mehr in die USA exportiert als umgekehrt. Er belegte die Hälfte der Importe aus China mit 25-prozentigen Sonderzöllen, China reagierte mit Gegenzöllen.

«Sämtliche EU-Staaten werden 2019 und 2020 wachsen - trotz des schwierigen globalen Kontexts», sagte EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici nun. Zwischen den einzelnen Staaten gebe es allerdings deutliche Unterschiede. «Mittel- und osteuropäische EU-Staaten wachsen schneller als Kernmitgliedstaaten.». Deutschland und Italien schwächeln, während Ungarn und Polen überdurchschnittliche Wachstumsraten erwarten können.

Vor allem den Produktionssektor sieht die EU-Kommission wegen den Auseinandersetzungen zwischen China und den USA unter Druck. Diese könnten auch Auswirkungen auf andere Bereiche und Regionen nach sich ziehen, warnte die Behörde. Spannungen im Nahen Osten könnten die Ölpreise in die Höhe treiben. Innerhalb Europas trübe zudem der unklare EU-Austritt Großbritanniens die Aussichten.

Für das laufende Jahr erwartet die Kommission nun nach wie vor ein Wachstum von 1,2 Prozent in den 19 Staaten der Eurozone. Für das kommende Jahr senkte sie den Ausblick gegenüber ihrer Prognose im Mai von 1,5 auf 1,4 Prozent. EU-weit rechnet sie 2019 mit 1,4 Prozent und 2020 mit 1,6 Prozent.

Die höchsten Wachstumsraten können Malta (5,3 Prozent), Ungarn und Polen (je 4,4 Prozent) sowie Rumänien und Irland (je 4,0 Prozent) erwarten. In Deutschland - der größten europäischen Volkswirtschaft - rechnet die Brüsseler Behörde mit einem Plus des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 0,5 Prozent, in Italien von 0,1 Prozent. Positiv wirke sich vor allem der insgesamt starke Arbeitsmarkt aus, der die Binnennachfrage ankurbele.

Ob sich die globalen Spannungen in absehbarer Zeit reduzieren, ist fraglich. Nach der Einigung von US-Präsident Donald Trump und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping auf eine Wiederaufnahme der Handelsgespräche am Rande des Gipfels der großen Industrienationen (G20) Ende Juni in Osaka telefonierten Unterhändler beider Seiten wieder miteinander, wie die amtliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua am Mittwoch berichtete.

An dem Gespräch nahmen demnach Chinas Vizepremier Liu He und der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer sowie Finanzminister Steven Mnuchin teil. Wann die Unterhändler wieder persönlich zusammentreffen, ist noch offen. Nach Presseberichten soll eine neue Verhandlungsrunde in nächster Zeit in Peking geplant sein. Die amerikanische Seite hat aber deutlich gemacht, dass sie keine Eile hat, sondern vielmehr ein gutes Ergebnis für die USA sucht.

Nach dem Versprechen von Trump, US-Unternehmen wieder Geschäfte mit Chinas Telekomriesen Huawei zu erlauben, kündigte Handelsminister Wilbur Ross an, dass dafür Lizenzen vergeben werden, «wo es keine Bedrohung für die nationale Sicherheit» gebe. «Wir öffnen es für eine begrenzte Zeit», zitierte ihn die «New York Times». Doch wird der führende Netzwerkausrüster und zweitgrößte Smartphone-Hersteller weiter aus Sicherheitsgründen auf einer schwarzen Liste bleiben.

Mit den Lizenzen werden große amerikanische Chiphersteller wie Qualcomm und Intel oder auch Google voraussichtlich wieder an Huawei liefern können. Somit könnte auch wieder die Versorgung der Huawei-Smartphones mit neuen Versionen des Android-Betriebssystems gesichert werden. Die Unklarheit darüber hatte Verbraucher in Deutschland und anderswo schwer verunsichert. Wann die Lizenzen vergeben werden und welche Technologie geliefert werden darf, muss sich aber noch zeigen.

Trump hatte in Osaka darüber hinaus verkündet, dass China im großen Stil landwirtschaftliche Produkte in den USA kaufen werde. Die Führung in Peking zögert aber noch mit der Erfüllung des Versprechens. Offenbar werden die Käufe vom Verlauf der Verhandlungen abhängig gemacht, wie aus Kommentaren in Staatsmedien hervorgeht. Viel hänge auch davon ab, wie die USA mit den Lieferungen an Huawei umgingen, sagte eine Quelle der Hongkonger Zeitung «South China Morning Post».

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