Alpenweite «Gamsbart-Olympiade»

Foto: epa/Frank Leonhardt
Foto: epa/Frank Leonhardt

MITTENWALD: Spieglein, Spieglein an der Wand, wer hat den schönsten Gamsbart im Alpenland? 75 Edel-Exemplare haben am Wochenende in Mittenwald um den Olympiasieg konkurriert. Für die Jury galt es dabei vieles zu beachten. Die Mitglieder hatten dabei echte Werte in der Hand.

Um den schönsten Gamsbart haben am Sonntag im oberbayerischen Mittenwald 40 Männer und Frauen gerungen, die mit insgesamt 75 Edel-Exemplaren beim alpenweiten Wettbewerb «Gamsbart-Olympiade» teilgenommen haben. Darunter waren nach Angaben der Organisatoren Jäger, Brauchtumsinteressierte und etwa 20 der alpenweit rund 250 Bartbinderinnen und -binder, die ihre schönsten Gams-, Dachs- und Hirschbärte der Jury zur Beurteilung übergaben.

Bewertet wurde nach einem ausgeklügelten Punktesystem, das unter anderem folgende Kriterien umfasst: allgemeiner Eindruck, Länge, Bund, Haarqualität und Dichte. «Die werden ganz aufwendig gebunden», erläuterte der Mittenwalder Christoph Wörnle, der sowohl bei der Organisation half als auch selbst drei Exemplare ins Rennen schickte.

Es handelt sich dabei übrigens nicht um Bärte der betreffenden Tiere: Der Hutschmuck wird aus den Rückenhaaren von Gamsbock und Dachs beziehungsweise beim Hirsch aus der Halsmähne hergestellt, wie der Tourismusverband Alpenwelt Karwendel mitteilte.

«Beim Gamsbart entnimmt man die Haare dem Aalstrich, dann muss man die ganze Unterwolle auskämmen, das Ganze waschen, und dann beginnt die Hauptarbeit mit dem Sortieren nach Qualität und nach Länge» schilderte Wörnle, der das Binden von seinem Großonkel gelernt hat, einer Koryphäe in der Szene. «Dann werden einzelne Büschel gebunden, und die werden dann zum Schluss auf eine Seele, eine dünne Holzstange oder einen Eisendraht, aufgebunden.»

Der traditionelle Hutschmuck der Mannsbilder - inzwischen tragen durchaus auch jagende Frauen oder Teilnehmerinnen von Brauchtumsgruppen die puschelige Zierde auf dem Kopf - entsteht in Handarbeit. Bis zu 150 Arbeitsstunden sind nötig. Gamsbärte können deshalb zwischen 2000 und 4000 Euro kosten. Bei guter Pflege halten sie bis zu 30 Jahre, auch wenn für die Juryrichter ein Kriterium «Frische» ist, die Haare also möglichst aus dem letzten Winter stammen sollten. Extra getötet werden die Tiere dafür übrigens nicht, die Haare sind ein «Abfallprodukt» der Jagd.

Die «Gamsbart-Olympiade» entstand 1960 im oberösterreichischen Bad Goisern. Dank höchstrichterlicher Entscheidung darf der Name trotz Einspruchs des Olympischen Komitees verwendet werden. Seit 2008 ist Mittenwald jedes zweite Mal Austragungsort, dieses Jahr ist es der 30. Wettbewerb.

Vor allem der Gamsbart hat im Alpenraum Tradition. Um 1500 trug laut Alpenwelt Karwendel Kaiser Maximilian I. von Österreich die Haare einer Gams. Erstmals dokumentiert wurde das Gamsbartbinden 1802. Anfang des 19. Jahrhunderts entdeckte die städtische Elite ihre Liebe zur Jagd und zur Lebensart der Leute in den Bergen.

Adelige wie der Erzherzog Johann von Habsburg oder Prinzregent Luitpold von Wittelsbach machten Tracht mit Gamsbart salonfähig. Im Karwendel ist dafür vor allem der Schriftsteller Ludwig Ganghofer (1855-1920) bekannt.

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