Großbritannien will Reisen durch «Luftbrücken» erleichtern

LONDON: Sommerurlaub am Mittelmeer, Geschäftsreisen von europäischen Metropolen nach London: Die britische Regierung zieht «Luftbrücken» in Betracht, um Flugreisen in der Corona-Krise leichter zu machen. Dabei ist das Land besonders stark von der Pandemie betroffen.

Die britische Regierung will Medienberichten zufolge mit sogenannten Luftbrücken geplante Quarantäne-Maßnahmen für viele Flugreisende umgehen. Premierminister Boris Johnson favorisiere diese Lösung, zitierte der «Telegraph» am Dienstag eine nicht näher genannte Regierungsquelle. Demnach müssen Flugpassagiere bei ihrer Einreise nach Großbritannien künftig nicht in eine 14-tägige Quarantäne, wenn sie aus einem Land mit geringem Ansteckungsrisiko kommen. Nach Ansicht Johnsons sei dies die beste Strategie, um das Virus in Schach zu halten und zugleich das Reisen wieder zu erlauben.

Eine Sprecherin des Innenministeriums bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, dass diese Option in Betracht gezogen werde. «Aber wir haben noch kein Datum, und nichts ist entschieden», betonte die Sprecherin. Britischen Medienberichten zufolge könnten die «Luftbrücken» schon im Juli eingerichtet werden.

Wie die «Times» berichtete, soll bei der Auswahl geeigneter Strecken für solche «Luftbrücken» nicht nur das Erkrankungsrisiko berücksichtigt werden. Auch die wirtschaftliche Bedeutung eines Staates für Großbritannien, die Fluggastzahlen und die Möglichkeit von Gesundheitschecks auf Flughäfen im Ausland spielten eine Rolle.

Geplant war bisher, vom 8. Juni an eine zweiwöchige Quarantäne für alle Reisenden einzuführen, die in das Land kommen. Damit soll verhindert werden, dass Coronavirus-Infektionen von außen eingeschleppt werden und eine zweite Ausbruchswelle auslösen.

Einreisende müssen künftig an der Grenze ihre Adress- und Kontaktdaten hinterlassen. Wer sich nicht an die Selbstisolation hält, muss mit einem Bußgeld rechnen. Die Quarantäne gilt auch bei Einreise per Zug und Fähre. Ausgenommen sind nur wenige Berufsgruppen wie Lastwagenfahrer, Erntehelfer und medizinisches Personal sowie Reisende aus Irland, der Isle of Man und den Kanalinseln.

Der Verband der britischen Fluggesellschaften Airlines UK hatte bereits vor Wochen vor einer solchen Quarantänepflicht gewarnt. Dadurch könnte die bereits schwierige Situation «für die britische Luftfahrtbranche und alle Unternehmen, die daran hängen» noch verschlimmert werden, hieß es in einem offenen Brief an Johnson. Die Airlines haben dabei auch die anstehenden Sommerferien im Blick.

Neben Fluggesellschaften rechnen auch britische Hotels, Restaurants und Touristikunternehmen mit zusätzlichen Einbußen. Die Menschen würden lieber gar nicht mehr reisen als sich nach ihrer Ankunft in eine so lange Quarantäne zu begeben, fürchten sie. In einem Brief beschwerten sich mehr als 200 Firmen bei Innenministerin Priti Patel.

Kritiker zeigen sich irritiert, dass ausgerechnet Großbritannien auf Flugverbindungen mit Ländern setze, die wenig von der Pandemie betroffen seien. Denn das Vereinigte Königreich hat die meisten Corona-Todesopfer in Europa. Der Regierung wird vorgeworfen, viel zu spät auf die Pandemie reagiert zu haben. Nach offiziellen Statistiken starben schon mehr als 39.000 Menschen. Experten gehen davon aus, dass die tatsächliche Zahl der Corona-Toten bei mehr als 50.000 liegt.

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