LONDON: Die Chagos-Inseln liegen strategisch günstig im Indischen Ozean. Großbritannien hielt trotz internationaler Kritik lange an dem Überseegebiet fest, das Mauritius beansprucht. Nun gibt es eine Lösung.
Die Zahl der britischen Überseegebiete sinkt. Großbritannien gibt die Souveränität über den Chagos-Archipel nach langen Verhandlungen an den Inselstaat Mauritius im Indischen Ozean ab, wie die Regierung in London mitteilte. Damit zeichnet sich eine Lösung in einem historischen Streit ab: Die Einwohner der Inseln oder ihre Nachfahren könnten nun zurückkehren. Sie waren vor Jahrzehnten zwangsweise umgesiedelt worden.
Eine Ausnahme bildet die Insel Diego Garcia, auf der ein wichtiger, an die USA verpachteter Militärstützpunkt liegt. Sie bleibt der Vereinbarung zufolge noch mindestens 99 Jahre unter britischer Kontrolle. Das britische Außenministerium betonte, der von den USA und Indien unterstützte Deal werde die internationale Sicherheit schützen und eine potenzielle illegale Migrationsroute schließen.
US-Präsident Joe Biden begrüßte die Einigung. Sie sei ein Beweis dafür, dass Diplomatie und Partnerschaft langjährige historische Herausforderungen überwinden könnten, sagte Biden einer Mitteilung des Weißen Hauses zufolge. Die gemeinsam mit Großbritannien betriebene Militärbasis spiele «eine entscheidende Rolle in der nationalen, regionalen und globalen Sicherheit».
Der Chagos-Archipel liegt rund 9.500 Kilometer von London entfernt. Er wurde 1965 von Mauritius abgespalten, drei Jahre vor der Unabhängigkeit des Inselstaates. Der Internationale Gerichtshof in Den Haag und auch die Generalversammlung der Vereinten Nationen unterstützten den jahrzehntealten Anspruch von Mauritius auf die Inseln.
Konservative Politiker kritisierten die Vereinbarung als Ausverkauf strategischer britischer Interessen. «Dies ist eine gefährliche Kapitulation, die unser Territorium einem Verbündeten Pekings überlassen wird», schrieb Ex-Regierungsmitglied Robert Jenrick, der sich um die Führung der Konservativen Partei bewirbt. Mauritius gilt als enger Partner von China in der Region.
Der historische Schritt beendet die Existenz des «Britischen Territoriums im Indischen Ozean», dem letzten Überbleibsel der britischen Kolonialzeit in Afrika. Weltweit hat Großbritannien nun noch 13 Überseegebiete, vor allem im Atlantik und in der Karibik. Auch um andere Territorien gibt es Streit, etwa mit Spanien um Gibraltar und mit Argentinien um die Falklandinseln.