Greenpeace warnt EU-Gipfel vor «Betrug am Klimaschutz»

In Berlin demonstriert Greenpeace gegen billiges Fleisch. Foto: epa/Clemens Bilan
In Berlin demonstriert Greenpeace gegen billiges Fleisch. Foto: epa/Clemens Bilan

BRÜSSEL/BERLIN: Die Umweltschutzorganisation Greenpeace verlangt von der Europäischen Union mehr Ehrgeiz beim Klimaschutz. Der Chef von Greenpeace Deutschland, Martin Kaiser, warnte vor dem Brüsseler EU-Gipfel am Donnerstag vor «Betrug am Klima». «Um eine Begrenzung der Erderhitzung auf 1,5 Grad mit großer Wahrscheinlichkeit zu erreichen, wären 65 Prozent weniger Treibhausgase in der EU nötig», sagte Kaiser der Deutschen Presse-Agentur.

Die EU-Kommission und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wollen auf dem Gipfel ein Ziel von mindestens 55 Prozent weniger CO2 bis 2030 festschreiben. Bislang ist das offizielle Ziel der EU ein Minus von 40 Prozent. Ungewiss ist, ob alle 27 Mitgliedsstaaten die strengeren Vorgaben mittragen werden.

Aus Sicht von Greenpeace trägt Merkel besondere Verantwortung. «Die Kanzlerin muss jetzt zeigen, auf welcher Seite der Geschichte sie beim Klimaschutz stehen will», sagte Kaiser. «Sie hält die Ratspräsidentschaft, sie kennt die Fakten. Sie kann jetzt nicht wieder einem mageren Kompromiss gegen die Atmosphäre zustimmen.»

Kaiser warf der EU vor, sich das neue Klimaziel schönzurechnen. «Es kann nicht sein, dass jetzt ein Netto-Ziel beschlossen wird, bei dem Wälder mit eingerechnet werden», sagte er. Dann würden aus den 55 Prozent weniger Treibhausgasen in Wirklichkeit nur etwa 50,5 Prozent. «Dieser Buchungstrick wäre ein Betrug am Klimaschutz.» Wälder müssten geschützt werden, dürften aber nicht das große Klimaziel verwässern.

Der Grünen-Politiker Sven Giegold kritisierte darüber hinaus, dass sich die EU-Staaten das neue Ziel nur «kollektiv» vornehmen, aber keine nationalen Klimaziele festlegten. Dies sei ein Skandal. «Ohne nationale Klimaziele können sich nationale Regierungen hinter dem europäischen Ziel verstecken», warnte der Europaabgeordnete.

Widerstand gegen das neue Ziel wird vor allem aus Osteuropa erwartet. «Wenn die Regierungen von Ungarn und Polen blockieren, dann sollten die anderen 25 Staaten über einen Beschluss der Umweltminister zeigen, dass sie vorangehen», forderte Kaiser. Auch Länder, die auf Atomkraft und Erdgas setzten, dürften sich nicht durchsetzen. «Da muss die Kanzlerin gegenhalten.»

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