Götter hinter Gerüst

die Baustelle im Pergamonmuseum

Journalisten fotografiert die Bauarbeiten im Museum für islamische Kunst auf der Baustelle des Pergamonmuseums. Am 03.05.2019 soll das Richtfest für den Bauabschnitt A gefeiert werden. Foto: Britta Pedersen/Dpa-zentralbild/dpa
Journalisten fotografiert die Bauarbeiten im Museum für islamische Kunst auf der Baustelle des Pergamonmuseums. Am 03.05.2019 soll das Richtfest für den Bauabschnitt A gefeiert werden. Foto: Britta Pedersen/Dpa-zentralbild/dpa

BERLIN (dpa) - Sie zählen zu den beliebtesten Göttern Deutschlands. Doch der Kampf von Zeus & Co mit irdischen Giganten ist Besuchern noch einige Zeit verwehrt. Das Pergamonmuseum wird von Grund auf saniert.

Die Götter brauchen Staubschutz. Und Sensoren gegen zu starke Erschütterungen. In einem der bekanntesten Museen Deutschlands werden die göttlichen Figuren vor alltäglichen Bauarbeiten geschützt. Seit sechs Jahren wird das zwischen 1910 und 1930 errichtete Berliner Pergamonmuseum erstmals von Grund auf saniert. Im ersten Bauabschnitt wird an diesem Freitag Richtfest gefeiert. Bis zur Eröffnung dauert es noch vier Jahre, vielleicht auch sechs. Das hängt auch von den Widrigkeiten des Baus ab.

Der vor Kraft strotzende Kampf von Zeus und anderen Göttern mit den irdischen Giganten auf dem berühmten Fries des griechischen Pergamonaltars bleibt bis dahin hinter der schützenden Wand aus großen Metallplatten verborgen.

Als eines der wenigen Museen in Deutschland lockt das Pergamon jährlich mehr als eine Million Besucher an - wenn es komplett geöffnet ist. Wegen der Bauarbeiten gelangen Besucher derzeit aber nur in einen Teil des riesigen Komplexes. Schräg gegenüber bietet ein temporärer Bau seit Ende 2018 mit einigen Exponaten etwas Ausgleich.

Im Bauabschnitt A ist von griechischen Göttern oder islamischer Kunst kaum etwas zu ahnen. Hier herrschen derzeit neue Wände, Durchbrüche, Rohbauten von Treppenhäusern mit eher martialische Fakten: 700 Tonnen Stahl für Gerüste, Windböcke oder Stützen. Über allem ein 7.000 Quadratmeter großes Schutzdach gegen das Wetter, darunter werden 2.500 Quadratmeter Lichtdecken montiert.

«Das ist eine hochkomplexe Baustelle», sagt Petra Wesseler, als Präsidentin des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung verantwortlich für die Arbeiten. Das völlig veraltete Gebäude soll die modernste Museumstechnik erhalten. «Da sind enorme Eingriffe notwendig, um am Ende der Technik und den Besucherströmen zu genügen.» Wesseler sagt dies vor einem neu angelegten, immensen Graben im Untergeschoss, der künftig Lüftung und andere Technik für den fast 38.000 Quadratmeter umfassenden Bau beherbergen soll.

Hier unten erläutert Hermann Parzinger, als Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz zuständig für die Staatlichen Museen in Berlin, die geplante archäologische Promenade. Sie soll das gesamte Unesco-Welterbe Museumsinsel erschließen und die verschiedenen Häuser eines der wichtigsten musealen Komplexe der Welt verbinden. «Das ist in dieser Form einmalig», sagt Parzinger. Mit viel Tageslicht über Glasdecken jeweils zwischen den Museumsbauten solle die Promenade nicht nur die Museen verbinden, sondern «auch als Ausstellungsbereich dienen für gemeinsame, sammlungsübergreifende Themen».

Weiter nach ganz oben. Hier wird das Glasdach über den verschiedenen Ausstellungsbereichen erneuert. Die Lichtdecke soll zwar den Tageslichtverlauf wiedergeben, aber gleichzeitig bei Dunkelheit mit Kunstlichtunterstützung immer ausreichend Helligkeit bieten. Drüben, im Miletsaal, der zum späteren Bauabschnitt B gehört, wird es unter der Lichtdecke noch schummrig, wenn das Tageslicht abnimmt.

Für den neuen Mschatta-Saal, der die mit Reliefs versehene kolossale Fassade der jordanischen Wüstenresidenz aus dem achten Jahrhundert zeigen soll, mussten tragende Wände abgebaut und neue eingezogen werden. Die denkmalgeschützte Decke wird zwischenzeitlich von riesigen Stahlkonstruktionen getragen. Wesseler: «Wir sanieren so denkmalgerecht wie möglich.»

Womit wir bei den Kosten wären. Wesseler und Parzinger sehen alles im Plan. Seit das Bundesbauamt 2016 eine Steigerung der ursprünglich geplanten Kosten für den ersten Bauabschnitt von 261 Millionen auf 477 Millionen Euro verkünden musste, ist diese Zahl unverändert geblieben. Und wann kommen Besucher wieder zum Pergamonaltar? Geplant ist noch immer Mitte 2023. Wesseler weist aber auf «viele Risiken und Unwägbarkeiten» in dem Bau hin. «Deswegen muss man seriöserweise 19 Monate Puffer mitdenken.» Einen konkreten Zeitpunkt gibt es noch nicht. «Das wird irgendwann zwischen Mitte 2023 und Anfang 2025 sein.» Die Pergamon-Götter hinter ihrer Schutzwand stammen aus dem zweiten Jahrhundert vor Christus. Sie werden warten.

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