Giftlabor in Kölner Hochhaus

Neue Durchsuchung ohne brisante Funde

Foto: epa/Sascha Steinbach
Foto: epa/Sascha Steinbach

KÖLN (dpa) - Polizisten durchkämmen erneut das Hochhaus, in dem ein Tunesier hochgiftiges Rizin hergestellt haben soll. Spezialkräfte nehmen sich acht Wohnungen vor - und atmen auf.

Im Fall des möglicherweise für einen Terroranschlag hergestellten Bio-Giftes Rizin haben die Ermittler das Umfeld des festgenommenen Tunesiers unter die Lupe genommen. Drei Tage nach der Sicherstellung des hochgefährlichen Stoffes in einer Kölner Hochhauswohnung machten Ermittler bei einer neuen Durchsuchungsaktion in dem Gebäude offenbar keine weiteren brisanten Funde. Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr, Bundeskriminalamt und Experten des Robert-Koch-Instituts untersuchten am Freitag zwei Wohnungen des verdächtigen 29-jährigen Tunesiers sowie sechs leerstehende Wohnungen. Gefährliche oder verdächtige Mittel oder Gegenstände sollen dabei nicht entdeckt worden sein.

Der als Giftmischer verdächtigte Tunesier aus Köln soll nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins «Der Spiegel» zweimal versucht haben, zum sogenannten Islamischen Staat (IS) nach Syrien auszureisen. Bei den Versuchen habe er wahrscheinlich auch Unterstützung durch Anhänger der IS-Terrormiliz gehabt, berichtet das Magazin. Die Reise des 29-Jährigen sei aber jeweils in der Türkei gescheitert. Die türkischen Behörden hätten die Deutschen informiert. Dennoch sei weder ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet, noch sei er als islamistischer Gefährder eingestuft worden. Eine Sprecherin des NRW-Innenministeriums nahm dazu keine Stellung und verwies auf die Bundesanwaltschaft. Diese wollte den Bericht nicht kommentieren.

Am Dienstag war das hochgefährliche Rizin in der Wohnung des Mannes gefunden worden, die er mit Frau und Kindern bewohnte. Die Bundesanwaltschaft verdächtigt den Tunesier, biologische Waffen hergestellt zu haben. Ob er das tödlich wirkende Bio-Gift für einen islamistisch motivierten Anschlag einsetzen wollte, war am Freitag weiter offen. Laut Bundesanwaltschaft besteht der Anfangsverdacht, dass er eine «schwere staatsgefährdende Gewalttat» vorbereitete. Rizin kann in kleinsten Mengen tödlich wirken und gilt als potenzielle Biowaffe.

Ein Sprecher der Karlsruher Behörde sagte zu Beginn der erneuten Durchsuchung, es gehe um die beiden Wohnungen des Beschuldigten, aber auch um sechs weitere leerstehende Wohnungen. Zu diesen soll er den passenden Schlüssel besessen haben. Der verhaftete 29-Jährige hat laut Verdacht rund 1000 Rizinus-Samen und eine elektrische Kaffeemühle im Internet bestellt und daraus seit mehreren Wochen biologische Waffen - vermutlich Rizin-Pulver - hergestellt.

Nach Einschätzung des Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen plante der Mann «sehr wahrscheinlich» einen Terroranschlag. Die Auswertungen seien zwar noch nicht abgeschlossen, «allerdings ist es in der Gesamtschau der bislang vorliegenden Hinweise sehr wahrscheinlich, dass hier ein terroristischer Anschlag vereitelt werden konnte», sagte Maaßen der «Rheinischen Post» (Freitag).

Bei der erneuten Aktion in dem 15-geschossigen Gebäude am Freitag waren die Einsatzkräfte enorm gesichert. Manche trugen besondere Schutzkleidung, einige hielten sich in Dekontaminationsanzügen bereit. Bewohner waren nach Angaben aus Sicherheitskreisen nicht in Gefahr. Das Hochhaus wurde nicht evakuiert. Anwohner konnten das Haus betreten, sofern sie ihren Ausweis zeigten. Die Beamten stellten sich zunächst auf einen längeren Einsatz ein, konnten die Wohnungen dann aber zügig durchkämmen. Zumindest in den sechs leerstehenden Wohnungen soll die Durchsuchung am Freitagnachmittag beendet worden sein.

Die Ermittler wollten mit dem Einsatz vor allem ausschließen, dass in dem Wohngebäude noch gefährliche Restbestände lagern. Ob sich der 29-Jährige inzwischen zu den Vorwürfen geäußert hat, gab die Bundesanwaltschaft zunächst nicht bekannt.

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.
Pflichtfelder

Es sind keine Kommentare zum Artikel vorhanden, bitte schreiben Sie doch den ersten Kommentar.