BRIENZ: Einwohner des Schweizer Bergdorfs Brienz schauen mit wachsender Sorge auf ihre Heimat: Weil riesige Gesteinsmassen das Dorf zu zerstören drohen, mussten sie ihre Häuser am Freitag räumen. Ab 18.00 Uhr galt Alarmstufe Rot, wie die Gemeinde Albula, zu der Brienz gehört, mitteilte. Das bedeutet: In 4 bis 14 Tagen könnten sich die Felsmassen nach Messungen und Modellrechnungen in größerem Umfang lösen und herabdonnern. Ob Geröll und Steine vor dem Dorf liegen bleiben, daran vorbeirutschen oder tatsächlich Kirche und Häuser mitreißen, konnte niemand vorhersagen. Insgesamt sind bis zu zwei Millionen Kubikmeter Gestein in Bewegung.
Brienz liegt rund 25 Kilometer Luftlinie südwestlich von Davos auf etwa 1100 Metern Höhe und ist nicht zu verwechseln mit dem bekannteren Brienz unweit von Interlaken am Brienzersee.
Rund 80 Einwohner, die teils bereits im Tal wohnten, mussten das wichtigste Hab und Gut in dieser Woche in Sicherheit bringen. Alle Daueranwohner hätten vorübergehend anderswo Wohnungen bekommen, berichtete die Gemeinde. Zunächst sollten sie am Samstag noch einmal stundenweise ins Dorf zurück dürfen. Wegen der brenzlichen Lage wurde dieser letzte Besuch aber gestrichen. Unklar war zunächst auch, wie lange sich weitere Gesteinsbrocken oberhalb des Dorfes lösen können und wann im besten Fall eine Rückkehr in das Dorf möglich ist.
Wenn der Gesteinsrutsch unmittelbar bevorsteht, sollen auch die Bahnlinie sowie die Straßen von Tiefencastel nach Filisur und nach Lenzerheide gesperrt werden.
Der Klimawandel macht Felsstürze mancherorts wahrscheinlicher. Wenn Permafrost auftaut können Schutt und Geröll ihren Halt verlieren. In Brienz spielt dies nach Expertenangaben aber keine Rolle. «Das Dorf ist seit Menschengedenken in Bewegung», heißt es auf der Webseite der Gemeinde. «In den letzten zwanzig Jahren hat sich die Rutschung aber stark beschleunigt: Aktuell beträgt die Bewegung rund einen Meter pro Jahr.»