Raumfahrer aus USA an ISS angekommen

​«Geschichte geschrieben»

Die NASA-Astronauten Doug Hurley (Vordergrund) und Bob Behnken, an Bord des Raumschiffs SpaceX Crew Dragon auf der SpaceX Demo-2-Mission der NASA. Foto: epa/Nasa Tv
Die NASA-Astronauten Doug Hurley (Vordergrund) und Bob Behnken, an Bord des Raumschiffs SpaceX Crew Dragon auf der SpaceX Demo-2-Mission der NASA. Foto: epa/Nasa Tv

CAPE CANAVERAL: Vor neun Jahren flogen zuletzt Astronauten von den USA aus zur Internationalen Raumstation, seitdem ging das nur noch über Russland. Mit einem Privatunternehmen hat es die Nasa jetzt erstmals wieder selbst getestet - und war im zweiten Anlauf erfolgreich.

Erstmals seit neun Jahren sind wieder Astronauten von den USA aus zur Raumstation ISS geflogen - und erstmals mithilfe eines privaten Raumfahrtunternehmens. Die US-Raumfahrer Robert Behnken und Douglas Hurley dockten am Sonntag nach rund 20 Stunden Flug mit der «Crew Dragon»-Raumkapsel an der ISS an, wie die US-Raumfahrtbehörde Nasa und das private Raumfahrtunternehmen SpaceX mitteilten. Sie sollen rund einen Monat an Bord der ISS bleiben.

Am Samstag hatte die Raumkapsel mit einer «Falcon 9»-Rakete vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral abgehoben. «Geschichte ist geschrieben worden», kommentierte die Nasa per Kurznachrichtendienst Twitter. Nasa-Chef Jim Bridenstine sprach von einem «wundervollen Tag». US-Präsident Donald Trump feierte den Start als «heldenhafte Tat». Die kommerzielle Raumfahrt sei die Zukunft. «Ein neues Zeitalter amerikanischen Ehrgeizes hat jetzt begonnen.»

SpaceX-Gründer Elon Musk zeigte sich tief bewegt. «Ich bin wirklich emotional sehr überwältigt, es ist schwer für mich zu sprechen», sagte Musk bei einer Pressekonferenz nach dem Start. 18 Jahre lang habe er auf dieses Ziel hingearbeitet. «Ich glaube, es ist etwas, worüber die Menschheit sich freuen kann, und worauf sie stolz sein kann.» Der deutsche Astronaut Alexander Gerst hieß seine beiden Raumfahrer-Kollegen via Twitter «willkommen zurück im Weltraum» und gratulierte SpaceX für die «solide Leistung».

Die Raumfahrtnation Russland beglückwünschte die USA zum erfolgreichen Start. «Im Kosmos ist schon alles passiert, und es ist unabdingbar, mindestens zwei Transportsysteme zu haben», teilte der Sprecher der Raumfahrtbehörde Roskosmos, Wladimir Ustimenko, am Sonntag in Moskau mit. «Jetzt werden nicht nur Russen zur ISS fliegen, sondern auch Amerikaner. Das ist wunderbar!»

Ein erster Startversuch war am Mittwoch wegen schlechter Wetterbedingungen kurz vor dem Start abgebrochen worden. Auch vor dem zweiten Versuch hatten die Bedingungen zunächst nur mäßig ausgesehen, dann hatten sich die Wolken aber rechtzeitig verzogen und das Kontrollzentrum gab grünes Licht: «Lasst uns diese Kerze anzünden!» Es sei ihnen eine Ehre, sagte Behnken aus dem «Crew Dragon» und zeigte gemeinsam mit Hurley die Daumen nach oben. «Wir werden aus dem Weltraum wieder mit euch sprechen.» Weltweit war der «LaunchAmerica» betitelte Test mit Spannung erwartet worden.

Kurz nach dem erfolgreichen Start des «Crew Dragon» landete die erste Raketenstufe sicher aufrecht auf dem Schiff «Of Course I Still Love You» (auf Deutsch etwa: Natürlich liebe ich dich noch) im Atlantik vor der US-Küste. Die Landung und Wiederverwendung von Raketenstufen und Raumkapseln ist ein wichtiger Teil der Strategie des privaten Raumfahrtunternehmens SpaceX. Schon mehrfach gelangen Landungen von Raketenstufen auf Schiffen sowie auf Land.

Bei «LaunchAmerica» handelt sich um den letzten Flugtest für den von SpaceX entwickelten «Crew Dragon». SpaceX hatte zuvor nur Fracht zur ISS transportiert. Wegen der Corona-Pandemie war der Zugang zu dem Gelände des Weltraumbahnhofs im US-Bundesstaat Florida, wo normalerweise Besucher bei Starts zuschauen dürfen, stark eingeschränkt. US-Präsident Trump und Vizepräsident Mike Pence waren aber angereist.

Zuletzt waren im Sommer 2011 Astronauten mit der Raumfähre «Atlantis» zur ISS geflogen. Danach mottete die US-Raumfahrtbehörde Nasa ihre Space-Shuttle-Flotte aus Kostengründen ein und war für Flüge zur ISS seither auf Russland angewiesen. Das war mit rund 80 Millionen Euro pro Flug in einer russischen Sojus-Kapsel nicht nur teuer, sondern kratzte auch mächtig am Ego.

Eigentlich waren eigene Flüge aus den USA zur ISS von der Nasa schon für 2017 angekündigt gewesen - im Zuge technischer Probleme, Finanzierungsschwierigkeiten und Umstrukturierungen nach der Wahl Trumps zum Präsidenten wurde das Projekt aber immer weiter aufgeschoben.

Es seien derzeit schwierige Zeiten für die USA, sagte Nasa-Chef Bridenstine. Das Land ist besonders stark von der Coronavirus-Pandemie betroffen, zudem gibt es derzeit Massenproteste nach dem Tod eines Afroamerikaners bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis. Er hoffe, sagte Bridenstine, dass der erfolgreiche Start «jedem die Möglichkeit gibt, über Menschlichkeit nachzudenken».


Russland beglückwünscht USA zum «Crew Dragon»-Start

MOSKAU: Die Raumfahrtnation Russland hat die USA zu ihrem Erfolg beim Start des bemannten «Crew Dragon» zur Raumstation ISS beglückwünscht. «Im Kosmos ist schon alles passiert, und es ist unabdingbar, mindestens zwei Transportsysteme zu haben», teilte der Sprecher der Raumfahrtbehörde Roskosmos, Wladimir Ustimenko, am Sonntag in Moskau mit. In den vergangenen Jahren waren die Russen die einzigen, die in der Lage waren, Menschen zur ISS zu bringen. Die «Crew Dragon»-Raumkapsel war am Samstag im zweiten Versuch erfolgreich ins Weltall gestartet und wurde am Sonntag nach etwa 19-stündiger Reise an der ISS erwartet.

Durch die neue Möglichkeit in den USA könnten die Länder nun die Anwesenheit ihrer Teams auf der ISS sicherstellen, schrieb Ustimenko im Kurznachrichtendienst Twitter. Russland hatte seit Jahren sämtliche US-Astronauten, aber auch Raumfahrer anderer Länder zum Außenposten der Menschheit in 400 Kilometern Höhe gebracht. «Jetzt werden nicht nur Russen zur ISS fliegen, sondern auch Amerikaner. Das ist wunderbar!», sagte Ustimenko. Die US-Raumfahrer Robert Behnken und Douglas Hurley waren die ersten Astronauten seit 2011, die von US-Boden aus zur ISS gestartet waren.

Die USA nutzen trotzdem weiter die Reisemöglichkeiten bei Roskosmos. Als nächstes soll die US-Astronautin Kathleen Rubins im Oktober an Bord einer Sojus-Kapsel zur ISS reisen - für 90,2 Millionen US-Dollar. Für die russische Raumfahrt ist das eine wichtige Einnahmequelle. Roskosmos-Chef Dmitri Rogosin hatte aber auch gesagt, dass durch künftig von den USA nicht genutzte Plätze Russland wieder mehr eigene Kosmonauten ins All bringen könne. Das sei auch für die Weltraumforschung gut.

Die Russen waren die ersten, die mit ihrer Technik ins Weltall vordrangen. Der Kosmonaut Juri Gagarin war 1961 der erste Mensch im Weltraum. Roskosmos-Sprecher Ustimenko sagte am Sonntag, dass Russland nicht auf der Stelle treten und sein eigenes Mondprogramm verfolgen werde. Zudem sollen in diesem Jahr zwei neue Raketen getestet werden. «Das wird interessant», sagte er.

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