Gemeinsamer Bedarf zur Imagekorrektur

Partnerschaft DFB/VW startet

Foto: epa/Boris Roessler/FOCKE STRANGMANN
Foto: epa/Boris Roessler/FOCKE STRANGMANN

WOLFSBURG (dpa) - Den DFB und seinen neuen Großsponsor VW eint ein großes Ziel: Vertrauen zurückgewinnen. Allein auf den Imageaspekt lässt sich die Partnerschaft aber nicht reduzieren.

Auch wirtschaftlich kommt das erste Länderspiel des Jahres einer Zäsur für den Deutschen Fußball-Bund (DFB) gleich. Während Bundestrainer Joachim Löw einen breit diskutierten notwendigen sportlichen Neuaufbau vorantreibt, ist auch im Umfeld vieles neu. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten ist kein Mercedes-Stern rund um die DFB-Elf allgegenwärtig, stattdessen das Volkswagen-Logo präsent. Das Testspiel am Mittwoch gegen Serbien (20.45 Uhr/RTL) findet nicht von ungefähr am VW-Konzernsitz Wolfsburg statt.

Seit Beginn des Jahres ist Volkswagen als Kernmarke des VW-Konzerns wichtigster wirtschaftlicher Partner des DFB neben Adidas, Mercedes-Benz als DFB-Generalsponsor Geschichte. Und dies nach immerhin 47 Jahren. Die neue Partnerschaft kommt nicht von ungefähr. VW und DFB, zwei der wichtigsten Institutionen in Deutschland, haben - vorsichtig ausgedrückt - großen Bedarf zur Imagekorrektur.

«Beide Seiten, Volkswagen und DFB, empfinden gerade angesichts des Geschehens in der Vergangenheit große Empathie füreinander. Beide sind selbstverschuldet in große Krisen geraten», sagte VW-Vertriebs-Vorstand Jürgen Stackmann der Deutschen Presse-Agentur und DFB-Präsident Reinhard Grindel befand: «Auch wenn die Vorgänge nicht vergleichbar sind, eint den DFB und VW die Notwendigkeit, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen und die richtigen Maßnahmen für die Zukunft abzuleiten.»

Volkswagen hat den Abgas-Skandal, der DFB erst die Affäre um die WM-Vergabe 2006 und dann das katastrophale WM-Abschneiden 2018 sowie eine Debatte um die Entfremdung der Basis von den Stars. «Natürlich spielt die Imagekomponente eine große Rolle», bestätigte auch der Marketingchef der Konzern-Kernmarke Volkswagen, Jochen Sengpiehl.

Beim DFB verspricht man sich viel von dieser «Imagekorrektur» weg von der Edelmarke Mercedes-Benz, für die auch nur das DFB-Premiumprodukt Nationalmannschaft interessant war. VW hingegen, das bewusst auch das Frauen-Nationalteam, die DFB-Jugendteams und den Amateurbereich unterstützt, soll den DFB wieder näher an alle Gesellschaftsschichten heranbringen. Nicht ganz unwillkommen freilich: der Einnahmensprung.

Mercedes soll dem Vernehmen nach bisher rund acht bis neun Millionen Euro pro Jahr gezahlt haben, VW knapp 30. Prompt brachte dies dem DFB bei der Verkündung des Deals 2017 Kritik ein. «Wenn einzig der finanzielle Aspekt über ein Sponsoring entscheidet, verwundert die zunehmende Kritik an der Kommerzialisierung nicht», sagte Sportmarketing-Experte Peter Rohlmann damals dem «Handelsblatt».

Allerdings wurde der Vertrag erstmals überhaupt nach einer Ausschreibung und einem anschließenden Bieterverfahren vergeben - alles ganz transparent, wie die DFB-Spitze nun gerne betont. Schon in der Vergangenheit hatte VW - bereits vor dem Abgas-Skandal - Interesse beim DFB hinterlegt und wurde dann überrascht, dass der Vertrag mit Mercedes still und heimlich verlängert worden war. Ob die acht bis neun Millionen pro Jahr marktgerecht waren, blieb offen. Zudem beinhaltet das VW-Sponsoring die rund sechs bis acht Millionen Euro, die der Konzern dem Verband bereits seit 2012 als Sponsor des DFB-Pokals bezahlt. Mercedes wollte den DFB-Pokal bewusst nicht.

Während der DFB die neue Partnerschaft vor allem aus Imagegründen als ideal ansieht, gibt es bei VW natürlich in erster Linie auch knallharte wirtschaftliche Interessen. «Wir wollen der E-Mobilität zum Durchbruch verhelfen und auf unsere neue ID-Fahrzeugfamilie aufmerksam machen, die pünktlich zur EURO im nächsten Jahr auf den Markt kommt», sagte VW-Vorstand Stackmann. Der Marketingchef der Kernmarke VW drückt sich noch deutlicher aus: «Wir wollen natürlich Produkte verkaufen.» Ziel sei es, «bis 2025 eine Million Elektroautos zu verkaufen.» Ein Jahr vorher endet der Vertrag mit dem DFB.

Für VW ist der DFB nur ein Teil - der Gewichtigste - einer gesamten Strategie im Fußball. Diese besteht darin, Partnerschaften zu Verbänden zu suchen. «Es geht um Verbände, weil man nur in einem Verband auch Handlungsspielraum hat. Die Erdung, die wir brauchen bis runter in den Handel, schaffen wir nur in Verbänden», meinte Sengpiehl. Zusätzlich zum DFB unterstützt VW auch die Verbände aus Österreich, der Schweiz, Finnland, Luxemburg, Kanada, Paraguay und der USA. Hinzu kommt ein Vertrag mit europäischen Dachverband UEFA, der angesichts der EM 2024 in Deutschland verlängert werden soll.

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