Geister, Riesen und Dämonen: Die Mythologie Thailands

Bild von Rafa Prada via Unsplash
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Wer Thailand wirklich verstehen will, muss nicht nur die Kultur, die Politik und die Gesellschaft des Landes verstehen, sondern auch die spirituellen Aspekte, die in Thailand überall präsent sind. Denn der Glauben in Thailand geht weit über den Buddhismus hinaus. Die Kultur des Landes steckt voller vielfältiger Mythen, Sagen und Geschichten. In der Form von Aberglauben findet man diese auch häufig im Alltag der Einheimischen. Macht man eine Rundreise durch Thailand oder bleibt man länger an einem Ort werden einem einige mystische Gestalten und uralte Geschichten begegnen. Die Folgenden sind die Pfeiler der Mythologie, die man kennen sollte:

Buddhismus

Der bekannteste Glauben, der einem in Thailand begegnet und der auch überall visuell präsent ist, egal in welchem Teil des Landes man sich aufhält, ist der Buddhismus. Circa 95% der Einheimischen sind Buddhisten. Wann genau die Religion in dem Land zu florieren begann, ist nicht ganz eindeutig geklärt, Wissenschaftler vermuten jedoch, dass es um das 3. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung gewesen sein könnte, als Missionare aus Indien gesandt wurden um den Glauben zu verbreiten. In jedem Fall reicht die Geschichte des Buddhismus sehr lange Zeit zurück und ist bis heute fest in der Kultur der Thais verankert.

Die Lehren des Buddhismus gehören in den Schulen zu den standardisierten Fächern und sind daher selbst im muslimisch geprägten Süden sehr präsent. Der Buddhismus ist auch der Ursprung vieler Tempel und der so bekannten Mönche, die in Thailand mit viel Respekt behandelt werden und dem Theravada-Buddhismus angehören. Von den Söhnen der Familie wird in der Regel so erwartet, dass sie einmal im Leben für mindestens drei Monate als Mönch in einen Tempel gehen, um sich dort fortzubilden und die Religion zu studieren.

Der Glaube an den Buddhismus schließt die alten Traditionen und den vielfältigen Glauben in Geister und andere übernatürliche Wesen ihrer Mythologie jedoch keineswegs aus. Im Gegenteil. In vielen Fällen geht der Buddhismus mit den anderen Arten des Glaubens Hand in Hand.

Ahnenkult

Durch kulturelle Einflüsse aus China ist in Thailand der Ahnenkult, welcher auch Manismus genannt wird, ebenfalls präsent. In vielen Häusern gibt es einen Hausaltar um die Ahnen zu ehren und die Verbindung zu den verstorbenen Verwandten ist deutlich stärker als zum Beispiel in Deutschland. Der Ahnenkult ist nicht nur mit dem Buddhismus verwoben, sondern ist auch stark mit dem Glauben an Geister und übernatürliche Wesen vernetzt. So sollen Verstorbene zum Beispiel verbrannt werden, da sie, wenn sie begraben würden, zu gefährlichen Geistern werden.

Garuda

Die wohl bekannteste Gestalt der thailändischen Mythologie ist Garuda, ครุฑ. Diese mystische Gestalt ist halb Mensch, halb Adler und wird im Allgemeinen als Götterbote interpretiert. Der Garuda ist in diversen religiösen und spirituellen Gebieten Asiens bekannt, unter anderem in Indien und Tibet.

In Thailand ist er das Emblem des Königs und gilt als Inkarnation Vishnus, welcher wiederum ein Gott des Hinduismus ist. Der Garuda ist die einzige Kreatur, der es gestattet ist, oberhalb des Kopfes des Königs zu stehen und ziert die royalen Banner. Ist irgendwo ein Garuda zu sehen, handelt es sich um ein königliches oder religiöses Gebäude beziehungsweise Objekt oder aber es handelt sich um ein Gebäude, das vom König geweiht wurde. Der Garuda kann durchaus auch alleine stehen, häufig wird er jedoch als König eines großen Vogelschwarms gezeigt, da dies eher den buddhistischen Legenden entspricht. Außerdem hat er eine enge Verbindung zum Berg Meru, welcher als zentrale Achse der buddhistischen Welt angesehen wird.

Geister

In der thailändischen Mythologie wimmelt es nur so von Geistern. Der Animismus stammt noch aus der vor-buddhistischen Zeit, hat jedoch die Jahrhunderte überdauert und sich auch im heutigen modernen Thailand manifestiert. Die Geister, auch phi genannt, lauern überall, in Bäumen, Höhlen, Flüssen und auch im eigenen Haus. Einige von ihnen sind gut, die meisten trachten jedoch nach Unruhe und bringen Verderben mit sich. Einheimische in Thailand sind also besonders vorsichtig und haben teilweise eine tiefsitzende Angst vor den Geistern. Deshalb finden sich nicht nur Amulette und Altäre an vielen Orten, sondern auch Geisterhäuser, die speziell für die übernatürlichen Wesen errichtet werden und ihnen als Wohnort dienen. Es gibt verschiedene Ehrerbietungen, Rituale und Feste rund um die verschiedenen Geister. In Süd-Thailand findet zum Beispiel das „Fest der hungrigen Geister“ statt, das Reisende in Phuket gerne besuchen. Mittlerweile gehen einige Leute sogar auf Geisterjagd, wie der Farang berichtet.

Nagas

Die sogenannten Nagas stammen, wie der Garuda, eigentlich aus dem indischen Hinduismus, spielen aber spätestens seit dem 6. Jahrhundert auch in der thailändischen Mythologie eine Rolle. Sie leben am Berg Meru, dem bereits erwähnten Mittelpunkt der buddhistischen Welt. Nagas sind sowohl Schlangen als auch Drachen und gelten als Beschützer geistiger Schätze. In der menschlichen Welt finden sie sich auf dem Grund von Meeren, Flüssen und Seen wieder und bewohnen dort prächtige Paläste. Im Nordosten Thailands findet am 11. Vollmond des Mondkalenders immer das „Feuerball Festival“ am Mekong Fluss statt, bei welchem die Nagas Feuerbälle erzeugen und viele Zuschauer anziehen.

Yakshas und Kinnari

Bei den sogenannten Yakshas, ยักข์ oder auch ยักษ์, handelt es sich um Riesen. Ihnen wird eine große Bedeutung zuTeil, denn sie wurden bereits vor über 600 Jahren in der thailändischen Literatur, der Predigt über die drei Welten, auch Traibhumikatha genannt, erwähnt. 28 Yaksha-Könige bewachen die Spitze des Berges Meru und damit auch den Gott Indra. Eine ganze Armee des Yakshas bewacht außerdem die Paläste der Götter. Den Menschen sind die Yaks nicht nur aus der Literatur und mythischen Epen bekannt, sondern auch aus der Kunst. An den großen Wats, den bekannten Tempel wie zum Beispiel der Wat Phra Kaeo in Bangkok, stehen sie häufig als übergroße Wächter vor den Türen und wachen über die heiligen Orte.

Im Wat Phra Kaeo befinden sich auch Statuen der Kinnari, so auch ein halb-anthropomorphes Wesen, dessen Oberkörper einen weiblichen Menschen darstellt und dessen Unterleib der eines mystischen Schwans, dem sogenannten Hong, ist. Die männliche Variante nennt sich Kinnorn. Auch sie sind Fabelwesen aus dem Himaphan-Wald am Berge Merus.

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