Der jüngste Bruder meiner Frau hatte vor zwei Jahren ein Bauernmädchen aus dem Nachbardorf geheiratet und war, wie das hier so üblich ist, in das Haus der Schwiegereltern gezogen. Zuerst ging auch alles gut, der Junge bestellte die Äcker seiner Schwiegereltern und auch seine junge Frau, denn nach pünktlich 9 Monaten war schon eine kleine Tochter da. Um so erstaunter war ich, als sich eines Tages der Junge wieder bei uns einquartierte, ohne Frau und Kind. Auf meine Frage, warum er seine Familie verlassen hat, bekam ich von meiner Frau die Auskunft, dass der Bruder es nicht mehr mit der Schwiegermutter ausgehalten habe. Sie wäre von morgens bis abends am Schimpfen und Keifen.
Als ein paar Wochen später beim Kamnan (Bezirksbürgermeister) ein Versöhnungstermin stattfand, konnte ich den Bruder meiner Frau verstehen. Die Alte war eine richtige Hexe, wenn man sie ansah, und erst recht wenn sie den Mund aufmachte. Man konnte gar nicht verstehen, woher sie eine so nette Tochter hatte. Vor allem wegen der keifenden Alten wurde es nichts mit der Versöhnung.
Da der Junge gerne wieder mit Frau und Kind zusammen sein, aber nicht in das Haus seiner Schwiegermutter zurück wollte, hatte meine Frau sich eine andere Lösung ausgedacht. Da sie mit ihrem Produktehandel und der Zuckerrohrpf Zlanzerei oft den ganzen Tag ausser Haus beschäftigt war, brauchten wir ein Hausmädchen, um das Haus sauber zu halten und für die Familie zu waschen und zu kochen. Wir boten der Frau des Bruders also an, mit ihrem Mann zusammen bei uns zu wohnen und gegen ein Monatsgehalt die Hausbesorgung zu übernehmen. Das Mädchen hätte das auch gerne gemacht, die Hexe sperrte sich jedoch dagegen, und als gute Tochter hörte sie auf ihre Mutter.
So wurde also im Familienrat beschlossen, noch einen Versöhnungsversuch, diesmal aber unter Zuhilfenahme der Geister zu unternehmen. Eines nachmittags wurde also die ganze Familie, Bruder, Schwester, Onkel, Tanten, der Grossvater und ein ganze Schar Kinder auf zwei Fahrzeuge verladen. Dazu ein grosser gekochter Schweinskopf für die Geister und zwei Kisten Chang-Bier nebst ein paar Flaschen Reisschnaps für die Menschen. Mit von der Partie waren noch der Dorfälteste und der Dorfschamane. Am Haus der Schwiegermutter angekommen, kletterte alles aus den Fahrzeugen und hockte sich im Halbkreis auf den Boden. Gegenüber platzierte sich die andere Partei, die Familie der Schwiegermutter. Dann fing ein grosses Palaver an, mit viel Geschrei und Geschimpfe von Seiten der Hexe. Nach einer Stunde hatte man sich aber soweit geeinigt, dass man die Sache den Geistern übergeben konnte. Eine Schale mit dem mitgebrachten Schweinskopf wurde in die Mitte der beiden Parteien auf den Boden gestellt, und in jedes Nasenloch eine Kerze gesteckt und angezündet. Es war inzwischen dunkel geworden, und die einzige Beleuchtung kam von den Kerzen im Schweinskopf. Es sah richtig geisterhaft aus, und die Kinder kuschelten sich an ihre Mütter. Dann begann eine Beschwörungszeremonie, bei der der Schamane langsam eine Flasche Bier in die Schale mit dem Schweinskopf leerte und dabei Beschwörungssprüche murmelte. Nach einer Weile hatten die Geister wohl die Gabe gnädig angenommen und ihre Zustimmung zur Umsiedlung der Tochter gegeben, und man konnte zum gemütlichen Teil übergehen. Die Bier- und Schnapsflaschen wurden geöffnet und kräftig auf das neue Glück getrunken. Als alle Vorräte geleert waren, kletterte die ganze Gesellschaft wieder auf die Fahrzeuge, diesmal mit der verlassenen Ehefrau nebst Kind, und ich hatte von da an zwei Personen mehr in meinem schon gut bevölkerten Haus wohnen.
Spannendes Buch über den IsaanGünther Ruffert, geboren 1927, lernte in den 60er Jahren, als Bauingenieur arbeitend, Thailand und seine Menschen kennen und lie-ben. Seit seiner Pensionierung im Jahr 1990 wohnt er im Heimatort seiner jetztigen Frau, in einem kleinem Dorf im Isaan, dem armen Nordosten. Er beschäftigt sich mit Zuckerrohranbau und Reishandel. Dan- eben schreibt er Geschichten über Land und Leute, die in verschie- denen deutschsprachigen Publikationen regelmässig erscheinen. Dies vor allem, um den Deutschsprachigen, die nach Thailand kommen, oder sich zu Hause mit diesem Land beschäftigen, ein vertieftes Bild des Landes und seiner Menschen zu vermitteln. Durch Rufferts intime Kenntnisse erhält der Leser Ein- blicke, die ihm als Urlauber normalerweise verborgen bleiben. Wer mehr über das weitestge- hend unbekannte Isaan erfah–ren möchte, sollte zu Rufferts Buch greifen: „Ein Fenster zum Isaan“ beschreibt den Alltag der Menschen im Nordosten aus unterschiedlichen Perspektiven. Das Buch kostet 395 Baht und ist in Pattaya in der FARANG- Geschäftsstelle an der Thepprasit Road, in den Bookazine-Geschäften in der Royal Garden Plaza und im Central Festival Center/Big C, bei Amigo Tailor an der Soi Diamond und im Restaurant Braustube an der Naklua Road erhältlich. |