JERUSALEM: Das Schicksal der von der Hamas Entführten scheint im Handeln des Regierungschefs eine untergeordnete Rolle zu spielen. Angehörige der Opfer zogen mit einer «Weckruf-Sirene» vor seine Residenz.
Dutzende Angehörige der von der Hamas verschleppten Geiseln sowie ihre Sympathisanten haben vor dem Haus von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu demonstriert. Um 6.29 Uhr, der genauen Uhrzeit vor einem Jahr, als die Hamas und andere extremistische Gruppen aus dem Gazastreifen den Süden Israels überfallen hatten, ließen die Kundgebungsteilnehmer zwei Minuten lang eine sogenannte «Weckruf-Sirene» heulen. Danach sangen sie die Nationalhymne, berichtete der TV-Sender Channel 13 News.
Die Teilnehmer des Protests forderten Netanjahu dazu auf, eine Vereinbarung zu treffen, um die noch rund 100 Geiseln in der Gewalt der Hamas freizubekommen. Am 7. Oktober des Vorjahres hatten die Islamisten aus Gaza nicht nur ein beispielloses Massaker mit 1.200 Toten verübt, sondern auch rund 250 Menschen als Geiseln in den abgeriegelten Küstenstreifen verschleppt.
Im Zuge der bisher einzigen Vereinbarung hatte die Hamas im vergangenen November 105 Geiseln freigelassen. Eine Handvoll Geiseln konnte die israelische Armee befreien. Viele der noch im Gazastreifen befindlichen Entführungsopfer dürften inzwischen tot sein. Das Forum der Geiselfamilien hielt in einer Erklärung fest: «Heute vor genau einem Jahr wurden Hunderte Menschen gekidnappt, in ihren Pyjamas aus ihren Betten heraus, bei einer (Rave-)Party, bei der sie das Leben feierten, oder aus ihrer Armeebasis heraus.»
Mit der «Weckruf»-Sirene würden die Geiselangehörigen an Netanjahu appellieren, ihre Lieben nicht weiter im Stich zu lassen, hieß es in der Erklärung. Der Regierungschef müsse alle Entführten mit Hilfe eines Abkommens nach Hause bringen, damit «die Lebenden an ihr Leben wiederanknüpfen und die Toten würdig begraben werden können».