Biden bekräftigt US-Anspruch im Nahen Osten

«Gehen nirgendwo hin» 

Joe Biden (3.v.l), Präsident der USA, nimmt an einer Arbeitssitzung mit dem Kronprinz von Saudi-Arabien, bin Salman, im Al-Salman-Königspalast teil. Foto: Saudi Press
Joe Biden (3.v.l), Präsident der USA, nimmt an einer Arbeitssitzung mit dem Kronprinz von Saudi-Arabien, bin Salman, im Al-Salman-Königspalast teil. Foto: Saudi Press

DSCHIDDA: Wieder und wieder musste US-Präsident Biden sich gegen Kritik an seiner Nahostreise wehren. Dafür rückt die Region, so seine Hoffnung, unter Ägide der USA etwas näher zusammen. Denn weiter östlich liegen Staaten, denen er keineswegs allein das Feld überlassen will.

Vor dem geplanten Besuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin im Iran hat US-Präsident Joe Biden beim Besuch im Nahen Osten den geopolitischen Anspruch Amerikas in der Region bekräftigt. «Wir werden nicht weggehen und ein Vakuum hinterlassen, das von China, Russland oder dem Iran ausgefüllt wird», sagte Biden am Samstag im saudischen Dschidda. Die Vereinigten Staaten blieben ein aktiver und engagierter Partner im Nahen Osten und gingen «nirgendwo hin». In einem greifbaren Erfolg kündigte Saudi-Arabien an, seinen Luftraum für Flüge von und nach Israel zu öffnen.

Das Treffen mit dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman, den US-Geheimdienste als Drahtzieher des Mordes am Journalisten Jamal Khashoggi sehen, sorgte bis zum Abschluss von Bidens Reise für Kritik. Dieser versicherte, er habe den Mord beim Treffen mit dem Kronprinzen «glasklar» angesprochen - dieser habe jedoch jede Verantwortung zurückgewiesen. «Er sagte im Grunde, dass er nicht persönlich dafür verantwortlich sei. Ich deutete an, dass ich glaube, er ist es», sagte Biden. Der in den USA lebende Journalist war 2018 im saudischen Konsulat in Istanbul auf brutale Weise getötet worden.

Die saudische Seite warnte die USA in dem Fall vor Einmischung. «Ein Aufzwingen von Werten ist kontraproduktiv», zitierte der von Saudi-Arabien finanzierte Nachrichtenkanal Al-Arabija einen Regierungsvertreter. Kronprinz Mohammed habe versichert, dass das Königreich «im Khashoggi-Vorfall die nötigen Schritte unternommen hat». Auch die USA hätten Fehler gemacht, darunter im Gefängnis Abu Ghraib im Irak, das nach einem US-Folterskandal 2004 auch durch grausame Fotos international bekannt geworden war.

Für Biden war es die erste Nahost-Reise als US-Präsident mit Stationen in Israel, den Palästinensergebieten im Westjordanland und Dschidda in Saudi-Arabien. Dieses erkennt Israel weiterhin nicht an und plant laut Außenminister Faisal bin Farhan nach Aufhebung des Flugverbots, das zuvor schon gelockert wurde, auch keine weiteren vergleichbaren Schritte. Die Ankündigung passte zu Bidens Rede beim Gipfel des Golf-Kooperationsrats (GCC) von einem stabileren Nahen Osten, der vereinter sei denn je.

Der Iran, den viele Länder der Region als Bedrohung empfinden, blieb während der Reise durchgehend Thema. Die GCC-Staaten mit den weiteren Gipfel-Teilnehmerländern Irak, Ägypten und Jordanien erklärten mit den USA nach dem Treffen, man wolle eine atomare Bewaffnung des Irans diplomatisch verhindern. Bereits bei seinem ersten Stopp in Jerusalem hatte Biden versichert, dass die USA keine atomare Bewaffnung des Irans dulden würden. Biden schloss nicht aus, in letzter Instanz auch Gewalt anzuwenden, um einer nuklearen Bedrohung zu begegnen.

Kremlchef Putin will am Dienstag für politische Gespräche in den Iran reisen. Neben dem iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi soll er dort auch den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan treffen. Ein hochrangiger US-Regierungsvertreter sagte am Rande des GCC-Gipfels, den USA lägen Hinweise vor, wonach Russland iranische Kampfdrohnen zum Einsatz im Ukraine-Krieg kaufen wolle.

Beim Öl gab es keine konkreten Zusagen von Energie-Schwergewicht Saudi-Arabien. Das Land will seine grundsätzlich mögliche Förderkapazität pro Tag aber um eine Million Barrel erhöhen. Mit Blick auf die Energiesicherheit sagte der katarische Emir Tamim bin Hamad beim Gipfel: «Wir werden keine Bemühungen scheuen, den kontinuierlichen Fluss der Energieversorgung sicherzustellen».

Der Konflikt der USA mit China dürfte künftig auch in Saudi-Arabien spielen, wo US-Firmen laut einer neuen Vereinbarung beim Aufbau von 5G- und 6G-Mobilfunknetzen helfen sollen. Chinas Telekomriese Huawei hatte erst vor wenigen Monaten eine Absichtserklärung mit der im Saudi-Arabien aktiven Mobilfunkfirma Zain unterzeichnet, die sich ebenfalls um den Ausbau solcher Infrastruktur dreht.

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Ingo Kerp 18.07.22 15:14
Der alte Herr Biden. Daheim auf dem politischen Absteigeast und international inzwischen in einer Situation, bei der die Welt an ihm vorbeisegelt. Ist sicher alles gut gemeint von ihm, erbringt den USA aber keine Pluspunkte mehr. Nach dem Fist-Bump gibt es inzwischen starke Kritik aus den eigenen Reihen.