Ganz am Rande

​Es lebe das Smartphone

Ganz am Rande

Ich schaue schon seit Minuten auf mein Smartphone, um Sportnachrichten zu lesen. Der HSV hat endlich mal ein Tor geschossen, und das ist wichtig zu wissen, auch wenn mir eine bezaubernde Person gegenübersitzt. Die telefoniert sowieso gerade, und das seit gefühlten Stunden.

Die letzten 20 Jahre haben uns fantastische Technologien gebracht, die uns das Leben lebenswert gemacht haben. Dazu gehört das mobile Telefon, mit dem wir überall und jederzeit erreichbar sind. Ist das nicht herrlich? OK, die Jüngeren unter uns werden jetzt gähnen, aber wie haben wir Älteren eigentlich vor zwei Jahrzehnten ohne das Ding überlebt?

Wir nennen das Ding „Handy“, was bei respektlosen Freunden aus anderen Ländern dazu führt, sich vor Lachen in die Hose zu machen. Diese Ahnungslosen nennen es „Cell Phone“ und „Mobile Phone“, und nun „Smartphone“. Das gilt nun jedoch auch für uns: das Handy ist tot, man hat ein Smartphone. Das ist klasse, denn mit dem Smartphone hat man Apps. Apps sind supertolle Programme, die mir in allen Lebenslagen helfen. Schauen Sie mal auf die Hitlis­te der meist geladenen Apps. Zwischen Rang 1 und 20 befinden sich 17 Spiele. Ist das nicht großartig? Sehr beliebt ist das Spiegel-App, Platz 3. Erst reinschauen, ob die Haare schön liegen und dann Fotos machen.

Um jedoch nicht nur Pickel sondern auch Straßen zu finden, habe ich ein Navigationssystem auf meinem Smartphone. Ich kann sogar selbst gefunden werden. „Ju tee nai? Where are you, Daaling?“ „Och du, ich stehe hier gerade auf dem Expressway im Stau...“. „Oh I see, very close Beergarden.“ Aus. Vorbei. Das ist der Moment, bei dem sich die Verbindung und meine Stimmung regelmäßig verschlechtern. Hallo? Hallo…!!

Wer nicht telefonieren will, schreibt eine SMS. Man simst also miteinander. Manchmal sprechen wir aber auch miteinander. Persönlich, meine ich. Ist etwas mühselig, weil ständig jemand anruft. Ich kenne noch Zeiten, da hat man den Hörer einfach nicht abgenommen. Man war sozusagen nicht erreichbar. „Ich rufe zurück“ - „Er ruft zurück“ - war die gängige Dreier-Konversation zwischen Chef, Sekretärin und Anrufer. Waren das noch Zeiten. Heute wird mitten im Gespräch ein Anruf entgegengenommen. „Entschuldigung, ist wichtig“. Da sitze ich nun in meiner Unwichtigkeit, kann mich aber wenigstens den eingegangenen E-Mails zuwenden.

Meine Tischgefährtin wendet sich nun ebenfalls zu, und zwar mir. „Wollen wir bestellen?“ Klaro. Ich winke mit der freien Hand der Kellnerin zu, die freundlich lächelnd auf das Gerät an ihrem Ohr deutet. Dauert also noch ein wenig. Nach nur einer Stunde tippt sie unsere Bestellung in ein Gerät und, halten Sie sich fest, schickt sie online an die Küche. Das ist doch wirklich smart. Es wurde dann trotzdem ein netter Abend. Erzähl ich Ihnen aber später. Muss mal eben rangehen. Wichtig. (Foto: epa)

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