Gabriel: Von Trump kann man auch lernen

Der frühere SPD-Vorsitzende und Außenminister Sigmar Gabriel. Foto: Wikimedia/Olaf Kosinsky
Der frühere SPD-Vorsitzende und Außenminister Sigmar Gabriel. Foto: Wikimedia/Olaf Kosinsky

BERLIN (dpa) - Der frühere SPD-Vorsitzende und Außenminister Sigmar Gabriel hat gewarnt, dass Deutschland schlecht auf die gewaltigen Veränderungen in der Welt vorbereitet ist. «Was man von Donald Trump lernen kann: dass man Dinge radikal in Frage stellen kann», sagte Gabriel am Dienstagabend bei der Vorstellung seines Buchs «Zeitenwende in der Weltpolitik» in Berlin. Der FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki betonte: «Ich muss bekennen, ich bin großer Fan von Sigmar Gabriel». Das sei ein sehr wichtiges Buch, es beschreibe die Folgen durch das Ende regelbasierter Politik wie durch Trump.

Durch den Wegfall klarer Ordnungsmächte spricht Gabriel auch von einer G0-Welt. Das Buch ist von Mittwoch an im Handel und basiert auf vielen Gesprächen mit Diplomaten und Wegbegleitern. Es beginnt mit der paradoxen Lagebeschreibung anno 2018: «Eine Gesellschaft mit einer historisch niedrigen Arbeitslosigkeit auf dem Weg zur Vollbeschäftigung. Eine Gesellschaft, die von einer bärenstarken Wirtschaft profitiert und von Freunden umgeben ist. Nie in seiner Geschichte ging es unserem Land so gut.»

«Cool germany» («The Economist») machte Deutschland plötzlich zum Sehnsuchtsort, auch für Hunderttausende Flüchtlinge, auf der Suche nach einem besseren Leben. Der Rückzug auf das Nationale, wie von der AfD gepredigt, sei keine Option. Selbstkritisch räumt er auch große Fehleinschätzungen als Vizekanzler in der Flüchtlingskrise ein. Drinnen im Land wie draußen in Europa braue sich ein Sturm zusammen. Trumps Amerika «als schurkische Supermacht», Chinas Aufstieg, Nationalismus in Europa. Er sieht eine Antwort im Zusammenrücken Europas und mehr Einmischung Deutschlands. Aber das Land beschäftige sich viel zu sehr mit sich selbst, so Gabriel.

Am Ende des Buches stellt Gabriel eine große Frage. «Wie werden die Historiker in 600 Jahren unsere Zeit beschreiben? Als den Beginn einer neuen chinesischen Ära und den selbst verschuldeten Ausstieg Europas aus der Weltgeschichte?» Gabriel sieht Parallelen zu Chinas Abstieg, das Einmotten der großen Seeflotte und den Rückzug in die Isolation Mitte des 15. Jahrhunderts - während von Portugal und Spanien aus Europas Expansion begann. So wie heute China von Afrika bis Lateinamerika seinen Einfluss überall massiv ausweitet.

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Jürgen Franke 19.09.18 23:27
Wolgang Kubicki, stellte die einzig
richtige Frage bei der Buchvorstellung: "Was hast Du eigentlich gemacht, als Du regiert hast?"
Hermann Auer 19.09.18 19:48
Lebt der auf einem anderen Stern?
Zitat: "Nie in seiner Geschichte ging es unserem Land so gut.". Von welchem Land spricht der denn? Von dem Land, in dem 40 Prozent der Bevölkerung heute schlechter leben als vor 20 Jahren? Von dem Land, in dem 20 Prozent der Neurentner nach 40 Jahren Arbeit unterhalb der Armutsgrenze leben, weil die gesetzliche Rente systematisch kaputtgemacht wurde? In dem die Arbeitslosenversicherung durch sanktionierbare Hartz4-Unterstützung, die zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel ist, ersetzt wurde? Die ganze Liste der massiven Verschlechterungen für die arbeitende Bevölkerung der letzten zwölf Jahre würde den Rahmen dieses Kommentars sprengen.
Jürgen Franke 19.09.18 16:27
Auf das Buch von Gabriel
hat die Welt gewartet. Die Frage, warum es der SPD so schlecht geht, den Menschen in Deutschland, seiner Meinung nach jedoch so gut, wird nicht beantwortet.