G20 rettet sich mit Minimalkompromiss

Foto: epa/Japan Diplomacy G20 Summit
Foto: epa/Japan Diplomacy G20 Summit

OSAKA (dpa) - Lange Zeit sah es nach einem Scheitern des G20-Gipfels aus - am Ende rauften sich dann alle zusammen und fanden den kleinstmöglichen Nenner. Echte Erfolge wurden nur am Rande des Gipfels gefeiert.

Mit einem Minimalkompromiss beim Klimaschutz haben die wichtigsten Wirtschaftsmächte ein Scheitern ihres G20-Gipfels in letzter Minute abgewendet. US-Präsident Donald Trump akzeptierte am Samstag erst kurz vor Ende des Spitzentreffens im japanischen Osaka, dass die übrigen Staaten in der Abschlusserklärung an weitreichenden Klimaschutzzielen festhalten. Im Gegenzug wurden die USA darin trotz ihres Ausstiegs aus dem Pariser Klimaabkommen als «Führungsnation» bei der Reduzierung von CO2-Emissionen gewürdigt.

Zum zweiten Mal in Folge gab es auch kein gemeinsames Bekenntnis mehr gegen «Protektionismus» oder «unfaire Handelspraktiken» wie noch 2017 in Hamburg. Jetzt heißt es nur noch, man wolle die «Märkte offenhalten» - ebenfalls nur der kleinstmögliche Nenner.

Der eigentliche Gipfel wurde diesmal durch die zahlreichen Einzelgespräche in den Schatten gestellt. Wichtigstes Ergebnis: Die USA und China einigten sich auf einen «Waffenstillstand» in ihrem Handelskrieg und die Wiederaufnahme von Verhandlungen. «Wir sind wieder auf dem richtigen Weg», sagte Trump nach seinem Treffen mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping. Der US-Präsident sicherte zu, die angedrohte Ausweitung der Strafzölle vorläufig auszusetzen, was eine Vorbedingung Chinas war. Auch hob er die Blockade gegen Chinas Telekomriesen Huawei zunächst wieder auf: «Ich habe zugestimmt, dass der Verkauf von Produkten weiter erlaubt wird.»

Mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin vereinbarte Trump, Gespräche über eine Verlängerung des New-Start-Vertrags zur Begrenzung strategischer Atomwaffen aufzunehmen. Angesichts des aktuellen Streits zwischen beiden Ländern über das Verbot atomarer Mittelstreckenraketen ist das ein Zeichen leichter Entspannung.

Trump, der wieder einmal zur Hauptfigur des Gipfels wurde, lud zudem an zweiten Gipfeltag überraschend den nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un zu einem historischen Treffen an der innerkoreanischen Grenze ein, das dann am Sonntag tatsächlich stattfand.

Vor seinem Abflug aus Osaka nannte Trump den G20-Gipfel «fantastisch», obwohl die Abschlusserklärung wegen ihm fast nicht zustande gekommen wäre. Die Unterhändler der Staats- und Regierungschefs hatten härter und länger miteinander gerungen als bei den vorherigen Gipfeln. Streit gab es vor allem, weil die USA zunächst forderten, das Thema Klimaschutz in der Abschlusserklärung gar nicht zu erwähnen. Die EU bestand jedoch darauf.

Zudem drohten weitere Länder wie Brasilien, die Türkei, Australien und Saudi-Arabien, sich von dem Bekenntnis zu weitreichenden Klimaschutzzielen zu verabschieden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wertete es am Ende schon als Erfolg, dass das abgewendet wurde: «Es ist gelungen, nach nächtlichen und täglichen Verhandlungen jetzt doch wieder eine 19-zu-1-Erklärung zu haben», sagte sie.

Es war das dritte Mal in Folge, dass die G20 beim Klimaschutz einen Dissens in einer Abschlusserklärung festschreiben. Jedes Mal standen Trump und die USA gegen die 19 anderen.

Beim letzten Gipfel in Argentinien hatte man sich - mit Ausnahme Trumps - zur «uneingeschränkten Umsetzung» des Pariser Klimaabkommens zur Begrenzung der Erderwärmung bekannt und festgehalten, dass der Vertrag «unumkehrbar» sei. Der US-Präsident ist der Ansicht, dass die Vereinbarung die Vereinigten Staaten «zum ausschließlichen Vorteil anderer Länder» benachteilige. Das Pariser Klima-Abkommen sieht vor, den Anstieg der globalen Temperatur bei weniger als zwei Grad und möglichst sogar bei nur 1,5 Grad zu stoppen und dazu konkrete Maßnahmen zu ergreifen. Vergleichsmaßstab ist die Zeit vor der Industrialisierung.

Für die Europäer und Südamerikaner in der G20 wurden die bescheidenden Gipfelergebnisse durch eine Vereinbarung kompensiert, die zeitgleich mit dem Spitzentreffen vereinbart wurde: Die EU und der südamerikanische Staatenbund Mercosur wollen gemeinsam die größte Freihandelszone der Welt aufbauen. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sprach von einem «historischen Moment» und großartigen Nachrichten für Unternehmen, Arbeitnehmer und die Wirtschaft auf beiden Seiten des Atlantiks.

Zum Mercosur gehören Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay. Auch Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro nannte das Abkommen historisch. «Dies wird eines der wichtigsten Handelsabkommen aller Zeiten sein und unserer Wirtschaft enorme Vorteile bringen. Großartiger Tag», twitterte er.

Die deutsche Wirtschaft setzt große Hoffnungen in das Abkommen. «Das ist für die deutschen Unternehmen eine überaus positive Nachricht in einem ansonsten eher trüben weltwirtschaftlichen Umfeld», erklärte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Eric Schweitzer.

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