G20 berät über Corona-Krise

Auf die USA und China kommt es an

RIAD/BERLIN: Die G20 der führenden Wirtschaftsmächte ist zur globalen Krisenbewältigung gegründet worden. In der Finanzkrise 2008 nahm sie eine wichtige Rolle ein. Ob das auch bei der Corona-Pandemie gelingen kann, hängt vor allem von zwei Ländern ab.

Die Staats- und Regierungschefs der führenden Wirtschaftsmächte kommen am Donnerstag zu einem Video-Sondergipfel zur Corona-Krise zusammen. Bei dem virtuellen Treffen der G20 unter Leitung des saudischen Königs Salman soll es um gemeinsame Schritte zur Eindämmung der Pandemie und zur Abfederung der wirtschaftlichen Auswirkungen gehen.

Saudi-Arabien hat in diesem Jahr den Vorsitz in der «Gruppe der 20», die zwei Drittel der Weltbevölkerung, 85 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung und 75 Prozent des Welthandels repräsentiert. Ihr gehören unter anderen die USA, China und Russland an. Für Deutschland nimmt Bundeskanzlerin Angela Merkel an der Videoschalte teil.

Für den Sondergipfel hatten sich unter anderen Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Chinas Präsident Xi Jinping stark gemacht. Ziel müsse es sein, unter Einbeziehung der Weltgesundheitsorganisation an der Behandlung von Covid-19 und einem Impfstoff zu arbeiten, hieß es diese Woche nach einem Gespräch der beiden aus Paris. Außerdem brauche es einen Plan, um die Weltwirtschaft mit fiskalischen und monetären Maßnahmen zu stabilisieren.

UN-Generalsekretär António Guterres fordert von den G20-Ländern Zugeständnisse an die Entwicklungsländer und einen gewaltigen internationalen Konjunkturplan. Ein «Plan wie zu Kriegszeiten» müsse den Volkswirtschaften «massive Ressourcen zuführen und einen zweistelligen Prozentsatz des Bruttoweltprodukts erreichen».

Die Erwartungen an die G20 sind also hoch. Das liegt auch daran, dass die Gruppe in Krisenzeiten entstanden ist und bei der Bewältigung globaler Finanz- und Wirtschaftsprobleme beachtliche Erfolge erzielt hat. Gegründet wurde díe Gruppe 1999 mitten in der Finanzkrise in Asien - zunächst aber nur auf Ebene der Finanzminister.

Nach Ausbruch der globalen Finanzkrise 2008 kamen erstmals auch die Staats- und Regierungschefs der Gruppe zusammen und koordinierten erfolgreich ein gemeinsames Vorgehen. Ob ihnen das auch bei der Corona-Pandemie gelingt, ist allerdings fraglich. «Der eklatanteste Unterschied ist die Besetzung des US-Präsidenten und die Rolle, die China inzwischen spielt. Und der bilaterale Machtkampf zwischen den beiden», sagt Daniela Schwarzer, Direktorin der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik.

Die beiden Großmächte hatten sich einen monatelangen erbitterten Handelskrieg mit gegenseitigen Strafzöllen geleistet, bevor sie sich im Januar mit einem ersten Abkommen auf eine Art Waffenstillstand verständigten. In der Corona-Krise attackieren die USA China nun wieder scharf. US-Außenminister Mike Pompeo warf Peking erst am Mittwoch vor, Informationen zu dem Virus zurückgehalten und bewusst Falschinformationen zu den Ursprüngen der Pandemie verbreitet zu haben. «Die Kommunistische Partei Chinas stellt eine erhebliche Bedrohung für unsere Gesundheit und Lebensweise dar, wie der Ausbruch des Wuhan-Virus deutlich gezeigt hat», sagte er. Keine gute Vorzeichen also für die Video-Beratungen.

Erschwerend kommt hinzu, dass die G20-Präsidentschaft dieses Jahr bei Saudi-Arabien liegt. Das autoritär geführte Königreich steht nach der Ermordung des regierungskritischen Journalisten Jamal Khashoggi und wegen des Kriegs im Jemen international in der Kritik. Die saudische Militärintervention, die vor genau fünf Jahren begann, hat den Bürgerkrieg im Jemen dramatisch verschlimmert.

Nun soll das Königshaus in Riad also das Krisenmanagement der G20 in der Corona-Krise moderieren. Die nur für 90 Minuten angesetzte Videoschalte am Mittwoch soll der 84-jährige saudische König Salman leiten, obwohl faktischer Herrscher des Wüstenstaats seit mehreren Jahren Kronprinz Mohammed bin Salman ist. Letzterer hatte der Nachrichtenagentur SPA zufolge vergangene Woche bereits mit Bundeskanzlerin Angela Merkel telefoniert, um das virtuelle G20-Treffen vorzubereiten.

Der nächste reguläre G20-Gipfel soll nach jetziger Planung am 21. und 22. November 2020 in der saudischen Hauptstadt Riad stattfinden. Es wäre das erste solche Gipfeltreffen in der arabischen Welt - wenn die Corona-Krise nicht noch einen Strich durch die Rechnung macht.


Acht Länder fordern Ende von Sanktionen wegen Corona-Krise

MOSKAU: Kurz vor einem Video-Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs der führenden Wirtschaftsmächte (G20) zur Corona-Krise wird die Forderung nach Aufhebung von Sanktionen lauter. Russland, China, Syrien, Iran, Nordkorea, Venezuela, Nicaragua und Kuba dringen in einem Brief an UN-Generalsekretär António Guterres darauf, wie die russische Nachrichtenagentur Interfax am Donnerstag meldete. Diese Strafmaßnahmen untergrüben den Kampf gegen das Coronavirus, heißt es darin. Vor allem die Beschaffung von medizinischer Ausrüstung und Medikamenten sei deshalb schwierig.

Guterres solle sich dafür einsetzen, dass Sanktionen sofort und vollständig aufgehoben werden, schrieben die Länder demnach in dem gemeinsamen Brief. Der UN-Generalsekretär hatte zuvor angesichts der Pandemie einen weltweiten Stopp aller Kampfhandlungen gefordert. Strafmaßnahmen haben zum Beispiel die USA und Europa verhängt.

In Deutschland rief Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann die USA dazu aus, angesichts der schweren Lage im Iran die Sanktionen gegen das Land zu lockern. Das sollte zumindest vorübergehend gelten, damit Teheran wirtschaftlich in der Lage sei, «mehr zu aktivieren, um die Krisensituation zu meistern», sagte der SPD-Politiker in der RTL-Sendung «Frühstart».

Bei dem virtuellen Treffen der G20 an diesem Donnerstag unter Leitung des saudischen Königs Salman sollte es um gemeinsame Schritte zur Eindämmung der Pandemie und zur Abfederung der wirtschaftlichen Auswirkungen gehen.

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