«Für uns alle»: Hamburger Kunsthalle feiert 150-jähriges Jubiläum

Der Schriftzug des Hauses hängt an der Kunsthalle. Die Ausstellung «150 Jahre Hamburger Kunsthalle» zeigt unbekannte Einblicke und bislang unerzählte Geschichten des Hauses und der Sammlung. Foto: Axel Heimken/Dpa
Der Schriftzug des Hauses hängt an der Kunsthalle. Die Ausstellung «150 Jahre Hamburger Kunsthalle» zeigt unbekannte Einblicke und bislang unerzählte Geschichten des Hauses und der Sammlung. Foto: Axel Heimken/Dpa

HAMBURG (dpa) - Acht Jahrhunderte Kunst in drei Gebäuden: Das bietet die Hamburger Kunsthalle. Vom Mittelalter über die Romantik bis zur zeitgenössischen Kunst ist für jeden Geschmack etwas dabei.

Es begann mit vier Gemälden, die engagierte Bürger 1846 der Stadt schenkten: «Cromwell am Sarge Karls I.» von Paul Delaroche, «Freiheit oder Tod» von Jean-Baptiste Regnault sowie «Landleute bei der Mittagsruhe» und «Ausruhende Älpler» von Hermann Kauffmann d. Ä. Die Gemälde bildeten den Grundstock für die Sammlung und werden bis heute als «Stammbilder der Galerie» bezeichnet. 150 Jahre später gehört die Hamburger Kunsthalle zu den bedeutendsten und größten Kunstmuseen Deutschlands und ist eines der wenigen Häuser, in denen Kunst vom Mittelalter bis in die Gegenwart gezeigt wird.

«Das Gründungsmanifest der Museen im 19. Jahrhundert war Prachtliebe und Repräsentationslust, heute ist das Museum der Ort, an dem die Gesellschaft abgebildet wird», sagte der neue Direktor Alexander Klar am Donnerstag in Hamburg. Bis zum 10. November gibt die Jubiläumsausstellung «Beständig. Kontrovers. Neu» anhand von Gemälden, Zeichnungen, Graphiken sowie Archivmaterial, Fotografien und Filmen Einblicke in die wechselvolle Geschichte des Hauses.

Im Gegensatz zu anderen Museen ist die Hamburger Kunsthalle seit ihrer Gründung getragen vom Engagement der Bürger: 1869 finanzierten sie den prächtigen Bau im Stil der italienischen Renaissance und stifteten ihre privaten Kunstschätze als Grundstock für die Sammlung. Erster Direktor war Alfred Lichtwark (1852-1914), der systematisch eine Sammlung aufbaute - vom Mittelalter bis zur Kunst des 19. Jahrhunderts mit Werken von Max Liebermann, Lovis Corinth, Edouard Vuillard und Pierre Bonnard, die auf seine Anregung hin Ansichten der Stadt Hamburg malten. Die Werke von Philipp Otto Runge («Der große Morgen», «Die Hülsenbeckschen Kinder») und Caspar David Friedrich («Wanderer über dem Nebelmeer» und «Das Eismeer») gehören bis heute zu den Höhepunkten der Sammlung.

Lichtwarks Nachfolger Gustav Pauli erweiterte die Sammlung um Künstler des Expressionismus wie Oskar Kokoschka und Franz Marc. 1933 wurde Pauli wegen seines Engagement für die Moderne von den Nationalsozialisten entlassen. Wie viele andere Museumssammlungen verlor die Kunsthalle Werke durch die Beschlagnahme «entarteter Kunst», wie es diffamierend hieß; insgesamt waren es 70 Gemälde, 130 Zeichnungen und etwa 630 Druckgraphiken, darunter Kokoschkas «Die Windsbraut» und Marcs «Der Mandrill».

Unter Uwe M. Schneede, der das Haus von 1990 bis 2006 leitete, bekam die Kunsthalle - nach dem Erweiterungsbau von 1919 - ihr drittes Gebäude 1997: die Galerie der Gegenwart - ein dreistöckiger Kubus des Kölner Architekten Oswald Mathias Ungers. Hier findet die Kunst ab 1960 ihr Zuhause - von Gerhard Richter über Georg Baselitz bis Bruce Nauman. Schneede hatte zudem Künstler eingeladen, neue Arbeiten zu entwickeln und die Räume zu bespielen - die Werke sind seitdem Bestandteil der Architektur wie Jenny Holzers «Ceiling Snake».

Auch das Thema Finanzen wird in der Schau nicht ausgespart: Seit 1999 eine unabhängige Stiftung, beklagt die Kunsthalle seit Jahren eine «strukturelle Unterfinanzierung», der Etat ist im bundesweiten Vergleich mit anderen Häusern relativ gering. Höhepunkt der Auseinandersetzung ums Geld war 2010 ein Streit zwischen Direktor Hubertus Gaßner (Amtszeit 2006-2016) und der damaligen Kultursenatorin Karin von Welck (parteilos). Dabei drohte Gaßner, die Galerie der Gegenwart für ein halbes Jahr zu schließen - was jedoch genauso verhindert werden konnte wie der Vorschlag, Gemälde der Kunsthalle zu verkaufen.

Durch eine großzügige Spende in Höhe von 15 Millionen Euro von Alexander Otto, Sohn des Versandhausgründers Werner Otto, konnte die Hamburger Kunsthalle von 2014 bis 2016 umfangreich modernisiert werden - seitdem befindet sich der Haupteingang wieder am Gründungsbau gegenüber der Galerie der Gegenwart. Zum Amtsantritt von Alexander Klar, Nachfolger von Christoph Martin Vogtherr, der nach nur 16 Monaten Amtszeit die Kunsthalle überraschend wieder in Richtung Berlin verlassen hatte, wurde das Defizit auf Null gesetzt.

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