Cecilia Bartoli auf Entdeckungstour

​«Freund Vivaldi» 

Foto: epa/Janerik Henriksson
Foto: epa/Janerik Henriksson

BERLIN (dpa) - Cecilia Bartoli zählt zu den erfolgreichsten Klassikstars der Welt. Jetzt lässt die Sängerin einen ihrer größten Erfolge wieder aufleben.

«Völlig verrückt», sagt Cecilia Bartoli. Es war ein Hit, wie er in der klassischen Musik selten vorkommt: 1999 veröffentlichte die Italienerin ein Album mit Opernarien von Antonio Vivaldi (1678-1741). Die inzwischen legendäre CD verkaufte sich millionenfach und wurde der größte Erfolg der Mezzosopranistin bis dahin. «Seitdem ist Vivaldi ein guter Freund geworden, der noch dazu die Gabe hat, mich immer wieder zu überraschen.» Zwanzig Jahre später legt Bartoli (52) mit einer neuen CD mit Vivaldi-Arien nach und geht mit dem Programm auf Tour.

Agrippo, Orlando, Ottone und Silvia - mehr als 50 Opern hat Venedigs «roter Priester» komponiert, barocke Ausschweifungen über Königinnen und Könige, Götter und Ritter, Tugend und Laster. Bartoli durchforstete mit dem Musikwissenschaftler Claudio Osele die Archive und wurde fündig. «Ein «kleiner Schock» seien die Entdeckungen gewesen. Ja, klar, die «Vier Jahreszeiten» und Vivaldis Kirchenmusik kannte sie. Aber den Opernkomponisten?

Mit ihrem perlenden Gesang vollführte sie atemberaubende Kapriolen. Brillant klangen die Arien, komponiert «wie für Geigen». Bartolis neue Vivaldi-Einspielung erinnert dagegen an die dunkle Klangfärbung eines Cellos. «Ich wollte zeigen, dass Vivaldis Musik neben dieser Virtuosität auch melancholische, emotional tiefe Momente hat», sagt sie.

Die Erfahrungen, die sie im Laufe ihrer Karriere sammelte, vor allem mit dem Belcanto von Rossini und Bellini, haben sie auf ihre alten Spuren zurückgeführt. Es sei zwar seltsam, aber die «pure Vokalmusik» sei so viel schwerer zu singen als die virtuosen Stücke. «Man braucht eben viel Übung und Erfahrung, um eine lange Note zu halten, ohne Angst zu haben, plötzlich abzustürzen.»

Mit solcher Intensität hat Bartoli alle ihre anderen Projekte vollbracht. «Bartoli ist ein einmaliges Phänomen», sagt der Dirigent Daniel Barenboim. Kaum eine andere Sängerin dürfte ihre Bandbreite haben. In ihren Produktionen erinnerte sie an das Schicksal der Kastraten, an die legendären Sängerinnen Maria Malibrán (1808-1836) und Giuditta Pasta (1797-1865). Sie holte die Komponisten am Zarenhof aus der Versenkung und schwebte im weißen Pelz auf die Bühne. Mit dem Gespür für eine gute Show hauchte Bartoli der Alten Musik neues Leben ein.

Und sie kümmert sich heute auch um den Nachwuchs. Mit dem Label «Mentored by Bartoli» unterstützt Bartoli neue Talente. Dem jungen mexikanischen Tenor Javier Camarena verhilft sie gerade zum internationalen Durchbruch. Gecoacht werden die Aufsteiger von Bartolis Mutter und Gesangslehrerin Silvana Bazzoni. Mit den bei der Oper von Monte-Carlo angesiedelten «Musiciens Du Prince» hat sie Musiker aus ganz Europa in einem Ensemble versammelt.

Dass die Barockmusik auch für Intrigen gut ist, zeigte Bartoli schon in ihrer CD über die von den Päpsten verbotene Musik. Für die Pfingstfestspiele in Salzburg, die sie seit 2012 leitet, lässt sie 2019 mit zwei Opernaufführungen eine legendäre Musikerfehde wiederaufleben. Als 1733 der Neapolitaner Nicola Antonio Porpora (1686-1768) nach London kam, legte er sich mit dem etablierten Komponisten und Impresario Georg Friedrich Händel (1685-1759) an. Beide lieferten sich eine erbitterte Konkurrenz um Mäzene und Anerkennung. Am Ende gaben beide den Streit verarmt auf.

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