Freitagmorgens auf dem Ban Ho-Markt

Ein faszinierender Marktbesuch: Frühstück mit einer Prise südostasiatischer Geschichte in Chiang Mai

Ein zentraler Stand auf diesem Markt. Halal-Fleisch vom Lamm und von der Ziege bekommt man nach Wunsch zerlegt. Auch frische Ziegenmilch ist erhältlich. Fotos: Moos
Ein zentraler Stand auf diesem Markt. Halal-Fleisch vom Lamm und von der Ziege bekommt man nach Wunsch zerlegt. Auch frische Ziegenmilch ist erhältlich. Fotos: Moos

CHIANG MAI: Vielleicht sind die vielen unterschiedlichen Namen daran schuld, dass es häufig nur ein Achselzucken gibt, wenn man nach diesem Markt fragt. Es kommt ganz darauf an, wen man wie, wonach fragt. Er ist bekannt als Freitagsmorgenmarkt, als Chinesischer Muslim-Markt, Yunnan-Markt, Kad Ban Ho, Kad Haw, Chin Haw-Markt, als Chinesischer Markt oder Muslim-Markt. Bitteschön! Dazu kommt natürlich das sprachliche Durcheinander von Englisch und diversen Dialekten der Ethnien aus den Regionen Nordthailands, Laos, Myanmars und Yunnan. Akzentfreies Thai ist hier eher selten zu hören.

Dieser außergewöhnliche Markt liegt in der Night Bazar-Gegend, im Chan Klan-Viertel. Mitten im quirligen islamischen Händlerviertel, wird er von vielen trotzdem nicht entdeckt. Die Marktstände sind umgeben von den mehrgeschossigen Handelshäusern der Chiang Klang Road und den beiden Gassen Charoen Prathet Soi 1 und Soi 6, in direkter Nähe der Ban Ho Moschee (มัสยิดเฮดายาตูลอิสลามบ้านฮ่อ - Masjid Hidayatul Islam Banhaw).

Mit- und Nebeneinander

In dieser Lagebeschreibung liegt bereits ein Teil des Programms. Die Faszination dieses Marktes ist eng mit der besonderen Multikulti-Atmosphäre der Stadt Chiang Mai verknüpft. Es gibt wohl nur wenige Orte auf der Welt, wo innerhalb weniger Quadratkilometer Thai-Tempel, chinesische Tempel, christliche Gotteshäuser sowie die Moscheen zweier unterschiedlicher islamischer Ausrichtungen so selbstverständlich, friedlich nebeneinander exis­tieren! Auf dem Yunnan-Markt scheint es ebenfalls ganz normal, dass Chinesen ihr berühmtes, an der Sonne getrocknetes, salziges Moo Nam Khang neben einem Halal-Stand mit Ziegen- und Lammfleisch verkaufen, ohne dass es zu Reibereien kommt.

Wie überall in Chiang Mai braucht man sich auch hier um seine Kaffee-Quellen nicht zu sorgen.
Wie überall in Chiang Mai braucht man sich auch hier um seine Kaffee-Quellen nicht zu sorgen.

Handelsreisende

Bevor es einen näheren kulinarischen Einblick gibt, sei ein kleiner Ausflug in die Geschichte erlaubt, denn mit ein wenig Hintergrundwissen, macht der Rundgang über diesen Markt gleich noch mehr Freude! Versprochen. Im Laufe der Siam-Zeit haben sich in Chiang Mai viele verschiedene Ethnien angesiedelt. Teils aus dem nahegelegenen Burma, Laos und China (Yunnan), aber auch aus Malaysia, Indien und Pakistan. Den größten Anteil der recht großen muslimischen Gemeinde in Chiang Mai bilden die chinesischen Muslime. Die meisten davon gehören der Gruppe der Chin Ho (Chin Haw) an. Das Ho steht für die Hui, eine islamische Ethnie aus der südwestlichen, chinesischen Provinz Yunnan. Die heute hier Ansässigen sind Nachkommen von Händlerfamilien, die vor mehr als zwei Jahrhunderten weite Reisen aus dem Yunnan auf sich genommen haben, um ihre Waren, hauptsächlich Baumwolle, Tabak und Opium, in Burma, Laos sowie im Norden Siams zu verkaufen. Spätestens jetzt könnten kontrastarme, schwarz-weiße Bilder alter Filme über die Seidenstraße und das Goldene Dreieck im inneren Kino ablaufen.

Umringt von Geschichte

Die Hui haben hier in diesem Viertel einen ihrer Lebensmittelpunkte in Chiang Mai und folgerichtig gehören die blauen Dächer der eindrucksvollen Ban Haw-Moschee zur Gemeinde der yunnanesischen Muslime. Man sieht die Moschee fast überall vom Markt aus. Sie wurde 1916 gebaut und soll sogar die größte Moschee in der Provinz Chiang Mai sein. Ein weiterer faszinierender Bau mit Geschichte ist das alte Holzhaus auf Stelzen, das Wongluekiat-Haus in der Charoen Prathet Soi 1 am Markt. 1909 wurde es von dem muslimischen Händler Zheng Chong Ling gebaut. Heute ist es verlassen, aber zum Glück noch nicht verfallen. Eine faszinierende Geschichte und wer interessiert ist, sollte sich unbedingt in entsprechenden Büchern oder auf Webseiten einmal tiefer reinlesen.

Die Moschee Masjid Hidayatul Islam Banhaw ist  gewissermaßen das Wahrzeichen des Ban Ho-Marktes.
Die Moschee Masjid Hidayatul Islam Banhaw ist gewissermaßen das Wahrzeichen des Ban Ho-Marktes.

Früher Vogel, viel Frühstück!

Der Markt öffnet bereits zwischen fünf und sechs Uhr in der Früh seine kulinarischen Pforten. Jeden Freitag. Tatsächlich ist es ratsam zumindest vor neun Uhr, aber nicht mehr nach zehn Uhr, den Markt zu besuchen. Zumindest dann, wenn man es auf die besonderen, fertig zubereiteten Leckereien abgesehen hat. Obst und Gemüse gibt es an den Ständen noch bis elf, zwölf Uhr zu kaufen. Der Markt ist immer gut besucht, wirkt zum Glück aber nie überlaufen. Ein Hoch auf seinen unauffälligen Standort! Fast nur Anwohner und eine treue Fangemeinde scheinen sich dort einzufinden. Darunter auch eine japanische Gruppe, die sich wohl jeden Freitag zum lebhaften Austausch in der Kaffee-Ecke trifft. Neben dem Kaffeewagen hat sich passend dazu ein Stand mit sagenhaft leckeren, gefüllten, japanischen Pfannkuchen niedergelassen. Das ist schon mal ein guter Start, aber wirklich nur ein Anfang, denn die wahren Klassiker warten noch auf die umherstreifenden Foodies.

Kulinarische Überraschungen

Was es alles zu entdecken gibt! Neben den chinesischen Muslimen tummeln sich hier auch Pakistanis und Bengalen, die mit ihrer Viehzüchter-Tradition eher das Ziegen-, Lamm- und Rinder- bzw. Halal-Sortiment präsentieren. Es gibt köstliche Samosas zum Wegnaschen für zwischendurch! Die allgegenwärtigen japanischen Gyozas bekommen hier, mit Lamm oder Rindfüllung und aus handgemachtem Teig, noch einmal eine ganz andere Dimension.

Daneben die Stände der Shans (Tai Yai), eine der größten ethnischen Minderheiten aus Burma. Sie vertreiben Schweinewürste sowie Kleidung und Kosmetik aus Burma. Apropos Myanmar, hier gibt es auch die traditionelle burmesische Fischnudelsuppe Mohinga. Frauen im Hijap braten Pfannkuchen, die blättrig, knusprig, pikant mit aromatischen Kräutern ein fabelhaftes Frühstück abgeben.

Allein diese beiden unscheinbar wirkenden Snacks haben es in sich und lohnen den frühen Besuch.
Allein diese beiden unscheinbar wirkenden Snacks haben es in sich und lohnen den frühen Besuch.

Auch aromatisch, aber in die süße Richtung geht es mit den Khao Puk Ngaa, den gegrillten Reis-Roti mit schwarzer Sesamsoße, eine vollmundige Leckerei, die das Herz erwärmt! Seltene Gerichte wie Khao ram fuen tod (frittierte Tofuwürfel mit einer sauer-scharfen Soße, mit einem crunchigen Nuss-Saaten-Mix getoppt) aus Yunnan sind hier ebenso zu finden wie Schweinekinnsalat und Moo Nam Daeng mit Thua mak (gepökeltes Schweinefleisch mit fermentierten Bohnen). Das ist nur ein kleiner Auszug aus dem großen Angebot asiatischer Leckerbissen. Es heißt für den Marktbesucher auf jeden Fall die hungrigen Augen aufzuhalten, denn es ist nicht immer leicht in diesem Foodie-Paradies das Gewünschte oder gar Unbekannte zu finden. Ein Marktbesuch wird allein schon wegen der begrenzten Magenkapazität gar nicht reichen. Am besten man orientiert sich beim ersten Besuch an die anderen Marktbesucher, schaut hier und dort mal bei einem Verkauf über die Schulter und linst in fremde Tüten und Schälchen.

 ...und sonst noch

Bekannt ist der Markt auch für sein reichhaltiges Obst- und Gemüseangebot. Die Waren kommen teilweise aus dem kühlen Bergklima. Je nach Saison gibt es häufig überraschende Obstsorten wie Pfirsiche, Bergpfirsiche und Nektarinen zu kaufen oder aromatische kleine Äpfel. Wer hat schon mal Garcinia gegessen? Eine aromatische, gelbe, Mangostane ähnliche Superfood-Frucht.

Die Auswahl an chinesischem Blattgemüse ist riesig! Viele Knollen und Wurzeln, jenseits von Kartoffeln und Taro, warten auf ihren Verkauf. Nicht wundern, nur freuen, wenn zwischen exotischem Blattzeug plötzlich eins-a rosa Blumenkohl und Kohlrabi liegen. Auf diesem Markt ist eben alles möglich! Auch Fleischliebhaber finden hier das Besondere, wie schwarze Hühner, Enten, Fleisch von Ziegen, vom Lamm und Rind; alles frisch, vieles getrocknet oder gepökelt nach chinesischer Art, zum Beispiel Würste und Schweinebauch. Ein paar Meter weiter gibt es frische Sojamilch, Tofu und Sojanudeln. Es lohnt sich, hier auch mal die gepickelten Früchte sowie einige von den Chilipas­ten auszuprobieren.

Drumherum

...und es ist ja nicht so, dass dieses Viertel nur Freitagsvormittags oder jeden Abend mit seinem Night Bazar interessant wäre! In unmittelbarer Umgebung befinden sich einige bemerkenswerte kleine Khao Soi-Restaurants, die ihre le­ckeren Kokossüppchen auch gern mal mit Rindfleisch veredeln. Ja, Thai Food ist wunderbar! Doch Abwechslung ist hin und wieder sehr willkommen. Dann dürfen gerne mal Kebab-Gerichte, Lammspieße mit Joghurt-Mintsoße, Humus und Baba Ganoush den Gaumen kitzeln, dazu ein erfrischendes Glas Ayran! Das ist in einigen Restaurants in diesem Viertel problemlos und authentisch möglich. Danach kann der vergnügliche Teil des Abends losgehen!

Ein Zugang zum Ban Ho-Markt führt über die „Halal Street“. Genau hier in dieser Straße öffnet freitags, spätnachmittags ein kleiner Markt, der bis 22 Uhr geöffnet ist. Wieder einmal dreht sich alles um thailändische, burmesische und muslimische Snacks und Gerichte. Diese Ecke von Chiang Mai macht einfach Spaß! Wer stets auf der Suche nach neuen und alten kulinarischen Herausforderungen ist, wird hier spätestens Freitagsmorgens voll auf seine Kosten kommen.

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Siegfried Naumann 19.08.24 12:50
Vorab: Ein sehr guter Artikel, nur.....
wer bei Google Maps sucht, wird vergeblich "Chan Klan Viertel" noch "Chiang Klan Road" finden, so wie im 1. Absatz oben erwähnt. Die Straße heißt "Chang Klan Road" oder auch "Changklan Rd." und das Viertel dementsprechend. Ansonsten gibt es bei dem Bericht nichts auszusetzen.