Frankreichs Regierung reicht Rücktritt ein - Macron nimmt an

Der französische Präsident Emmanuel Macron. Foto: epa/Ludovic Marin
Der französische Präsident Emmanuel Macron. Foto: epa/Ludovic Marin

PARIS: Nach drei Jahren an der Macht treten Premier Édouard Philippe und seine Mitte-Regierung zurück. Staatschef Macron hat nun freie Hand für einen Politikwechsel - und vielleicht auch für einen neuen Regierungschef.

Die französische Regierung unter Premierminister Édouard Philippe (49) ist komplett zurückgetreten. Das teilte der Präsidentenpalast am Freitag in Paris mit. Philippe habe bei Präsident Emmanuel Macron den Rücktritt eingereicht, dieser habe ihn angenommen. Ein neuer Premier soll nun bereits in den kommenden Stunden ernannt werden.

Der Schritt wurde erwartet, da Präsident Macron nach dem Debakel seines Lagers bei den Kommunalwahlen seine Politik neu ausrichten will. Dafür soll die Regierung umgestaltet werden. «Ökologischer Wiederaufbau» ist dabei eines der Schlagworte von Macron.

Philippe führt die Mitte-Regierung seit Mai 2017. Der ursprünglich aus dem Lager der bürgerlichen Rechten stammende Politiker hatte Ende Juni die Kommunalwahl in der nordfranzösischen Hafenstadt Le Havre für sich entschieden.

Unklar ist nun, wer eine neue Regierung unter Macron führen wird. Der Präsident könnte theoretisch auch wieder Philippe ernennen - es kursieren aber diverse Namen in Paris. Macron hatte in Interviews mit Regionalzeitungen angekündigt, die Regierungsmannschaft austauschen zu wollen - aber auch sein gutes Verhältnis zu Philippe betont.

Macron war nach der Endrunde der Kommunalwahlen Ende Juni erheblich unter Druck geraten, da sich sein Mitte-Lager bis auf wenige Ausnahmen nicht in großen Städten durchsetzen konnte. Stattdessen gab es eine «grüne Welle» - Grüne und ihre Verbündeten eroberten große Städte wie Lyon, Straßburg oder Bordeaux. In der südwestfranzösischen Stadt Perpignan setzte sich ein Kandidat der Rechtsaußenpartei Rassemblement National (RN - früher Front National) durch.

Über die politische Zukunft Philippes wird seit Monaten spekuliert. Während der schweren Corona-Krise hatte es Spannungen an der Spitze des Staates gegeben. So drückte Macron beim Lockern der strikten Ausgangsbeschränkungen aufs Tempo, während Philippe bremste.

In Beliebtheitsumfragen schneidet der hünenhafte Politiker wesentlich besser ab als Macron. Philippe hatte in der Corona-Krise, die Frankreich mit rund 30.000 Toten schwer traf, als ruhig wirkender Krisenmanager deutlich an Statur gewonnen.

Philippe hat seinen Aufstieg dem sozialliberalen Macron zu verdanken. Dieser machte den einstigen Vertrauten des konservativen Politikers Alain Juppé vor gut drei Jahren zum Regierungschef. Dies war auch ein deutliches politisches Zeichen: Macron wollte der gemäßigten Rechten signalisieren, dass er auf sie zugeht und sie einbinden will.

Wie Macron ist Philippe Absolvent der Elitehochschule ENA - diese ist Frankreichs Kaderschmiede für Topposten im öffentlichen Dienst. Das Abitur legte Philippe in Bonn ab, wo sein Vater die französische Auslandsschule leitete. In seiner Jugend engagierte sich Philippe zunächst bei den Sozialisten, bevor er sich dem bürgerlichen Lager zuwandte.

Schon 2010 wurde Philippe Bürgermeister in Le Havre. Zuvor hatte er auch als Anwalt gearbeitet; beim Atomkonzern Areva war er zudem in leitender Position tätig. Der dreifache Familienvater gilt als belesen und ist für seinen trockenen Humor bekannt.

Premierminister haben in Frankreich einen schwierigen Stand, da üblicherweise der Staatspräsident im Rampenlicht steht und die großen Linien vorgibt. So vertritt der Staatschef Frankreich bei EU-Gipfeln oder anderen internationalen Spitzentreffen. Der damalige konservative Präsident Nicolas Sarkozy, der von 2007 bis 2012 regierte, bezeichnete seinen Premier François Fillon einmal herablassend als seinen «Mitarbeiter».

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