Präsidentschaftswahlkampf geht auf Zielgerade

Kommissionspräsident Macron macht Wahlkampf in Nanterre. Foto: epa/Mohammed Badra
Kommissionspräsident Macron macht Wahlkampf in Nanterre. Foto: epa/Mohammed Badra

PARIS: Die Kaufkraft ist im französischen Präsidentschaftswahlkampf zum Topthema geworden. Staatschef Macron, der für eine zweite Amtszeit kandidiert, aber auch seine Mitbewerber von links und rechts versprechen der Bevölkerung Entlastung.

Eine Woche vor dem Start der Präsidentschaftswahl in Frankreich haben die Kandidatinnen und Kandidaten den Endspurt im Werben um die Wählergunst angetreten. Staatschef Emmanuel Macron stellte bei seinem einzigen großen Wahlkampfauftritt am Samstag mehr soziale Gerechtigkeit und Kaufkrafthilfen in der aktuellen Krise in Aussicht. «Unser Projekt für 2022, das ist Solidarität und sozialer Fortschritt», sagte Macron vor Zehntausenden Anhängern in Nanterre bei Paris. Die Kaufkraft ist zum alles überragenden Wahlkampfthema geworden, weitere wichtige Themen sind die Bildung, Gesundheitsversorgung und Migration.

«Franzosen, die arbeiten, sollen nicht ihr ganzes Gehalt in Tankfüllungen und Einkäufe stecken, das ist ungerecht», sagte Macron. Ab dem Sommer sollten Beschäftigte eine steuerfreie Kaufkraftprämie von bis zu 6000 Euro erhalten können, sagte der 44-jährige Mitte-Politiker, der für eine zweite Amtszeit kandidiert. Weitere Investitionen und Verbesserungen kündigte Macron für das Gesundheits- und Bildungswesen an. Um die angekündigte Stärkung des Sozialstaates sowie weitere Steuersenkungen zu finanzieren, schwor er die Franzosen auf eine Anhebung des Renteneintrittsalters von 62 auf 65 Jahre ein.

Dem erteilte die sozialistische Kandidatin Anne Hidalgo bei einem Auftritt am Sonntag in Paris eine Absage. Sie stellte angesichts der mit dem Ukraine-Krieg verbundenen Preissteigerungen für den Fall ihrer Wahl Erhöhungen der Gehälter, der Renten und des Mindestlohns in Aussicht. «Ich möchte, dass die Republik die Republik bleibt, aber ihr Versprechen von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit besser einlöst». Die 62-Jährige, die Bürgermeisterin von Paris ist, liegt in den Umfragen inzwischen bei nur noch zwei Prozent, für die lange Zeit starken Sozialisten ein Desaster.

In den Umfragen liegt Präsident Macron bislang klar vorne, seine Hauptherausforderin, die Rechte Marine Le Pen, hat zuletzt aber kräftig aufgeholt. Eine Umfrage für die Zeitung «Le Journal du Dimanche» sah Macron am Samstag bei 27 Prozent und Le Pen bei 22 Prozent. Le Pen hat ihre Kampagne mit Instinkt inzwischen auch auf das Kaufkraftthema fokussiert. «Hinter der Inflation der Preise stehen politische Entscheidungen», meinte sie am Sonntag. «Wenn ich Präsidentin werde, schaffe ich die Mehrwertsteuer für hundert wichtige Hygiene- und Ernährungsprodukte ab.»

Auch die konservative Kandidatin Valérie Pécresse sprach bei ihrem Auftritt am Sonntag in Paris über Kaufkraft. Um die steigenden Energiepreise zu reduzieren, schlug die Ex-Ministerin Benzinscheine vor, eine Reduzierung des Benzinpreises um 25 Cent pro Liter und für bestimmte Berufsbranchen eine Senkung der Mehrwertsteuer auf 5,5 Prozent. Viel Platz räumte sie dem im rechten Lager wichtigen Thema Migration ein. Man werde die Migranten auswählen und jene, die man nicht wolle, wieder in ihre Herkunftsländer zurückschicken.

Pécresse war zunächst als mögliche Hauptkonkurrentin von Macron gehandelt worden, verlor in den Umfragen aber schnell an Rückhalt bei dem Versuch, sowohl rechte Wählergruppen als auch jene in der Mitte anzusprechen. In jüngsten Umfragen wurden ihr nur noch 10 bis 13 Prozent der Wahlstimmen zugeschrieben.

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