Frankreich verhindert Beitrittsgespräche mit Nordmazedonien

Foto: epa/Julien Warnand
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LUXEMBURG (dpa) - Die EU hat Nordmazedonien und Albanien den Start von Beitrittsverhandlungen versprochen, doch Frankreich sieht die Voraussetzungen als noch nicht gegeben an. Deutschland und zahlreiche andere EU-Staaten sind brüskiert.

Nordmazedonien und Albanien müssen weiter auf den erhofften Beginn von EU-Beitrittsverhandlungen warten. Frankreich, die Niederlande und Dänemark blockierten am Dienstag bei einem Ministertreffen eine EU-Entscheidung zugunsten der beiden Balkanstaaten und begründeten dies mit Zweifeln an Reformfortschritten. Die Regierung in Paris verlangte zudem eine grundsätzliche Reform des Beitrittsprozesses als Voraussetzung für die Zustimmung. Im Gegensatz zu den Niederlanden und Dänemark wollte sie nicht einmal dem Start von Gesprächen mit Nordmazedonien zustimmen.

«Leider ist es heute nicht möglich gewesen, zu einer einstimmigen Entscheidung zu kommen», kommentierte die derzeitige finnische Ministerratsvorsitzende Tytti Tuppurainen nach mehrstündigen Beratungen in Luxemburg. EU-Ratspräsident Donald Tusk wolle das Thema nun auf die Tagesordnung des am Donnerstag beginnenden EU-Gipfels setzen.

Deutschland und viele andere EU-Staaten reagierten mit Unverständnis auf die Entwicklungen. Sie verwiesen darauf, dass Albanien und Nordmazedonien die von der EU verlangten Voraussetzungen nach Gutachten der EU-Kommission erfüllt haben. Der Start der Beitrittsgespräche war den beiden Ländern für diesen Fall zugesagt worden.

Die Bundesregierung sei «sehr enttäuscht» darüber, dass man offenkundig nicht das einhalten könne, was man mehrfach versprochen habe, sagte Europastaatsminister Michael Roth (SPD). Frankreichs Europastaatssekretärin Amélie de Montchalin entgegnete: «Wir denken, dass wir den Verhandlungsprozess grundlegend reformieren müssen.» Als einen Grund nannte sie, dass es aus Ländern wie Rumänien oder Bulgarien selbst nach dem Start der Beitrittsverhandlungen noch «Migrationsströme» gegeben habe.

Länder wie Deutschland fürchten hingegen, dass sich Albanien und Nordmazedonien wegen der erneuten Enttäuschung verstärkt Staaten wie Russland, China oder der Türkei zuwenden und Reformen für mehr Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Gefahr geraten. Wenn es der EU nicht gelinge, die Präsenz im westlichen Balkan zu erhöhen, drohe dort ein politisches Vakuum, das von anderen Mächten gefüllt werde, sagte Roth.

Als problematisch gilt dies vor allem, weil die Balkanstaaten inmitten der EU liegen und an Mitgliedsländer wie Griechenland, Bulgarien, Rumänien, Ungarn und Kroatien grenzen. Wenn es in Nordmazedonien und Albanien ein Sicherheitsproblem gibt, könnte dieses automatisch auch ein Sicherheitsproblem für die EU werden.

Der zuständige EU-Kommissar Johannes Hahn warnt zudem immer wieder, dass es auch für andere Beitrittskandidaten demotivierend sein könnte, wenn «objektiv erbrachter Fortschritte» nicht anerkannt werden würden. Demnach drohe für Serbien unter anderem die Motivation wegzufallen, den Konflikt Kosovo beizulegen. Serbien führt bereits seit 2014 Beitrittsverhandlungen mit der EU. Die Aussöhnung mit dem Kosovo gilt aber als zentrale Bedingung dafür, dass die Gespräche irgendwann einmal erfolgreich abgeschlossen werden können.

Bitter ist die nun ausgebliebene Entscheidung vor allem für Nordmazedonien, weil das rund 2,1 Millionen Einwohner zählende Land für die Perspektive auf Beitrittsverhandlungen jüngst sogar seinen Namen von Mazedonien in Nordmazedonien geändert hatte. Die griechische Regierung hatte dies gefordert, weil auch eine nordgriechische Provinz Mazedonien heißt und Gebietsansprüche befürchtet wurden.

Durchsetzen konnte Griechenland seine Forderung, weil alle Entscheidungen zu Beitrittsverhandlungen in der EU einstimmig getroffen werden müssen. Das Land hatte seine Zustimmung an die Umbenennung Mazedoniens geknüpft.

EU-Kommissar Hahn äußerte nach den Gesprächen in Luxemburg die Hoffnung, dass Frankreich, die Niederlande und Dänemark beim EU-Gipfel am Donnerstag doch noch nachgeben. Es gehe darum, Glaubwürdigkeit wieder herzustellen, sagte er. Sowohl Nordmazedonien als auch Albanien hätten ihre Hausaufgaben gemacht.

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